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Erste Male

Erste Male

Titel: Erste Male Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McCafferty
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kein Problem, Jess.« Sofort fing sie an, auf den nächstgelegenen Computer einzutippen.
    »Äh, müssen Sie gar nicht wissen, wieso?«, fragte ich, etwas enttäuscht. Ich hatte mir alles so gut ausgedacht.
    Sie lächelte einfach weiter. »Von dir doch nicht.«
    Obwohl es also nicht nötig war, breitete ich trotzdem meine ganze Story aus. Ihre einzige Reaktion: »Dieser Scotty Glazer ist wirklich ein netter Junge, was?«
    Sie schrieb drei Zahlen auf einen Zettel und reichte ihn mir. (Zum Nachschlagen für spätere Notfälle: linksrum 45, rechtsrum 17, linksrum 5.) Ohne den Blick vom Papier zu heben, drehte ich mich um und krachte voll gegen … Marcus Flutie! Er war gerade von der Bank hinter mir aufgestanden. Und war die ganze Zeit dabei gewesen. Schon wieder.
    »Ist das nicht Jess Darling?«, machte Marcus näselnd Mrs Newman nach. Bei ihm klang es allerdings eher nach einerondulierten Südstaatenhausfrau, die einen Pudel im Strickpullover bewundert: Ain’t you just darlin’!
    Mrs Newmans Lächeln verschwand. Marcus ignorierte sie.
    »Ich weiß, wo dein Spind steht, Miss Darlin’«, säuselte er, und das stimmte wirklich, weil seiner bloß fünf oder sechs Spinde weiter stand. Er wusste, dass ich gelogen hatte, und wedelte tadelnd mit dem Zeigefinger. Ich erstarrte.
    »Lass sie in Frieden. Hast du nicht genug eigene Probleme?«
    Während Mrs Newman ihm einen Vortrag hielt, strich Marcus mir das Haar hinters Ohr, beugte sich herab und flüsterte, »Ich verpfeife dich nicht, Cuz.«
    Er roch süß und nach Holz, so wie Zedernspäne. Ich spürte seine Hand an meinem Hals, seinen Atem an meiner Wange. Plötzlich wurde mein Gesicht rot und meine Knie weich.
    Ich stolperte nach draußen. Dort fand ich mich plötzlich Aug in Auge mit dem letzten Menschen, dem ich in einer solchen Situation begegnen wollte: Sara. Oh, wie gern würde sie allen von Marcus und mir erzählen. Nicht dass es überhaupt ein Marcus und ich gab. Aber selbst dieses beinahe nicht existente bisschen wäre mehr, als die Pineville High verkraften könnte. Und genau deshalb war die folgende Szene so schrecklich:
    Ich: [Versuche, ganz cool zu klingen.] Ach, hallo, Brummer. Wie geht’s?
    Sara: Mir geht’s gut. Die Frage ist, wie geht es dir? Alles in Ordnung? Ohmeingott! Du bist ja feuerrot. Und du schwitzt. Und schnappst nach Luft.
    [Sie schöpft schwer Verdacht und sucht nach verräterischen Hinweisen.]
    Ich: Aber nein. Mir geht es bestens. Ich bin bloß hierhergerannt, um … äh … was zu holen. Deshalb bin ich ein bisschen … äh … außer Atem.
    Sara: Die Profiläuferin schnappt nach Luft, weil sie zum Sekretariat getrabt ist?
    [Sara schüttelt den Kopf und schürzt die Lippen. Sie kommt mir auf die Schliche.]
    Ich: Ähm … ich … äh …
    [Marcus kommt aus dem Sekretariat geschlendert und stellt sich zwischen Sara und mich.]
    Marcus: Na, dann lasst mal hören, wie ihr Dreck schleudert.
    Ich: Ähm … ich …
    [Marcus verschränkt die Arme und verdeckt so die fünf lächelnden Gesichter der Backstreet Boys, die unter dem silbern glitzernden BSB-Logo auf seine Brust gedruckt sind. Wenn er dieses Teenie-Band-T-Shirt trägt, was er ziemlich oft tut, riskiert er natürlich Spott und Hohn. Den meisten Leuten entgeht die Ironie. Mir nicht. In einer Welt, in der Marilyn Manson keinen Menschen mehr schockieren kann, weiß Marcus genau, dass ein Backstreet-Boys-T-Shirt zum Subversivsten gehört, was ein Typ mit dem Spitznamen »Krispy Kreme« tragen kann. Er findet es witzig. Und das ist es auch.]
    Sara: [Wirft Marcus einen vernichtenden Blick zu.] Ohmeingott! Hör auf, uns zu belästigen.
    Marcus: [Sieht mich an.] Ich belästige dich doch nicht, oder?
    [Der Baumwollstoff ist dünn. Das tintenschwarze Band aus chinesischen Schriftzeichen, das um seinen Bizeps tätowiert ist, schimmert durch, verlangt nach Übersetzung, will verstanden werden.]
    Ich: Äh …
    [Marcus geht lachend davon.]
    Sara: Ohmeingott! Was war das denn für eine Nummer?
    Ich: Dieser Freak? Ich habe auch keine Ahnung. Ist bestimmt high.
    Glücklicherweise bläst Sara ihre eigene Rolle ein bisschen auf, als sie diese seltsame Begebenheit – dieses gänzlich isolierte und grundlose Geschehen – all unseren Bekannten berichtet.
    »Könnt ihr euch vorstellen, dass Zitat Krispy Kreme Zitat Ende auf uns zugekommen ist, total high, und irgendwelchen durchgeknallten Scheiß geredet hat?«, fragt sie. »Als ob uns das interessiert.«
    Uns. Wir beiden Unschuldigen.
    Die Sache

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