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Erste Male

Erste Male

Titel: Erste Male Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McCafferty
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Durch diese hübsche Gepflogenheit wurde die Gefühlsduselei total bedeutungslos, weil keine Unterschiede gemacht wurden.
    Doch in der dritten Klasse beschloss die vorpubertäre Zickenkönigin der Pineville Elementary School, dass sich der Valentinstag auch als sadistischer Wettbewerb eignete. Nadine LaDieu erklärte, sie werde nur noch Jungen Valentinskarten schreiben. Und nicht irgendwelchen Jungen, sondern nur denen, die sie süß und/oder cool genug fand, zur Grundschulelite zu gehören. Alle Mädchen willigten ein, es genauso zu handhaben, auch ich selbst, rückgratlos, wie ich war. Und dann ließ sie alle Jungs geloben, nur den Mädchen Karten zu schreiben, die sie süß und/oder cool genug fanden.
    Ich schrieb eine an Len Levy. Damals war er noch ziemlich beliebt, da noch nicht von flächendeckender, dunkelroter Akne befallen, die sein gesellschaftliches Todesurteil bedeutete.
    Ich ging mit leeren Händen heim. Und mit gebrochenem Herzen.
    Und je älter wir wurden, desto schlimmer wurde es. An keinem anderen Tag erfreut sich die Welt so sehr daran, den Unglücklichen, die nicht regelmäßig mit einem Partner/einer Partnerin Körperflüssigkeiten und anderes austauschen, unter die Nase zu reiben, was für jämmerliche und wenig begehrenswerte Gestalten sie sind.
    Ich hatte gedacht, Scotty würde mir vielleicht ein ironisches Geschenk machen, vielleicht so eine bröselige Praline mit der Aufschrift HOT STUFF oder SWEET LIPS oder dergleichen. Hätte er mir ja einfach als Freund schenken können, nur so als kleinen Witz. Tief drinnen hätte ich jedoch gewusst, wenn er sich so viel Mühe gibt, ist es nicht bloß ein Scherz. Es kam aber nichts. Und ich kann es ihm nicht verübeln. Erst recht nicht nach meiner lauen Reaktion auf die Geburtstagsrose. Mal ganz abgesehen davon, dass die meisten Jungs am V-Tag nicht mal die Erwartungen ihrer Freundinnen erfüllen. Und ich bin ja gar nicht Scottys Freundin.
    Der einzige Mensch, der mir gegenüber romantisches Interesse an den Tag legt, ist so ein kleiner schwarzer Junge, der in Französisch vor mir sitzt. Er wiegt sogar noch weniger als ich – er ringt in der Klasse Fliegengewicht. In den letzten Wochen starrt er mich immer mit großen Augen und albernem Grinsen an und dreht sich in unregelmäßigen Abständen um und sagt Bonjour, mon amie. Heute hat er mich eine Milliarde Mal gefragt, ob ich eine Valentinskarte gekriegt hätte. Schlussfolgerung: Er steht total auf mich, so wie Pepe das Stinktier bei Bugs Bunny immer auf die Katze. Ich verstehe nicht, wie das passieren konnte, er ist nämlich einen Jahrgang unter mir und sieht noch völlig hormonfrei aus. (Na ja, ich muss gerade reden, wo mir meine Regel abhandengekommen ist.)
    Natürlich verfluchte ich mein typisches Pech. Wieso suchte sich dieser Zwerg ausgerechnet mich als Objekt seiner Schwärmerei aus? Alles, was er über mich weiß, stammt aus sehr beschränkten Frage-Antwort-Spielen auf Französisch: Je m’appelle Jessica. J’ai seize ans. J’aime courir. (Ich heiße Jessica. Ich bin sechzehn. Ich laufe gern.) Das ist also der Lohn für meinen Wunsch, eine zweite Fremdsprache zu lernen und mit den Jüngeren ein Wahlfach zu belegen.
    Als die achte Stunde anbrach, war ich wegen meines lahmen Loserdaseins deprimierter als je zuvor. Ich beschloss, mich ein wenig aufzuheitern, indem ich Paul Parlipiano beobachtete, wie er aus dem Physikunterricht kam. Er kam aus dem Physikraum geschwebt und sah perfekt aus in seinen Chinos und dem karierten Button-down-Hemd. Er lachte, und ich überlegte, was er wohl lustig finden mochte. Seine Bücher waren über und über bekritzelt, und ich wollte unbedingt alles lesen. Ich stellte mir vor, wie sich eine seiner flachsblonden Locken wohl um meinen kleinen Finger anfühlen würde. In dem Moment wollte ich eines mehr als alles andere auf der Welt – mehr als Weltfrieden, ein Heilmittel für Krebs oder sogar Hopes Rückkehr nach Pineville –, nämlich dass Paul Parlipiano mich anlächelte und sagte: Hey, Jessica. Wie läuft’s?
    Dann ging mir auf: Für Paul Parlipiano bin ich Pepe das Stinktier.
    Das war meine Valentinstag-Erleuchtung.
    FÜNFUNDZWANZIGSTER
    Ich bin ziemlich sicher, dass ich den Verstand verliere.
    Heute habe ich meine Spindkombination vergessen. Das wäre vielleicht nicht allzu seltsam, wenn wir gerade aus den Ferien zurückkämen. Aber heute ist Freitag . Ich habe meinen Spind diese Woche schon zwanzig Mal ohne Probleme geöffnet. Doch heute Morgen vor der

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