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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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aus, dann können wir Verstärkung holen.«
    Kate brachte nur ein schwaches Lächeln fertig. »Es klingt ganz leicht, wie du das sagst.« Das flackernde Licht der Kerzen ließ ihr Gesicht ätherisch aussehen. Er bemerkte nicht zum erstenmal, daß sie von einer zarten, präraffaelitischen Schönheit war, die durch ihr unordentliches, verworrenes Haar noch betont und, so vermutete er ironisch, durch ihre unterwürfige Haltung, wie sie zu seinen Füßen kniete, noch gefördert wurde. »Das ist es auch. Bei Tageslicht sieht immer alles besser aus.«
    »Fordere die Vorsehung nicht heraus!« Sie stand auf. Stehend war sie genauso groß wie er. »Greg.« Sie legte ihm die Hand auf den Arm, ihre Stimme war kaum ein Flüstern. »Schau, beim Fenster. Auf dem Boden.«
    Er zog eine Augenbraue hoch, nahm dann die Kerze, hinkte hinüber und musterte den Teppich.
    »Sand. Er könnte von Allies Schuhen kommen.«
    »Kommt er aber nicht. Als ich vorhin hier oben war, war er noch nicht da.«
    »Was macht dich so sicher?«
    »Ich weiß es eben.« Sie zuckte mit den Schultern. »Solche Sachen fallen mir auf. Wie im Cottage.«
    »Worüber redet ihr da?« Diana drehte sich um, um den Teppich anzusehen.
    »Sie sagt, daß ein bißchen Sand zum Fenster reingeweht ist und daß es besser wäre, wenn wir alle nach unten gingen, um uns an den Kamin zu setzen«, sagte Greg bestimmt.
    »Behandle mich nicht wie ein kleines Kind«, schnauzte Diana ihn an. Sie stand auf. »Was hat der Sand zu bedeuten?« Sie blickte zu Kate.
    »Schon gut, ich sag‘s dir«, erwiderte Greg langsam. »Es bedeutet, daß ich nicht glaube, daß wir es mit einem Menschen zu tun haben. Ich glaube nicht, daß es irgend jemand dort draußen im Wald oder am Strand ist. Ich glaube, unser Feind ist ein Mann, der seit fast zweitausend Jahren tot ist; ein Mann, der sehr, sehr zornig ist, weil wir den Frieden eines Grabes im Sand gestört haben. Und ich glaube, daß wir alle in furchtbarer Gefahr sind.«

LVI
    »Ich muß verrückt sein, hierher zu kommen, völlig verrückt!« Anne Kennedy ging, den Schlüssel in der Hand, die Reihe der kleinen Autos entlang und spähte durch die dicken Schneeflocken, als sie versuchte, das Fahrzeug zu finden, das man ihr zugewiesen hatte. In der anderen Hand hielt sie die Griffe einer großen Reisetasche aus Segeltuch, eine Straßenkarte, die sie im Flughafen am Stand der Autovermietung gekauft hatte, sowie den Tragegurt ihrer Umhängetasche. In der Beuge ihres Ellbogens balancierte sie drei Bücher. In Edinburgh hatte es nicht geschneit. Schwesterliebe gut und schön, aber das war zuviel.
    Da war es. Nummer 87. Ein netter kleiner hellroter Ford Fiesta. Erleichtert steckte sie den Schlüssel ins Schloß und öffnete die Tür. Das Auto roch nach Plastik und Duftstreifen. Er war makellos sauber. Sie warf ihre Tasche und ihre Bücher auf den Rücksitz, stieg ein, schloß die Tür und tastete nach dem Lichtschalter für die Innenbeleuchtung. Sie mußte erst einmal nachsehen, wie man von Stansted raus zur Ostküste kam, wobei sie hoffte, daß sich der Schnee noch nicht zu hoch auf den Landstraßen türmte.
    Ihre letzte Unterhaltung mit Kate hatte sie sehr besorgt gemacht, ebenso wie die Tatsache, daß Kates Telefon noch immer nicht funktionierte. Sie war äußerst erleichtert gewesen, als sie zwei Gastdozenten gefunden hatte, die auf ihre Wohnung aufpassen und C. J. jede seiner Launen erfüllen wollten, so daß sie für drei Tage nach Süden fahren und sich versichern konnte, daß alles in Ordnung war. Jetzt aber bezweifelte sie, daß vernünftig war, was sie da tat. England wies mal wieder alle Anzeichen auf, wettermäßig völlig durchzudrehen. Die Wettervorhersage wurde immer verrückter, und außerdem erwartete sie Kate noch nicht einmal, was der Inkompetenz der Telefontechniker zu verdanken war, die bei jedem ihrer Anrufe schworen, daß sie die Leitung überprüft hätten und daß sie vollkommen in Ordnung sei.
    Sie warf einen letzten Blick auf die Straßenkarte, prägte sich die Route ein œ A 120 nach Osten bis Colchester, A 12 nach Norden Richtung Ipswich und dann wieder die A 120 -, ließ den Motor an und schaltete das Innenlicht aus. Sie schätzte, daß die Fahrt etwa eine Stunde dauern würde, höchstens eineinhalb. Sie warf einen Blick auf die Uhr des Armaturenbretts. Es war schon fast neun.
    Der Zustand der Straßen war unerfreulich, aber sie waren nicht unpassierbar, als sie nach Osten fuhr. Die Scheibenwischer schnitten Halbkreise in den

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