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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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lasse diese Düne einebnen. Ich lasse sie völlig vernichten!«
    War es nur Kates Einbildung, oder lag wirklich plötzlich ein Schauder in der Luft? War sie plötzlich mit Angst aufgeladen œ und mit Triumph? Zitternd suchte sie nach der Teebüchse.
    »Das ist es, was er will«, sagte sie über ihre Schulter. »Das ist es, was Marcus will.«
    »Und wenn er endlich hat, was er will, dann läßt er uns vielleicht in Ruhe!« Roger ließ sich in seinen Sessel zurückfallen, warf den Kopf nach hinten und schloß die Augen.
    »Er vielleicht, aber Claudia bestimmt nicht.« Paddy kam und setzte sich neben seinen Vater. »Die einzige Möglichkeit, das alles zu beenden, Dad, ist die, die Düne richtig ausgraben zu lassen. Dann kennen wir die Wahrheit.«
    »Und du glaubst, daß das diesem ganzen Schrecken ein Ende bereiten wird?« Diana war hinter Susie in der Tür zur Treppe erschienen. »Ich kann es nicht fassen, daß ihr alle untätig hier rumsitzt, während Alison draußen in all dem Schnee herumirrt. Um Himmels willen, warum unternimmt denn keiner was? Ich gehe jetzt jedenfalls los, um sie zu suchen!«
    »Nein, Ma.« Paddy erhob sich taumelnd. Er war bleich vor Erschöpfung. »Du mußt hierbleiben und dich um die anderen kümmern. Ich gehe.« Er sah Kate stumm an.
    »Ich komme mit«, nickte sie. »Natürlich komme ich mit.« Sie warf einen bedauernden Blick auf den Kessel.
    »Nein, Kate. Trinken Sie erst etwas.« Rogers Stimme war plötzlich sehr schwach. »Ihr beide. Und eßt vorher. Soviel wir wissen, ist sie seit Stunden da draußen. Fünf Minuten machen keinen Unterschied mehr.«
    »Ich komme auch mit.« Anne trat vor. »Zu mehreren ist man sicherer und so weiter.« Sie grinste schwach.
    Bis sie alle einen Becher mit dampfend heißem Tee getrunken, dazu eine Scheibe Brot mit Marmelade gegessen und Stiefel, Mäntel und Schals angezogen hatten, waren fast zehn Minuten vergangen. Als sie auf die Tür zusteuerten, warf Paddy einen Blick auf das Gewehr.
    »Nimm es mit.« Greg war hinter ihnen hergehumpelt. Er konnte seinen Fuß nicht mehr bewegen und hatte große Schmerzen. »Uns passiert hier schon nichts.«
    Paddy sah seinen Bruder an. Greg lächelte gequält, dann boxte er ihm leicht gegen die Schulter. »Paß auf dich auf, Paddy; und paß auf die Mädchen auf.« Er wandte sich Kate zu und berührte ihre Hand. Sie lächelte ihn an, aber es war ein dünnes, müdes Lächeln. Für mehr hatte sie keine Kraft. Die Luft war beißend kalt. Sie fragte sich, wo sie die Kraft hernehmen sollte, um auch nur zehn Meter weit zu gehen, ganz zu schweigen von fast einer Meile.
    Greg sah ihnen nach. Er wußte, daß sie alle drei erschöpft waren. Sein Bruder konnte kaum das Gewehr hochheben, das er so tapfer auf seine Schulter gestemmt hatte. Er schaute hinüber zum Wald, der vor ihnen lag.
    War dort jemand, der sie beobachtete, oder war er so verlassen, wie er aussah? Er zitterte. Der Wind frischte auf und raste vom Meer herein über den Sumpf.
    Er sah ihnen nach, bis sie außer Sicht waren, dann drehte er sich um und schloß die Tür. Solange sie draußen waren, erschien ihm das Vorschieben der Riegel wie ein schrecklicher Akt des Verrats, aber es half nichts. Er humpelte zurück ins Wohnzimmer und starrte erschrocken seinen Vater an. Roger hatte sich zurück in die Kissen gelehnt und mühte sich, zu Atem zu kommen. Sein Gesicht war blau, und der Schweiß drang ihm aus allen Poren. Diana hatte sich über ihn gebeugt.
    »Ma -«
    »Keine Sorge, Greg.« Ihr Gesicht war kreidebleich. »Dein Vater hatte einen kleinen Anfall, aber jetzt geht es ihm wieder gut.« Sie streichelte ihm zärtlich das Gesicht. »Ruh dich aus, Liebling. Ihr ist schon nichts passiert. Sie finden sie.«
    »Ganz bestimmt, Dad.« Greg kniete sich neben seinen Vater. Die Spritze, in der das Schmerzmittel gewesen war, lag noch auf der Armlehne des Sessels. »Keinem von ihnen passiert etwas. Es ist heller Tag draußen, und das Wetter ist besser geworden.« Es war gelogen, aber er bezweifelte, daß sein Vater es merkte.
    Roger schaffte ein leichtes Grinsen. Er tätschelte Dianas Arm, als sie eine Decke über ihn legte. »So ist es schon besser, Liebling«, flüsterte sie. Sie küßte ihn auf den Kopf. In die Kissen zurückgelehnt, hatte er sich sichtlich entspannt, und seine Gesichtsfarbe hatte sich auch normalisiert. Sie nahm Greg beim Arm und zog ihn zum anderen Ende des Zimmers, in den Küchenteil.
    »Ich bin ziemlich sicher, daß er einen leichten Herzanfall hatte«,

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