Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
immer in Papas Büro, weil meine Mama immer so lang arbeitet«, erklärte mir der Kleine bereitwillig. »Und draußen im Vorzimmer hören immer alle bei meinem Papa mit. Die Tante Meier vom Empfang, und dann die Lieselotte, die hier putzt, und noch eine Frau, die immer nur tippen tut. Alle haben dem Papa zugehört und das Telefon laut gestellt und nicht gemerkt, dass ich gekommen bin. Und da hat der Papa geiles Zebra zu einer Frau gesagt. Bist du das?«
Ich war von den Socken. Der Safarimann hatte Familie – und mich immer aus seinem Büro angerufen, wahrscheinlich während seine Frau dachte, er würde Überstunden schieben? Und die Vorzimmermädels lachten sich immer einen Ast, wenn er so dumm war, sein Geschäftstelefon zu benutzen? Ich dachte kurz nach.
»Nein, ich bin das nicht«, sagte ich dann so ruhig wie möglich und griff mir Stift und Notizblock, »dein Papa hat mich nur angerufen, um für deine Mama Blumen zu bestellen, weil er sie so lieb hat. Wie heißt du denn? Und kannst du mir sagen, wo ihr wohnt?«
Der kleine Timmi diktierte mir gut gelaunt eine Adresse in Berlin-Wilmersdorf und verkündete dann, er würde jetzt mit der Tante Meier vom Empfang einen Schokopudding essen. Ich hatte gerade noch Zeit, den Kopfhörer auszustecken, bevor ich auf ein zaghaftes Klopfen hin die Tür meines Fünfzehn-Quadratmeter-Zuhauses öffnete.
Es war Marie, und sie sah sehr schuldbewusst aus. Zu Recht.
»Marie – wo warst du?«, empfing ich sie entsprechend säuerlich. »Du hast kein Wort gesagt von einem Wasserschaden!«
»Es tut mir so leid, Heidi! Ich war letzte Woche nicht im Laden!«, gab sie zu, den Kopf mit der Wuschelfrisur gesenkt.
»Gustav hatte die Windpocken, er konnte nicht in die Krippe, und hierher konnte ich ihn auch nicht mitnehmen! Deine Strickkursleute waren hier, weil du vergessen hattest, den letzten Kurstermin abzusagen, und diese eine, diese Bille, glaube ich, hätte mich fast gelyncht, als sie die roten Punkte sah, obwohl der Arzt gesagt hatte, sie seien nicht mehr ansteckend! Und ich dachte, du bist in der Klinik und sollst dich nicht aufregen, und darum habe ich dir nichts davon erzählt! Ich dachte, ich habe jede Menge Zeit, alles in Ordnung zu bringen, ich hatte keine Ahnung, dass du so schnell entlassen wirst, und der Wasserschaden, der muss passiert sein, als ich nicht da war, was machen wir denn jetzt?«
Marie sah mich flehend an und hatte Tränen in den Augen. Sie sah tatsächlich ziemlich geschafft aus, Kinderkrankheiten schienen Mütter heftiger zu strapazieren als die Kinder selbst.
»Wo ist denn Friedrich überhaupt? Warum konnte der denn nicht einspringen?«, ärgerte ich mich weiter, erst mich umhegen, und dann von einem auf den anderen Tag verschwinden – die Männer waren doch alle gleich! »Kann ich mich denn auf niemanden verlassen?«
»Ich habe keine Ahnung, er ist immer noch wie vom Erdboden verschwunden«, beteuerte Marie, »vielleicht hat er ein internationales Projekt reinbekommen und ist plötzlich nach Dubai oder so?«
»Schöner Mist«, sagte ich, immer noch stocksauer, »und jetzt ist die Kollektion im Eimer, kurz vor dem Sale, wo wir normalerweise noch mal richtig Reibach machen! Und das, nachdem die Ärztin zu mir gesagt hat, ich darf mich stundenweise wieder in den Laden stellen!«
Das stimmte so zwar nicht hundertprozentig, aber es schadete sicher nicht, wenn Marie merkte, dass ich wieder besser in der Lage war, das Ladengeschäft zu kontrollieren. Aber anstatt um ihren Job zu fürchten, schien sie sich ehrlich für mich zu freuen.
»Wirklich? Es geht dir besser? Das ist ja phantastisch!«, strahlte sie mich an, und ihre Augen leuchteten dabei so, dass sie es unmöglich nicht so meinen konnte. »Ich habe mir ernsthaft Sorgen gemacht und die Leute aus deinem Strickkurs auch, jedenfalls bis Bille ihren Lucca gebeten hat, Gustavs rote Punkte zu zählen, und dann gemerkt hat, dass es keine Mückenstiche waren.«
»Echt?«, kicherte ich, von Maries ungespielter Freude leicht versöhnt.
»Sicher, sogar Rainer hat sich erkundigt, ob du denn jetzt schon einen Geburtsvorbereitungskurs gemacht hast, der rechnet wohl fest damit, dich zu begleiten. Aber mal was anderes, Heidi – wenn du jetzt wieder in den Laden darfst, was ist dann mit der Strickhotline? Und wo ist eigentlich Charlotte?«
»Ach, Charlotte«, sagte ich leichthin und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, dass die Erwähnung meiner ehemals besten Freundin mir einen ziemlichen Stich versetzte.
Weitere Kostenlose Bücher