Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
Vom Netzwerk:
Claudia.«
    Patricks Augenbrauen schössen nach oben. »Woher wissen Sie das?«
    »Allie hat was von ihr gemurmelt. Sie kann sich jetzt nicht mehr daran erinnern, aber sie hat den Namen mehrfach gesagt.«
    »Wow.« Patrick sah von Ehrfurcht ergriffen aus. »Oh Mann. Ich wünschte, Mum und Dad wären hier.« Er sah nach oben und schlug ärgerlich in die Luft, als eine Fliege im Sturzflug auf das Licht neben ihm zuraste. Kate starrte sie an. Etwas Kaltes hatte sich in ihrer Magengrube eingenistet. Woher kamen sie, diese Fliegen œ und die Maden?
    Patrick grinste, als habe er ihre Gedanken gelesen. »Diese Fliegen gibt‘s im Winter oft in alten Häusern«, sagte er beruhigend. »Sie überwintern da oder sowas. Wahrscheinlich gibt es tote Mäuse unter den Dielenbrettern. Sie haben hier gut eingeheizt, das hat sie aufgeweckt.«
    Er hatte natürlich recht. Kate fröstelte. Hatte sie wirklich angefangen, darüber nachzudenken, tief unten im Innersten ihrer selbst, ob die Maden und die Erde und die Fliegen irgendwie aus dem Grab gekommen waren? Sie versuchte ein schwaches Lächeln. »Ich war schon dabei, das Schlimmste anzunehmen.«
    »Haben Sie sie auch gesehen? Claudia?« Patricks Augen waren wie die seines Bruders. Sie waren von einem tiefen Graugrün und sahen alles, aber im Gegensatz zu denen seines Bruders waren sie schläfrig und sanft. Und irreführend. Sie konnte spüren, wie sie sich in ihre Seele bohrten.
    »Ja, ich habe sie gesehen.«
    Wieder schien er ihre Antwort zur Kenntnis zu nehmen, ohne überrascht zu sein. Seine Stimme klang weder spöttisch noch ungläubig, als er die nächste Frage stellte.
    »Glauben Sie, daß sie das Haus verwüstet hat?« Er hielt ihrem Blick stand.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe vorher nie wirklich darüber nachgedacht, ob ich an Geister glaube oder nicht. Es war ein netter Gedanke, daß sie existieren könnten œ in sicherer Entfernung.«
    »Wissenschaftlich gesehen ist der Gedanke natürlich unhaltbar.«
    Sie lächelte. »Wirklich? Na ja.«
    »Psychokinetische Energie ist meßbar, glaube ich, und man hat bewiesen, daß sie in der Lage ist, Dinge ein bißchen herumzuschleudern. Poltergeister sind nichts anderes. Sie stehen oft in Verbindung mit der Anwesenheit eines Teenagers. Mit unseren Ängsten und Frustrationen.« Er lächelte, und Kate dachte nicht ohne Belustigung, um wieviel erwachsener dieser ernste Junge war als sein großer Bruder.
    »Allie hat was von einer Göre«, fuhr er fort, »aber sie ist kein schlechter Kerl. Sie hat nichts Bösartiges. Sie würde das nicht absichtlich tun.« Er sprach mit der Gewißheit eines Jungen, der zwei Jahre älter war. Er hob den Kopf, als ein ungewöhnlich starker Windstoß einen Hagelschauer an das Fenster schleuderte, und er fröstelte. »Kann ich das Zimmer sehen, wo es passiert ist, bevor ich gehe?«
    »Nur zu. Oben links am Ende der Treppe.« Sie blieb in der Küche, als er hinauflief, und lauschte dem Klang seiner Schritte. Ein paar Minuten später kam er wieder herunter. »Alles sauber.« »Sie hat, was sie wollte.«
    »Allie?«
    »Nein. Nicht Allie.«
    Seine Augen wurden weiter. »Ich wußte nicht, daß etwas fehlt. Ich dachte, daß nichts mitgenommen wurde.«
    »Sie haben œ sie hat œ den silbernen Halsring mitgenommen, den ich im Grab gefunden habe.«
    »Wow.« Er schwieg eine Weile, während er darüber nachdachte, und sagte dann: »Es kann kein Geist gewesen sein. Es muß doch ein echter Dieb gewesen sein.« Er klang enttäuscht. »Geister können nichts stehlen.«
    »Und ob.« Keiner von beiden hatte bemerkt, daß Alison in der Tür erschienen war. Sie steckte in der Decke wie in einem Mantel. Ihr Gesicht war so weiß, daß es fast durchsichtig wirkte. Sie ging mit unsicheren Schritten zum Hocker und zog sich hoch. »Sie wollte den Halsring, weil er ihm gehört hat.«
    »Wem?« Patrick starrte seine Schwester an.
    »œ« Wieder hatte sie angefangen zu sprechen und dann gleich wieder innegehalten, als wäre ihr das Wort œ der Name œ von den Lippen gerissen worden. »Ich weiß nicht. Aber sie hat ihn geliebt.«
    Patrick warf Kate einen schnellen Blick zu. Er schien sie um Verständnis zu bitten. »Allie, hör mir zu. Ich fahre jetzt heim und hole Mum und Dad. Du gehörst ins Bett, und zwar sofort.«
    »Mir geht‘s gut.« Allies Körper strafte sie Lügen, als er unwillkürlich zu zittern begann.
    »Komm mit ihnen zurück, so schnell du kannst«, sagte Kate leise, als sie mit Patrick zur Tür ging. »Bitte. Ich

Weitere Kostenlose Bücher