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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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bis sie endlich einschlief.
    Diana blieb noch lange bei ihr sitzen, die Hand auf die magere Schulter ihrer Tochter gelegt. Schließlich stand sie auf. Sie schaltete das Deckenlicht aus, ließ aber die kleine Nachttischlampe brennen und schlich auf Zehenspitzen aus dem Zimmer. Die Tür ließ sie einen Spalt breit offen.
    Das Wohnzimmer war leer. »Roger? Paddy?« Sie ging schnell zum Arbeitszimmer. Auch das war leer. »Roger?« Sie geriet in Panik, und ihre Stimme wurde immer lauter. »Patrick? Wo seit ihr?« Sie ging zur Haustür und öffnete sie. Der Vorgarten und das Gras waren unter der wirbelnden Dunkelheit in ein einheitliches Weiß getaucht. Es gab keine Spur von ihrem Mann oder ihrem Sohn. Nachdem sie die Tür wieder zugemacht und verriegelt hatte, ging sie langsam zurück zum Feuer. Sie mußten beschlossen haben, doch zu zweit zur Hauptstraße zu fahren. Sie blickte sich im Zimmer um. Die beiden Katzen saßen auf dem Sofa, ein Paar ruhender Löwen, Schulter an Schulter, und starrten in die Glut. Ihr Anblick beruhigte sie, aber das erste Mal seit Jahren wünschte sie sich, daß sie einen Hund hätten. Wenn dort draußen im Wald wirklich jemand war, würde ein Hund sie wenigstens warnen. Ihr nachdenklicher Blick fiel auf das Gewehr, das Roger in die Ecke gelehnt hatte. Auf dem Stuhl daneben lag eine Schachtel mit Patronen.
    Unfähig, sich zu setzen und zu entspannen, ging sie in die Küche und begann, sauberzumachen, doch ihre ganze Konzentration galt dem Bereich außerhalb des Hauses. Sie horchte.
    »Wir hätten das Gewehr mitnehmen sollen, Dad.« Patrick hatte Angst. Er blieb so nahe wie möglich bei seinem Vater, als sie den Feldweg hochgingen. Zu ihren Füßen suchte der Strahl der Taschenlampe die Furchen nach Spuren von Fuß- oder Reifenabdrücken ab.
    »Es ist kein dichter Schnee. Hier unter den Bäumen ist er kaum liegengeblieben. Dennoch, wenn er diesen Weg genommen hätte, müßten wir doch was entdecken.« Roger war eher ungehalten als verängstigt. Er glaubte nicht daran, daß jetzt noch ein Mörder durch den Wald schlich. Wer immer Bill angegriffen hatte, er war längst nicht mehr hier. Er blieb stehen und warf einen wütenden Blick hinunter auf den fahlen Lichtkreis der Taschenlampe, der auf einem Fleck aus matschigen, im wässerigen Schlamm glänzenden Kiefernnadeln verweilte. Trotzdem durften sie kein unnötiges Risiko eingehen. Das Auto war nicht hier entlanggefahren. Davon war er überzeugt. Und sie hatten Diana im Farmhaus allein gelassen. Es war besser, wenn sie zurückgingen und noch einmal den Boden vor der Haustür absuchten, wo der Wagen gestanden hatte. Ein Fremder konnte immerhin durch den Garten davongefahren sein. Nein, er brach diesen Gedankengang ab. Es hatte keine Spur der Verwüstung durch die nackten Blumenbeete gegeben. Die andere Möglichkeit war, daß er über den Rasen und hinunter zum Sumpf gefahren war. Der Garten war auf dieser Seite des Hauses weniger geschützt. Vielleicht hatte der Schnee wirklich die Reifenspuren verborgen, oder sie hatten sie in ihrer anfänglichen Panik übersehen, als sie entdeckt hatten, daß der Wagen verschwunden war.
    Sie kehrten um. Dieses Mal schwenkte er das Licht der Lampe abwechselnd nach rechts und links, um die Dunkelheit zwischen den Bäumen abzusuchen. Patrick war so dicht neben ihm, daß er fühlen konnte, wie die Schulter des Jungen seine eigene streifte. Plötzlich wünschte er sich um ihrer beider Willen, daß Patrick klein genug wäre, um ihn bei der Hand zu nehmen.
    Vor der Haustür blieben sie stehen. Roger stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus. Die Schmerzen wurden wieder stärker. Er konnte nicht mehr weitergehen. Er folgte Patrick zur Tür und wartete, an die Wand gelehnt, während Patrick laut klopfte. Er war dankbar, daß die Dunkelheit sein Gesicht verbarg.
    Die Tür ging innerhalb von Sekunden auf, und Diana fiel ihnen in die Arme. Sie drückte sie an sich und schleppte sie zum Feuer. »Gott sei Dank! Seit ihr durchgekommen? Ist der Arzt unterwegs? Und die Polizei?«
    Sie sah von einem zum anderen und machte ein langes Gesicht.
    »Ihr habt‘s nicht geschafft, habe ich recht?« sagte sie mit leiser Stimme. Sie setzte sich unvermittelt.
    Roger setzte sich neben sie und nahm ihre Hand. Er schüttelte den Kopf. »Das Auto ist weg, Di. Gestohlen.« Er lehnte sich zurück und schloß die Augen.
    »Also war er hier. Direkt vor diesem Haus.« Ihr Blick ging zu den Vorhängen beim Fenster neben ihr. Sie schloß sie

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