Ersehnt
dann ist ja wenigstens eine glücklich«, sagte ich emotionslos.
»Wenn du erst verheiratet bist, in deinem Büro mit Blick auf das achtzehnte Loch sitzt und das Schild mit dem Titel ›Vizepräsident‹ an deiner Tür hängt, wirst du auch glücklich sein. Im Moment schmollst du doch nur wie ein Kind, das seinen Willen nicht durchsetzen kann. Ich weiß, was du brauchst, um erfolgreich zu sein, und das ist Angelina Greystone.«
Ich konnte ihn nicht ansehen. Die Wut, die ein Loch in meinen Bauch brannte, würde mir auch aus den Augen blitzen. Ich hörte, wie sich mein Vater von mir entfernte und dann die Tür hinter sich schloss. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihm das je verzeihen konnte. Na, vielleicht verzieh ich es ja mir selbst auch nie. Welcher Mann ließ sich von einem anderen das Leben diktieren? Seine Zukunft?
I nzwischen hatte Angelina ihre Runde durch den Ballsaal fast beendet, bei der sie stolz den Ring herzeigte, den ich ihr vor über einer Stunde vor aller Augen an den Finger geschoben hatte. Sie sprühte vor Begeisterung, und der ganze Saal kaufte ihr das Theater ab. Man hätte denken können, wir wären bis über beide Ohren ineinander verliebt. Allerdings war ich kein so guter Schauspieler. Daher zog ich es vor, an der Bar zu stehen und Whisky zu kippen.
»Was für ein Hingucker!«, meinte Jace, der zu mir an die Bar gekommen war. »Wenn du schon heiraten musst, dann hast du dich zumindest für Schönheit und Geld entschieden. Das ist doch schon mal was! Du dagegen siehst aus, als würdest du am liebsten jedem an die Gurgel gehen, der dir zu nahe kommt.«
Angelina war auf eine kalte, klassische Art schön. Sie war elegant, gebildet und manipulativ.
»Ich kann – verdammt noch mal – nicht glücklich darüber sein, dass ich zur Marionette meines Vaters geworden bin«, erwiderte ich und merkte, dass ich leicht nuschelte. Hatte ich etwa schon zu viel Alkohol intus?
»Wo du recht hast, hast du recht«, stimmte Jace mir zu, nahm mein Whiskyglas und leerte es, bevor ich es konnte. »Vermutlich solltest du jetzt mal eine Alkoholpause einlegen.«
»Vermutlich, ja, andererseits müsste ich dann das Ganze hier nüchtern ertragen.«
Jace seufzte. »Ich wollte das ja eigentlich nicht ansprechen, aber was ist da gestern Abend mit Della gelaufen?«
Ich nahm mein leeres Glas und machte dem Barkeeper damit ein Zeichen. »Nichts«, log ich.
Jace grinste. »Bethy hat mir da was anderes erzählt. Angeblich hattest du kein Shirt mehr an, und dein Hosenstall stand offen.«
Mannomann! Musste Bethy so ins Detail gehen? »Ich habe Della vor vier Monaten kennengelernt. Wir haben eine Nacht zusammen verbracht – eine wirklich, wirklich phantastische Nacht. Und dann ist sie überraschend wieder in meinem Leben aufgetaucht, und ich habe den Verstand verloren. Das ist passiert!«
Jace stieß einen leisen Pfiff aus. »Scheiße!«
Er hatte ja keine Ahnung. Alles war scheiße: die Hochzeit; mein Vater; der Posten, den ich auch hätte erhalten müssen, ohne dass damit irgendwelche Auflagen verbunden waren. Mein ganzes Leben! Und dann gab es da Della. Die süße, sexy Della, mit der ich Spaß hatte, der ich aber nicht zu nahe kommen durfte. Sie war jetzt tabu für mich. »Ich glaube nicht, dass ich ihren Geschmack je vergessen werde.« Betrunken wie ich war, redete ich zu viel. Zum Glück stand außer Jace niemand in meiner Nähe.
»Und der Job bei deinem Dad ist das alles wert?«, fragte Jace. Ich wusste, dass er mich für einen Waschlappen hielt. Ich hatte in seinen Augen einfach nicht den Mumm, mich zu befreien.
»Ich bin nicht Tripp und kann nicht einfach alles hinter mir lassen. Im Unterschied zu ihm will ich das Leben hier. Und diesen Job. Er gehört mir, verdammt!«
Jace nickte und griff nach dem Whisky, der gerade vor mich hingestellt worden war und den ich auf ex trinken wollte. »Ich habe doch gesagt, Schluss mit dem Alk! Komm, gehen wir ein paar Minuten nach draußen. Vielleicht wirst du durch die kühle Nachtluft ja wieder so weit nüchtern, dass du dich ein bisschen unter die Gäste mischen und überzeugend rüberbringen kannst, dass du den Job, für den du dich so knechten lässt, auch tatsächlich willst.«
Ich folgte ihm. Es klang großartig, mal von hier wegzukommen. »Wo steckt Bethy eigentlich?«, fragte ich und sah mich nach seiner besseren Hälfte um.
»Die ist mit Della in der Küche. Sie wollte nicht mit auf diese Veranstaltung kommen und hat gefragt, ob es mir was ausmache, wenn sie
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