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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Hinter dem Tresen stand ein lächelndes Mädchen mit rosigen Wangen. Sie waren die einzigen Gäste.
    »Und glaubst du, daß es dir in Redall gefallen wird?« Bill saß auf der hochlehnigen Bank und gab einen tiefen Seufzer der Zufriedenheit von sich, als er die Beine zum Feuer hin ausstreckte. Er hob sein Glas Bier und tat einen tiefen, dankbaren Zug.
    Kate nickte. »Es ist der perfekte Ort zum Arbeiten.«
    »Und die Einsamkeit macht dir nichts aus?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich muß zugeben, daß es ziemlich still war letzte Nacht. Nur das Meer. Aber daran gewöhne ich mich. Dann ist es dort sicher wunderbar zum Schreiben.« Sie hob ihr eigenes Glas œ sie hatte sich für einen Scotch mit Wasser entschieden œ und sah Bill einen Augenblick lang an. In dem dicken, braunen Pullover und dem Hemd mit offenem Kragen erinnerte er sie entfernt an einen zerzausten Hirtenhund.
    »Hast du eigentlich noch mit Jon gesprochen, bevor er abgereist ist, Bill?«
    Er blickte sie über den Rand seines Glases an. »Nur einmal. Er hat mich angerufen, um zu fragen, ob ich wüßte, wo du hin wolltest.«
    »Hast du‘s ihm gesagt?« Sie wandte den Blick ab, weil sie nicht wollte, daß er sah, wie sehr sie sich ein Ja wünschte.
    »Nein.« Er hielt inne, während er nachdenklich an seinem Bier nippte. »Wir haben ein paar Worte über alle möglichen Themen gewechselt, und alle drehten sich ums Chauvitum. œ Seines. œ Und um falsche Ritterlichkeit. œ Meine. œ Und um Neid im Beruf. œ Dem von uns allen. œ Und da habe ich ihn dann aufgefordert, endlich nach Amerika abzuhauen und dich mit deinem Leben weitermachen zu lassen. War das falsch?«
    »Nein.« Das klang nicht sehr überzeugend.
    Sie dachte an ihr letztes Zusammentreffen. Jon war auf dem Weg zum Flughafen gewesen, das Taxi stand schon vor der Tür. Sie war in die Wohnung zurückgekommen, weil sie dachte, er sei bereits abgefahren. Sie hatte sich eigentlich nicht mehr von ihm verabschieden wollen, weil sie fürchtete, daß ihr Entschluß, sich von ihm zu trennen, ins Wanken geraten könnte. Einen Augenblick lang war sie in Versuchung gewesen, sich umzudrehen und wegzulaufen. Aber er hatte sie gesehen, und schließlich waren sie ja erwachsene Leute. Sie hatten sich einen Moment lang angeblickt, dann hatte sie gelächelt und ihn auf die Wange geküßt. »Paß auf dich auf. Ich wünsche dir eine tolle Zeit. Und ich hoffe, alles wird ein großer Erfolg.« Einen Moment lang hatte sie gedacht, er würde sich ohne ein Wort umdrehen. Dann aber hatte er sie verlegen angelächelt. »Paß du auch auf dich auf, Kate, mein Liebling. Und vergrab dich nicht zu sehr in den alten George.« Der Abschied schmerzte sie beide; sie fühlten sich elend, waren aber zu halsstarrig. So blieb es dabei. Er hatte die Koffer genommen, war zum Taxi gegangen und eingestiegen, ohne ein weiteres Wort, ohne einen Blick zurück. Wie hätte sie wissen können, daß er Tränen in den Augen hatte.
    »Ich hatte eine irische Großmutter, Kate«, sagte Bill nach einem Moment mitfühlenden Schweigens. »Sie steckte immer voller nützlicher Aphorismen. Einer ihrer Lieblingssprüche war: ‹Es kommt alles, wie es soll.¤ Ich glaube, das paßt auch auf euch ganz gut.«
    Kate lachte. »Du hast recht. Wir brauchen beide ein bißchen Abstand.« Sie blickte hoch, als eine Serviererin mit in zuckrigrosa Servietten gewickelten Messern und Gabeln, einer riesigen Schüssel mit Mango Chutney und großen Salz- und Pfefferstreuern erschien, die einem Paar alter Stiefel nachgebildet waren. »Aber sollte er wieder anrufen, dann sag ihm ruhig, wo ich bin.« Sie sah Bills Blick, und beide lächelten.
    »Gibt es eine Frau in deinem Leben, Bill?« Sie versuchte, das Thema zu wechseln, und es kam nicht so raus, wie sie es gewollt hatte, aber das schien ihm nichts auszumachen.
    »Im Moment nur Tantchen Beeb œ die Göttin, für die ich arbeite. Es gab mal eine, aber die ist auch abgehauen.« Er machte eine nachdenkliche Pause und nahm einen großen Schluck aus seinem Glas. »Und du bist nicht zu haben, nehme ich an. Wie schmeichelhaft und verlockend so eine Möglichkeit mir auch schiene, ich glaube, es wäre für uns beide nicht gut.«
    »Ich bin nicht zu haben. Aber ich brauche einen Freund. Einen, der hin und wieder mit mir im Wald spazierengeht und mich zu einem Currygericht in den Pub schleppt.«
    »Abgemacht. Jedoch leider nicht so bald. Bis Weihnachten habe ich einen vollen Terminkalender.«
    Sie war überrascht, wie niedergeschmettert

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