Erste Male
hat. Dort haben ihn sein Bewährungshelfer, Schuldirektor Masters und die gute alte Brandi mit der gefälschten Probe konfrontiert. Sie wussten zwar, dass sie nicht von ihm stammte, aber ohne dass er es ihnen sagte, konnten sie nicht herausfinden, von wem sie wirklich war.
»Bisher hat Marcus ihnen nicht verraten, wo er sie herhatte«, sagte Sara, die von so saftigem Klatsch total aus dem Häuschen war. »Angeblich haben sie ihm stundenlang gedroht, aber er ist nicht eingeknickt.«
»Und woher weißt du das alles?«
»Mein Vater ist mit Direktor Masters golfen gewesen.«
»Ach so.«
»Und er hat mich gefragt, ob ich vielleicht eine Ahnung hätte, wer es sein könnte, weil ich doch immer ziemlich gut informiert bin.«
Um Himmels willen.
»Ich habe ein paar von seinen Freundinnen angegeben – die, an die mich erinnern konnte«, fuhr Sara fort. »Aber von denen ist es wahrscheinlich keine.«
»Wieso nicht?«
»Weil die falsche Probe sauber war. Drogenfrei.«
»Echt?«
»Und das heißt, seine Komplizin war irgendjemand wie du …« – sie legte eine ungefähr halbstündige Pause ein – »… und ich.«
In dem Moment wusste ich, dass ich erwischt werden würde. Dass mein Leben zerstört war. Und wofür? Um allen zu beweisen, dass sie mich falsch einschätzten? Großartig. Aber noch war ich nicht so weit, alles zu gestehen. Noch nicht.
Ich nahm meine ganze Kraft zusammen, um mich normal zu verhalten und den Gesprächen zu dem Thema wie eine unbeteiligte Beobachterin zu folgen.
»Was für ein Huhn würde ihm denn dabei helfen, durch seinen Drogentest zu kommen?«, fragte Hy.
»Ein unsicheres Huhn, würde ich sagen«, sagte ich.
»Er muss ja richtig gut im Bett sein«, sagte Manda.
»Ich glaube kaum, dass er ihr Sex versprochen hat«, sagte ich.
»Burke sagt, er hat Marcus mal in der Umkleide gesehen, und er hat einen ziemlichen Monsterkolben«, sagte Bridget.
»Was?«, fragten wir vier im Chor.
»Er hat einen Riesenpenis.«
»Aha«, sagte Hy.
»Aha!«, sagte Manda.
»Aha?«, fragte Sara.
»Oho«, sagte ich.
Es war unglaublich anstrengend.
Und nicht nur der Club der Ahnungslosen quatscht darüber. Jeder hat eine Theorie, was Marcus der heimlichen Spenderin wohl versprochen haben könnte – Drogen, ein Date, was weiß ich. Ich widersprach natürlich nicht. Ich sagte niemandem, so platt würde er sich nicht benehmen. Und dass er einfach gefragt hat, auf diese Art, die nur Marcus draufhat. Mit der Hand auf ihrem Knie. Und dass er versprochen hat, sich zu revanchieren. Und gegrinst.
NEUNTER
Heute habe ich die nervenaufreibendsten fünf Minuten meines Lebens überstanden.
Ich hatte mich längst dran gewöhnt, gegenüber den Ahnungslosen und allen anderen unschuldig zu tun. Fiel mir so leicht wie das Atmen.
Dann wurde ich aus dem Unterricht gerufen.
»Könnten Sie Jess Darling wohl sofort ins Büro des Direktors schicken?«, bat die rauschende, körperlose Stimme von Mrs Newman aus dem Lautsprecher.
Die ganze Klasse sah mich verwundert an. Ich zuckte demonstrativ die Achseln und setzte eine Was soll das denn? -Miene auf.
Auf dem Weg zum Büro hatte ich die ganze Zeit Marcus’ Stimme im Ohr: Ich werde dich nicht verpfeifen. Ich werde dich nicht verpfeifen. Ich werde dich nicht verpfeifen.
Direktor Masters erwartete mich bereits im Büro. Er begrüßte mich lächelnd mit den Worten »Tut mir sehr leid, dich aus dem Unterricht holen zu müssen«. Aber ich kannte genug Verhörszenen aus dem Fernsehen, um zu wissen, dassseine freundliche Miene auch ein raffinierter Schachzug sein konnte.
»Du hast sicherlich von dem Vorfall mit Marcus Flutie gehört, stimmt’s?«, fragte der Direktor, als ich mich gesetzt hatte.
»Ja.«
So ist es richtig. Die Antworten einfach halten. Keine weitschweifigen Erklärungen.
»Schwester Payne hat angegeben, dass du am betreffenden Nachmittag im Erholungsraum warst.«
»Ja.«
Gut. Einfach. Gut.
»Was hast du da gemacht?«
»Ach, ich hatte … äh … Frauenprobleme …«
»Ah!«, rief er peinlich berührt. »Tut mir leid.«
Er rutschte auf seinem quietschenden Ledersessel hin und her und strich sich über den buschigen grauen Vollbart. Sein ausladender Bauch dehnte den billigen braunen Kunstfaser-Anzug.
Mein Leben wird gleich von einem dicken Mann in einem billigen braunen Kunstfaser-Anzug zerstört.
»Ich habe dich aus folgendem Grund hergebeten: Du warst zu dem Zeitpunkt, als Marcus zu dem Test aufgefordert wurde, der einzige Mensch im
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