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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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noch immer menschenleer, die Haustür abgeschlossen. Er starrte sie ungläubig an. Vielleicht war es gar nicht Kate gewesen, die er gesehen hatte? Es mußte jemand anderer gewesen sein. Aber wer sonst konnte bei diesem Wetter und zu dieser Tageszeit draußen am Strand gewesen sein? Es waren weder Alison noch Diana gewesen. Die eine war zu klein, die andere zu kräftig gebaut. Obwohl die Gestalt, die er gesehen hatte, zu weit entfernt war, um sie zu erkennen, hatte er sehen können, daß sie groß und gertenschlank war, denn ihr eng um sie geschlungener Mantel hatte ihre Figur betont.
    Enttäuscht wandte er sich von der Tür ab. Er könnte genauso gut zur Redall-Farm gehen und dort eine Tasse Tee abstauben. Vielleicht war sie dort. Bill zog den Kragen fester über die Ohren und machte sich auf den Weg in den Wald.

XXXVI
    »Wo ist Allie?« Diana blickte sich in der Küche um, als ob sie die Abwesenheit ihrer Tochter erst jetzt bemerkt hätte. Vor zwei Stunden waren sie mit dem Mittagessen fertig geworden. Alison war zum ersten Gang erschienen, hatte ihr Essen aber kaum angerührt und sich mit einer Entschuldigung nach oben zum Schlafen zurückgezogen. »Lauf schnell hoch und schau nach, wie es ihr geht, Patrick. Bist du so lieb?« Sie und Kate hatten zusammen den Abwasch erledigt, und auf dem Herd kochte ein neuer Kessel Wasser. »Sie sollte etwas essen.«
    Patrick verschwand nach oben. Diana lächelte. »Ich weiß, es ist dumm von mir. Aber ich mache mir einfach Sorgen. Es geht ihr noch nicht besonders.«
    »Glauben Sie, Sie sollten sie zum Arzt bringen?« Kate reihte auf dem Tisch sechs Becher auf.
    Dianas Antwort wurde durch Patricks Schrei abgeschnitten. »Ma. Hier oben ist sie nicht.«
    Diana starrte hinüber zur Treppe. »Was meinst du damit, da oben ist sie nicht? Natürlich ist sie das.«
    »Ist sie nicht. Und im Klo ist sie auch nicht. Ich habe überall nachgesehen.« Patrick tauchte wieder auf.
    Roger hatte am Feuer gedöst. Er schob ein Bündel Katzen vom Schoß und stand auf. »Irgendwo muß sie ja sein. Das ist kein besonders großes Haus. Los, sucht sie.« Er konnte die Besorgnis in seiner Stimme nicht unterdrücken.
    »Sie ist weg.« Diana ließ den Ofenhandschuh fallen, den sie übergestreift hatte, um den Kessel anzuheben. »Sie ist wieder zu diesem verflixten Grab gegangen.«
    »Nein.« Kates Flüstern war nicht mehr zu hören, weil Roger seine Zeitung auf den Tisch warf.
    »Das glaube ich nicht. Sie wäre doch nicht so dumm. Mein Gott. In einer Stunde ist es dunkel.« Er ging zur Tür.
    »Schau, ob ihre Jacke noch da ist, Liebling.« Diana stand in der Mitte des Raums, steif vor Angst.
    »Sie ist weg.« Er suchte bei den Mänteln und Regenhäuten, die an den Haken auf der Innenseite der Haustür hingen. »Und ihre Stiefel auch.«
    Greg war mit seiner Tasse Kaffee ins Arbeitszimmer verschwunden, nachdem sie zu Ende gegessen hatten. Auf den Klang von Rogers lauter Stimme hin machte er die Tür auf und spähte heraus. »Was gibt‘s?«
    »Deine Schwester. Sie scheint weggegangen zu sein.«
    Gregs Augen suchten die von Kate. Seine Miene war plötzlich sehr grimmig.
    »Kate und ich gehen sie suchen«, sagte er. »Wir nehmen den Land Rover. Mach dir keine Sorgen, Ma. Es passiert ihr schon nichts. Sie ist ja nicht dumm. Da sie ihren Mantel und ihre Stiefel mitgenommen hat, ist sie warm genug angezogen, und es zeigt auch, daß sie vernünftig ist.«
    »Ich komme mit.« Sein Vater griff nach seinem Mantel, aber Greg legte eine Hand auf seinen Arm. »Nein, Dad, nicht nötig. Ehrlich. Kate und ich finden sie schon. Du bleibst hier bei Ma. Man weiß ja nie. Vielleicht geht sie nur im Garten spazieren, und wir machen uns ganz umsonst verrückt.« Er lächelte in die Stille hinein. Keiner von ihnen glaubte das; sie alle wußten, wohin sie gegangen war.
    Im Land Rover war es kalt. Nachdem Kate sich auf den Beifahrersitz gehievt hatte, steckte sie die Hände tief in die Taschen und wartete, bis Greg zur Fahrertür herumgegangen war und diese öffnete. Er stieg ein, griff nach dem Zündschlüssel und blickte sie an. »Wie lange, glaubst du, ist sie schon weg?«
    »Es könnten Stunden sein. Hätten wir es bemerkt, wenn sie das Haus verlassen hätte, als wir noch beim Essen saßen?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Sie mußte durchs Wohnzimmer, um zur Haustür zu kommen. Das Problem ist, wir haben uns so angeregt unterhalten, daß ich glaube, wir hätten sie nicht einmal bemerkt, wenn sie vor uns hochgesprungen wäre

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