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Erst lesen. Dann schreiben: 22 Autoren und ihre Lehrmeister - (German Edition)

Erst lesen. Dann schreiben: 22 Autoren und ihre Lehrmeister - (German Edition)

Titel: Erst lesen. Dann schreiben: 22 Autoren und ihre Lehrmeister - (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Kutzmutz
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Drach«, sondern an »Herrn DDr. Drach« und legte im ergebensten Tonfall dar, warum ich es unterlassen hatte, auf seine Sendung zu antworten, ließ es mir aber schließlich nicht nehmen, ihn erneut um die Berechnung des Buches zu bitten. Postwendend antwortete Drach folgendes: »Sehr geehrter Herr Oswald! Da ich immerhin einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht habe, heuer zumindestens in Österreich wieder Bestseller-Autor war und auch für den Nobel-Preis nominiert wurde, fiel mir ihr burlesker Tonfall auf, der mich an einiges erinnerte, was ich in der Vergangenheit erdulden mußte, als ich der Hetze eines Reich-Ranicki und diverser seiner Schößlinge standhalten mußte, der mich noch 10 Jahre zuvor zu Tisch geladen und an der Tafel sich schräg gegenüber placiert hatte, allerdings mir als einzigem nichts zum Abendessen gab außer Wein. Die Abfuhr, die ich ihm erteilte, erreichte schließlich ebenso weite Kreise wie vorher seine überfallsmäßigen Attacken. Es grüßt Sie (Unterschrift)«.
    Jetzt war ich beleidigt und verletzt, denn gerade, wie sehr ich ihn und sein Werk bewundere, hatte ich ihm in meinen bisherigen Briefen ausführlich erläutert, augenscheinlich war dies aber ungenügend gewesen. Abermals schrieb ich ihm, nichts läge mir ferner, als ihm den gebührlichen Respekt verweigern zu wollen, verschwieg aber nicht, dass ich seine Einschätzung, mein Tonfall sei »burlesk« gewesen, unmöglich teilen könne. Von der Rechnung schrieb ich nichts mehr, nachdem auch er sie nicht mehr erwähnt hatte und ich hoffte, ihn nun vielleicht doch noch im Verlauf dieses Briefwechsels zu einer Beantwortung meiner Fragen zu bringen. Bald, zwei Wochen später, erhielt ich ein letztes Schreiben von Drach: »Sehr geehrter Herr Oswald! Ich danke für ihren neuerlichen Brief. Ich habe Ihnen das Buch gratis zugedacht, da Sie Schriftsteller sind. Ansonsten verlange ich S 300,--. Gestempelte Rechnungen stelle ich nicht aus. Hochachtungsvoll (Unterschrift).«
    Im Unterschied zu den vorhergehenden Kuverts war das, in dem sich dieser Brief befand, nicht mit Drachs handschriftlich ergänztem Stempel und Absender versehen, allein meine Adresse stand darauf.
    Ich nahm dies zum Zeichen, dass er weiteren Schriftverkehr nicht wünschte.

Aufgabe
    Schreiben Sie so, als könnte alles, was Sie schreiben, gegen Sie verwendet werden!

DANIEL KEHLMANN
    Autoren sind Ablehner
    Vladimir Nabokov: Deutliche Worte [1973]
    Der seltsame Vorwurf der Arroganz! Warum verletzt es viele Menschen so sehr, wenn in ihnen der Verdacht aufkommt, jemand hätte eine hohe Meinung von sich? Schriftsteller sind gemeinhin arrogant, nur verbergen es manche wirksamer als andere. Normalerweise sind sie sogar größenwahnsinnig: Denn wer, der es nicht wäre, käme auf die Idee, dass der Kanon der Weltliteratur ohne seinen eigenen Beitrag unvollständig wäre?
    Schriftsteller finden ihren eigenen Weg, ihre ureigenen Möglichkeiten und künstlerischen Ziele in der Orientierung an Büchern und der Auseinandersetzung mit Literatur. Harold Bloom hat in seiner epochalen Studie Einfluß-Angst festgestellt, dass ein Autor sich weniger durch die Annahme von Einflüssen als durch deren Ablehnung konstituiert; mit anderen Worten, es ist weniger bedeutend, was ihm gefällt, als, was er nicht leiden kann. Autoren sind Ablehner. Sie sollen und müssen es sein, und vor allem müssen sie – auf dem Weg zur eigenen künstlerischen Vision – ohne falsche Rücksichten auf das allgemein Anerkannte klarmachen, was ihnen gefällt und was nicht.
    Gibt es ein Lehrbuch für diese Art von Ehrlichkeit? Allerdings: Vladimir Nabokovs berüchtigten Interviewband Deutliche Worte .
    Es sind nicht Interviews im landläufigen Sinn. Nabokov, überzeugt, dass die Aufgabe eines Schriftstellers das Schreiben und nicht das Sprechen sei und dass keine mündliche Formulierung dem Standard seines geschriebenen Werkes standhalten könnte, bestand darauf, alle Fragen schriftlich vorgelegt zu bekommen und las seine Antworten – sogar im Fernsehen – von Karteikarten ab. Das Buch, in dem er die so entstandenen Texte versammelte, ist somit der einzigartige Fall eines wirklich literarischen Gesprächsbandes, in dem die Spontaneität der gesprochenen Rede überhöht ist und aufgehoben im vor Pointen funkelnden Scheinparlando eines an jeder Formulierung feilenden Stilisten.
    Allerdings, Deutliche Worte strotzt vor Idiosynkrasien. Aber warum sollte man sich darüber ärgern? Ja, Nabokov mag Dostojewski nicht,

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