Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Übernahme. Du erinnerst dich? Die Firma, von der du Bernhard nichts erzählt hast? Ich mach das jetzt alleine.«
»Alleine? In deinem Zustand?«
Charlotte hielt mit ihrer Meinung zu meinen unternehmerischen Plänen nicht hinter dem Berg.
»Das geht doch schief! Das kann nur schiefgehen! Meine Cousine Marissa hat sich sofort einen zweiten Geschäftsführer gesucht und zwei ihrer Boutiquen geschlossen, als sie erfahren hat, dass sie ein Kind bekommt! Und du machst genau das Gegenteil! Ich wette, dass es dich damit total auf die Schnauze haut!«
»Gerne. Wetten wir!«, sagte ich und gab meine Versuche auf, den Schwan auszustecken. »Um deinen Weihnachtskoffer? Auf den bin ich schon lange scharf!«
Ich hatte nämlich nicht meinen Augen getraut, als Charlotte die Silberkugeln für den Zockel’schen Christbaum aus einem lederbezogenen Koffer geholt hatte, der Koffer war groß wie eine Umzugskiste, mit herausnehmbaren Fächern. Maßanfertigung und so teuer wie ein Kleinwagen. War eben aus besserem Hause, meine Freundin Charlotte. Auch wenn sie dann letztendlich allein an ihrem noblen Baum gesessen hatte, denn Zockel war kurzfristig doch zu seinen Kindern gefahren.
Diese Wette schien Charlotte jedenfalls den Koffer wert zu sein.
»Pah! Du hast keine Chance! Meine Familie hat durchaus ebenfalls immer unternehmerischen Mut bewiesen …« (ja genau, dachte ich, darum lässt du dich auch seit Jahren lieber von Zockel aushalten, anstatt im Immobilienmanagement deines Bruders groß rauszukommen, sagte aber nix), »… aber was du da mit diesen Ziegen vorhast, das ist keine Risikobereitschaft, das ist einfach nur albern. Kindisch. Verblendet. Tut mir leid, ich weiß, als deine Freundin sollte ich dich eigentlich schonen, aber ich kann doch nicht zusehen, wie du in dein Unglück rennst.«
Ich wurde übermütig: »Gut, dann schlag ein. Wenn ich die Wette verliere, stricke ich dir Kaschmirhüllen für alle deine Christbaumkugeln, dann sind sie noch besser verpackt.«
Charlotte lachte jetzt doch. Das gefiel ihr.
»Gilt.«
»Prima«, sagte ich zufrieden, lehnte mich zurück und schwieg.
»Jetzt sag schon!«, bohrte Charlotte neugierig. »Du bist doch total klamm − und jetzt auch noch schwanger! Wenn das stimmt, was du mir letzte Woche erzählt hast, und dein Muttermund, ein scheußlicher Ausdruck übrigens, da vergeht einem ja komplett die Lust, sich die Lippen nachzuziehen, meine Cousine Marissa hat deswegen immer Mumu dazu gesagt, wo war ich? Also wenn dein Muttermund immer noch keine Anstalten macht, sich zu schließen, kannst du ja nicht einmal mehr deinen eigenen Laden auf- und zusperren. Und jetzt auch noch eine Ziegenalm. Um exklusiv deine eigene Wolle zu bekommen, für ein deshalb hoch verschuldetes Stricklabel, das du vom Sofa aus regieren sollst? Wie willst du das finanzieren?«
Ich schwieg wieder und schaute auf den Schwan, dessen Kabel ich noch immer in meiner Hand hielt, unter meiner weichen Sofadecke verborgen. Er hielt den Schnabel. Ausnahmsweise. Die ganzen letzten Tage hatte ich über fünfzig Anrufe bekommen und bis spät in die Nacht Überstunden geschoben. Die meisten waren eher therapeutischer Natur, jedenfalls schien es meinen Kunden danach wesentlich besser zu gehen als vorher. Und mir auch, denn solange ich telefonierte, dachte ich nicht an Felix. Und danach war ich so fertig, dass ich es gerade noch vom Sofa ins Bett schaffte. Jeder Therapeut braucht Supervision, sonst brennt er aus, dachte ich und merkte, dass ich mit meinem Geheimnis nicht mehr länger allein sein wollte. Josef stand zwar telefonisch zur Verfügung, so gut er konnte, aber Charlotte war verdammt noch mal meine beste Freundin. Und weil der Schwan so ein verführerisches Grinsen um den Schnabel hatte und weil ich es einfach nicht mehr länger aushielt, erzählte ich es ihr.
»Ich bin jetzt PSO .«
Charlotte schaute auf die Haustür, die Friedrich geräuschlos hinter sich zugezogen hatte, um uns nicht zu stören, und fragte unkonzentriert: »Dass diese Handwerker noch nicht einmal anständig Tschüs sagen können! Du bist bitte was?«
» PSO . Phone Sex Operator. Viel Geld in kurzer Zeit, keine Investitionen, kein unternehmerisches Risiko.«
Charlotte ruckte ihren Kopf in meine Richtung zurück. Hatte ich gedacht, der englische Ausdruck würde Charlotte von der Seriosität meiner Nebentätigkeit überzeugen? Auf meinem Sofa hängend wie ein Schluck Wasser in der Kurve, das Fischgrätparkett bedeckt mit Pizzakartons und den
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