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Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde

Titel: Erskine, Barbara - Mitternacht ist eine einsame Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Manuskriptseiten auf ihrem Schreibtisch. Sie zuckte mit den Schultern. Es war jetzt nicht die Zeit, sich wegen der Arbeit Gedanken zu machen. Vielleicht würde sie ein bißchen schreiben können, wenn Alison einschlief. Es war klar, daß das Mädchen momentan nirgends hingehen konnte. Sie konnte nichts weiter tun, als sie warm zu halten und zu warten. Aber sollten sie später, wenn sich Alison besser fühlte, versuchen, zum Farmhaus zu gehen, oder sollten sie abwarten, bis Roger und Diana das Mädchen vermißten und hier nach ihr suchten? Sie fühlte sich so verlassen ohne Telefon; so ganz auf sich gestellt.
    Als die ätherischen Klänge des Introit und des Kyrie den Raum erfüllten, ließ Alison sich zurücksinken und schloß die Augen. Kate beobachtete sie verstohlen vom gegenüberliegenden Sessel aus. Das Scheit brannte gut. Bald würde sie ein neues auflegen müssen. Dann würde nur noch eines übrig sein. Sie warf einen Blick auf das Fensterbrett. Das Tuch war noch trocken, und es bewegte sich nichts.
    Das zögernde Klopfen an der Haustür ging in den Klängen der Musik fast unter, aber als sie es hörte, trieb ein Adrenalinstoß Kate panikartig aus ihrem Sessel, alle Nerven waren angespannt. Sie sah hinüber zu Alison, aber das Mädchen schien nichts gehört zu haben.
    Patrick stand auf der Schwelle, einen gelben Regenumhang über der dicken Jacke. Die nassen Haare klebten ihm am Kopf, und seine Wangen waren gerötet von der Anstrengung, die es ihn gekostet hatte, auf dem Fahrrad den schlammigen Weg zum Cottage zu fahren.
    »Hallo. Mum meint, Allie könnte vielleicht hier sein. Wissen Sie, daß Ihr Telefon nicht funktioniert?«
    »Ja, das weiß ich, und ja, sie ist hier.« Kate zog ihn in die Diele und schloß die Tür. »Gott sei Dank, daß du gekommen bist!«
    Sie warf einen Blick über die Schulter, ins Wohnzimmer. Alison schien von der Ankunft ihres Bruders nichts bemerkt zu haben. Ihre Augen waren geschlossen, und der Schlaf hatte ihre Miene entspannt. »Komm mit in die Küche, da können wir reden.« Kate ließ ihn vorgehen und schloß leise die Tür hinter ihnen. Zu ihrer Schande bemerkte sie, daß ihre Hände zitterten. »Hör zu, etwas sehr Merkwürdiges ist passiert. Ich habe Alison draußen in den Dünen gefunden, wie sie in einer Art Trance in der Grabungsstelle kniete. Deine Eltern müssen mit dem Land Rover kommen und sie nach Hause holen. Es geht ihr gut, mehr oder weniger, aber nicht gut genug, um schon zu Fuß zu gehen. Ich glaube, ihr solltet sie zum Arzt bringen.«
    »O verdammt.« Patricks schmales Gesicht war ein Bild der Sorge. »Greg ist mit dem Land Rover unterwegs. Niemand weiß, wo er hingefahren ist. Der Volvo schafft es nicht durch den Wald. Es ist ein einziger Morast. Und im Radio haben sie Sturmwarnung gegeben. Sie erwarten eine Menge Schnee.«
    »Verflucht!« Kate kaute an ihrem Daumennagel.
    »Was fehlt Allie? Was hat sie bei dem Wetter draußen bei der Grabungsstelle gemacht?« fragte Patrick nachdenklich.
    »Ich weiß es nicht. Sie hatte weder eine Schaufel noch sonst was dabei. Sie schien sich in einem Schockzustand zu befinden.« Kate musterte ihn. Sie hatte bis jetzt kaum mit diesem ernsthaften jungen Mann gesprochen, aber was sie sah, gefiel ihr. Er schien ruhiger und ausgeglichener als seine Schwester und sein Bruder zu sein œ tatsächlich schien er mehr nach seinem Vater zu schlagen. »Irgendwas ist ihr da draußen zugestoßen, Patrick. Ich weiß nicht, was, aber es hat ihr eine fürchterliche Angst eingejagt. Sie ist immer noch voller Furcht. Und ich auch.« Sie hatte den letzten Satz eigentlich nicht hinzufügen wollen.
    Patrick sah sie argwöhnisch an. »Sie hat irgendwas losgetreten, als sie an diesem Grab herumgemacht hat, oder?« sagte er. Seine Stimme war angenehm, hell, ruhig. »Sie hat was wachgerüttelt.«
    Kate schluckte. »Ich glaube, das könnte sein«, sagte sie vorsichtig.
    »Glauben Sie, daß es das Grab von Marcus ist?«
    Kate schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht. Sie haben ja sein Grab irgendwo in der Nähe von Colchester gefunden.« Sie zögerte. »Ich glaube, es ist das Grab einer Frau.«
    »Verstehe.« Er runzelte die Stirn. Er wirkte nicht überrascht. Er fragte nicht, woher sie das wußte. Es ging ihm mehr darum, diese neue Reihe von Möglichkeiten in seinem Kopf hin und her zu wenden. »Sie meinen, der Geist ist kein Scherz. Es spukt wirklich eine Frau in diesem Cottage herum. Glauben Sie, Allie hat sie gesehen?«
    Kate nickte. »Sie heißt

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