Erst der Sex, dann das Vergnügen: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
draußen und die Feuchtigkeit im Lager ergaben ein Klima wie in der Sauna, und der Schweiß staute sich in der tiefen Falte, die sich dort gebildet hatte, wo mein Busen und mein Bauch aufeinandertrafen. Die heiß geliebten Stricksachen in dieser müffelnden Umgebung zu sehen verursachte mir körperliche Schmerzen, aber was konnte ich unbewegliches Nilpferd hier alleine ausrichten? Nichts.
Ich schleppte mich hinüber in die Hausmeisterwohnung und versuchte abwechselnd, Marie oder Friedrich zu erreichen. Wieder nichts. Nur die L 1 blinkte, und das rote Lichtlein hatte in der halbdunkeln Umgebung des Apartments fast etwas Tröstliches. Und ganz automatisch, als hätte ich nicht gerade »Urlaub« gemacht, setzte ich mir den Kopfhörer auf und wurde wieder zu Bella Bunny.
»Wo warst du?«, fragte mich Patella-Mike vorwurfsvoll. »Meine Doktorarbeit muss fertig werden, und wenn ich nicht manchmal bei dir anrufen kann …«
»Ich brauchte mal eine Pause. Ich habe noch ein anderes Leben«, wich ich aus.
»So. Was denn für ein Leben?«, fragte mein kleiner Medizinstudent neugierig. Und ich wusste plötzlich nicht, was ich sagen sollte. So wie es aussah – ohne den Wasserschaden mit einzuberechnen –, musste ich hier erst einmal Doppelschichten schieben, um die Zeit in der Klinik, Charlottes Anteil und vor allem den Wegfall von Goldesel Adrian zu kompensieren. Mir schnürte sich der Hals zu. »Sorry, mir geht’s heute nicht so«, beendete ich zum ersten Mal ein Stammkundengespräch vorzeitig, um mir Taschentuch und Taschenrechner zu suchen.
»Noch vier Wochen bis zur Geburt«, schniefte ich kurz darauf laut vor mich hin, schrieb fieberhaft ein paar Zahlen auf ein Blatt und sank schwer gestresst ins Sofa zurück.
»Zwei Tassen Kaffee pro Tag sind okay«, hatte Frau Doktor Casper gesagt, »aber mehr brauchen Sie ja sowieso nicht, Sie ruhen sich ja aus, nicht wahr?«
Sie hatte gut reden, wenn das stimmte, was ich mir gerade ausgerechnet hatte, dann hatte ich ab sofort noch nicht einmal mehr fünf Minuten Pause. Und ich konnte mich noch nicht einmal darüber freuen, dass mein kleines Rudel anscheinend aus dem Gröbsten raus war. Ich hatte jetzt schon definitiv meine Kapazitätsgrenze erreicht.
Ich musste dringend mal geschäftlich telefonieren.
»Pass auf, kennst du den schon? Was machen zwei Schwule, wenn sie eine Frau allein im Wald treffen?«, fragte mich Cesare, im Hintergrund fauchte meine Espressokanne los wie eine Dampflok.
»Den kenn ich schon«, unterbrach ich ihn ungeduldig, »Cesare, ich wollte mit dir eigentlich über Geld reden!«
»Pass auf, ich weiß noch einen!«
Cesare verfolgte unbeirrbar seine Mission, mir wenigstens einen Lacher abzuringen.
»Aber der ist neu: Treffen sich zwei Schwule beim Nacktgrillen, sagt der eine zum anderen: Geht mich ja eigentlich nichts an, aber Sie grillen gerade Ihr Glied. Und weißt du, hahaha, was der andere dann antwortet?«
Cesare machte eine kleine Pause, so sehr brachte ihn die nahende Pointe selbst zum Lachen.
»Weiß nicht«, sagte ich entnervt und füllte eine Kaffeetasse erst zur Hälfte mit Zucker und goss mir dann einen dreifachen Espresso drüber. »Ich wollte wie gesagt eigentlich …«
»Der sagt, hahaha, der sagt: Und ich habe mich schon gewundert, warum sich das Würstchen nicht umdrehen lässt!«
Nur ungern stellte ich fest, dass mein rechter Mundwinkel amüsiert zuckte, als ich mich wieder aufs Sofa sinken ließ. Doch beim Blick auf die Zahlenkolonne vor mir verging mir dieser kleine Ausrutscher, und ich unternahm noch einen Versuch: »Cesare, ich weiß selbstverständlich, wann der Betrag für die Übernahme fällig ist – aber ich wollte fragen, ob ich vielleicht in Raten …? Und können wir da vielleicht noch was machen, ich meine, ich weiß, das letzte Wort ist eigentlich schon gesprochen, aber …«
»Du willst doch jetzt nicht etwa versuchen, den Preis zu drücken, Carina?«, antwortete Cesare erstaunlich milde auf meine Stotterei. »Soso. Nur zur Erinnerung: Lana Grossa würde die Summe in bar auf den Tisch legen – auf einmal. Aber das ist natürlich auch ein Konzern und kein Ein-Frau-Betrieb. Ich weiß, wie fleißig ihr Deutschen sein könnt, aber hast du dir vielleicht ein bisschen viel vorgenommen?«
»Schon gut«, winkte ich ab und ärgerte mich über mich selbst, über mein zaghaftes Auftreten und darüber, dass ich überhaupt auf die Schnapsidee gekommen war, bei Cesare anzurufen. Wo blieb denn mein »Ich schaff alles
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