Erst ich ein Stück, dann du! 3 Drachengeschichten - Themenband 4
mit seinen riesigen Füßen vom Boden ab. Blitzschnell saust er in die Höhe, schlägt einen Salto und braust wie der Teufel höchstpersönlich über den See.
„Yippieee!“, kreischt Prinzessin Tilla. „Das ist ein Spaß! Du bist das beste Pferd der Welt.“
Draffi landet mitten im Schlosspark, auf dessen Wiese ein großer Käfig steht. „Das ist dein neues Zuhause“,
sagt Tilla und öffnet die Käfigtür. „Hopp, hopp, hinein-spaziert!‟
Ihre Augen flirren und blinken wie verrückt. In Draffis Kopf wird wieder alles puddingweich und so bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als freiwillig in den Käfig zu gehen.
Tapp, tapp, tapp!, tappst er hinein.
Peng!, knallt Prinzessin Tilla die Käfigtür zu.
Kritsch! Kratsch!,
dreht sie den Schlüssel rum.
Der arme Drache Draffi ist gefangen!
Am späten Vormittag kommen der königliche Schneidermeister, der königliche Anstreicher und der königliche Dekorateur vorbei. Der Schneidermeister nimmt Maß für das Reitkissen. Der Anstreicher färbt Draffis grüne Drachenhaut so violett wie die Blüten der königlichen Fliederbüsche, und der Dekorateur steckt leuchtend gelbe Federn unter seine Schuppen. Kurz nach dem Mittagessen ist auch das pinkfarbene Reitkissen fertig. Es wird mit großen Tüllschleifen auf Draffis Rücken gebunden. Außerdem haben die königlichen Schneidergehilfen bunte Pompons angefertigt, die sie an seinem Kopf und seiner Schwanzspitze befestigen.
Tilla klatscht begeistert in die Hände.
„Jetzt bist du hübsch!
Du bist der hübscheste Drache
auf der Erde, dem Mond und der Sonne!“
Sie fordert zwei Kammerdiener auf, einen großen Spiegel herbeizubringen, damit Draffi sich darin bewundern kann. Doch er traut sich gar nicht hineinzuschauen, sondern dreht ihm blitzschnell den Rücken zu. Sofort tragen die Kammerdiener den Spiegel um Draffi herum, doch der dreht sich immer weiter, und so rennen die Kammerdiener eine ganze Weile mit dem Spiegel um den Drachen herum, bis Draffi schließlich einen Drehwurm bekommt und erschöpft zu Boden sinkt.
„Schluss jetzt!“, ruft Prinzessin Tilla. „Bringt den Spiegel weg. Ich muss ein ernstes Wörtchen mit diesem dummen Drachen reden.“
Sie wartet, bis sich das königliche Dienstpersonal ins Schloss zurückgezogen hat, dann kniet sie sich vor Draffi ins Gras und sieht ihn mit betrübter Miene an. „Möchtest du, dass deine Prinzessin unglücklich ist?“ Mir egal, denkt Draffi sehr, sehr leise. Dann schüttelt er vorsichtig den Kopf.
„Siehst du“, sagt Tilla. „Ich bin aber traurig. Und weißt du auch wieso?“
„Nein“, sagt Draffi. „Keine Ahnung.“
„Weil du ein dummer Drache bist.“
„Bin ich nicht“, erwidert Draffi.
„Du benimmst dich aber so“, sagt Tilla.
„Gleich kommen meine Freundinnen“, fährt sie fort. „Ich habe mit ihnen gewettet, dass ich den schönsten und klügsten Drachen besitze, der mir untertänigst ergeben ist und alles für mich tut.“
„Das ist eine blöde Wette“, sagt Draffi.
„Überhaupt nicht“, entgegnet Tilla. „Und ich muss die Wette gewinnen.“
„Wieso?“, erkundigt sich Draffi.
„Weil ich die Tollste sein will“, sagt Tilla.
Du bist aber nicht toll, denkt Draffi so leise, dass es kaum mehr als ein feiner Gedankennebel ist. Am liebsten würde er weglaufen, aber leider achtet Prinzessin
Tilla sehr sorgsam darauf, dass die Käfigtür immer fest verschlossen ist.
„Du musst sehr stolz sein“, trichtert sie ihm ein, während sie Draffi ihren Blinkzauber ins Gehirn schickt.
„Stolzer als die anderen Drachen. Und du musst alles tun, was ich von dir verlange. Danach lasse ich dich wieder frei.“
In null Komma nix ist Draffi wieder auf den Beinen.
„Ehrlich?“, fragt er aufgeregt. „Willst du das wirklich tun?“
„Na klar“, sagt Tilla. „Aber nur, wenn ich die Wette gewinne. Also streng dich gefälligst an.“
Draffi nickt eifrig.
Auf einmal ist er sehr aufgeregt.
Er will alles tun, damit die Prinzessin mit ihm zufrieden ist, und kann es kaum noch erwarten, dass ihre Freundinnen endlich kommen.
Kurz vor dem Fünf-Uhr-Tee ist es dann so weit.
Tilla hat drei Freundinnen:
Rosa, Rita und Minzetta.
Jede von ihnen führt einen Drachen mit sich. Und alle drei Drachen sind bunt geschmückt. Sie tragen Rüschenhäubchen, Federbüschel, Häkelwestchen und blinkende Schmucksteine. Draffi findet, dass sie ziemlich albern aussehen, doch er lässt sich von seinen Gedanken nichts anmerken. Ja, im Gedankenverstecken ist
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