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Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
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war: Bella Bunny sein, sobald jemand danach verlangte. Ich ging auseinander wie das Sofa. Das gute Ding war der Dauerbelastung nicht gewachsen und begann Sitzmulden zu bilden, die die besorgniserregende Größe meines langsam in die Breite gehenden Hinterns hatten. Die Tage vergingen schnell, ohne dass ich viel Zeit zum Nachdenken hatte.
    Gut, dass Josef mir den Artikel über das Peter-Pan-Syndrom gefaxt hatte – ich hatte ihn mir dreimal kopiert und an allen strategisch wichtigen Orten aufgehängt, um in schwachen Momenten daran erinnert zu werden, dass ich alleine besser dran war. Nur gegen zwei Uhr morgens wachte ich fast jede Nacht auf, und Sorgen schoben sich sofort in mein Bewusstsein, als hätten sie auf diese Gelegenheit nur gewartet.
    Ha, da liegt sie, kann wohl nicht schlafen, kein Wunder, das unverantwortliche Luder! Seht sie euch an: Kein Mann, aber Zwillinge im Bauch, hähä, ihren Laden kann sie sicher bald zumachen! Aber anstatt erst mal Stütze zu beantragen, denkt sie sich schweinische Sachen für wildfremde Typen aus, wenn das mal gut geht. Wenn das mal gut geht!!
    Ich hasste diese inneren Stimmen. Nicht umsonst war diese Nachtzeit zum Schlafen oder Trinken da, wollte man nicht Dinge, die tagsüber schon ziemlich unangenehm waren, zu unbezwingbaren Monstern aufblähen. Fernsehen zur Ablenkung ließ ich lieber, seit ich einmal auf einer nächtlichen MTV -Clipschleife auf mein Lieblingslied der Sportfreunde Stiller gestoßen war. »Lass mich, lass mich nie mehr los!« hatte ich erst freudig überrascht mitgesummt und sogar noch lauter gestellt. Aber bei »was bin ich − ohne dich« war mir schon klamm ums Herz geworden, und bei »wie Old Shatterhand ohne Winnetou« hatte ich nur noch verzweifelt die Arme um mich und meinen Bauch geschlungen und in dieser Stellung die ganze Nacht ausgeharrt. Wie gesagt – zwischen zwei und sieben Uhr morgens fuhr die Wirklichkeit ihre Krallen aus.
    Ich lernte daraus und blieb oft über Nacht gleich auf dem Sofa liegen, wo ich sofort den Schwan einstecken konnte, bevor Zukunft und Gegenwart in tiefstem Schwarz versanken. Es meldeten sich genügend Kunden außerhalb meiner »Öffnungszeiten«, und ich verdiente lieber Geld, als zu viel darüber nachzudenken, ob es ein Fehler gewesen war, Felix die Tür zur gemeinsamen Zukunft vor der Nase zuzuschlagen.
    »Hier«, sagte Marie und winkte einen schüchternen jungen Mann in einem uralten Trainingsanzug aus türkisem Crashnylon herein, der mir die Lunchbox von der AKÜ auf den Tisch stellte. »Ich habe mit der AKÜ gesprochen, sie kümmern sich weiter um dein Essen, und Axel wird es dir bringen, er hat da gerade als Küchenhilfe angefangen. Der Axel ist taubstumm, aber er kann von den Lippen ablesen.«
    Sie zeigte ihm den Weg in die Küche, stellte mir eine Karaffe mit Wasser auf den Tisch und ruckte an meinem Telefon.
    »Wofür ist eigentlich dieser schicke Schwan da?«, fragte sie. »Ist der nur Deko?«
    »Ach, der«, sagte ich leichthin, sollte sie mich einmal mit dem Hörer in der Hand sehen, wäre es jetzt dumm, zu sagen, dass dieses Telefon nicht in Betrieb war, »ich habe mir für den Strickkurs eine zweite Leitung legen lassen und das auch auf die Wunderland-Webseite gestellt. Eine Maschenhotline sozusagen, da können mich die Teilnehmer anrufen, wenn sie nicht mehr weiterkommen, den Kurs habe ich ja jetzt schon zweimal ausfallen lassen. Übrigens«, wechselte ich schnell das Thema, »was ich dich schon immer mal fragen wollte: Warum bist du eigentlich alleinerziehend? Wie war das denn mit Friedrich und dir?«
    Marie setzte sich zu mir und holte aus.
    »Friedrich und ich kannten uns eigentlich überhaupt nicht! Aber es war Sommer, und dieses Grillfest war so wild, dass keiner mehr nach Hause gefahren ist und wir einfach am Wannsee gepennt haben. Und morgens sind Friedrich und ich zusammen in einem Schlafsack aufgewacht und wussten noch nicht mal unsere Namen. Und das mit der Pille danach, das habe ich irgendwie nicht auf die Reihe gekriegt, und dann war es zu spät. Ups. Inzwischen sind Friedrich und ich Freunde, das macht es einfacher mit dem Kleinen, aber Liebe – nee, Liebe wird da nie draus. Da habt Felix und du schon mal eine ganz andere Basis. Ich bin mir sicher, dass das wieder wird mit euch.«
    Eigentlich nett von Marie, mir Hoffnung machen zu wollen, obwohl sie Felix gar nicht kannte. Aber ich zupfte einige der unzähligen Flusen von Felix’ alter Jogginghose, deren Bund ich einfach aufgeschnitten hatte,

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