Erstens kommt es anders ... (German Edition)
sein Blick sie förmlich aus, verharrte auf ihren Lippen, dem Dekolleté, den langen Beinen und winzigen Füßen. Mit zur Seite geneigtem Kopf legte er nachdenklich seinen Zeigefinger ans Kinn, lächelte sanft und die Musterung begann von Neuem.
Seine Konkurrentin war nicht übel. Sogar den anzüglichsten Blicken hielt sie stand, ohne mit einer Wimper zu zucken. Doch die Luft drohte in zunehmendem Maße, in einem Akt spontaner Selbstentzündung in Brand zu geraten.
Als Diana eines Tages kam, um mit Stevie etwas wegen der Stiftung zu besprechen, hielt sie ganze fünf Minuten durch. Dann war sie krebsrot im Gesicht und fächelte sich hektisch mit der Hand Luft zu.
Selbstverständlich sagte sie nichts, doch bevor sie ging, wandte sie sich an der Tür noch einmal um und zeigte beiden einen Vogel. Was von Michael ebenso entschieden ignoriert wurde, wie von Stevie.
Auf diese Weise vergingen die Wochen, und Michael fragte sich zunehmend, was genau Stevie erreichen wollte. Dass er irgendwann die Beherrschung verlor und sich, wie ein Neandertaler auf sie stürzte? Dass er aufgab und sie bat, dieses verdammte Spiel endlich zu lassen? Dass er sie anbettelte, dieses verfluchte Kleid auszuziehen? Oder entsprach dies einfach nur einer neuen Form der Unterhaltung, die Stevie soeben für sich entdeckt hatte? Denn es bereitete ihr unübersehbaren Spaß, so viel war ihm nicht entgangen. Es machte ihr Freude, schön für ihn zu sein, auch wenn ihre Beweggründe sicher nicht die üblichen waren. Spürbar lebte sie auf, und jetzt kam auch die Seite in ihr zum Vorschein, die er bisher verloren geglaubt hatte:
Die Frau.
Aber er bemerkte durchaus, dass seine Blicke nicht spurlos an ihr vorübergingen. So gut hatte nicht einmal Stephanie Grace sich im Griff. Ehrlich gesagt hätte er sich auch erschossen, wäre seine Vorstellung erfolglos geblieben.
Ihr Begehren beruhte durchaus auf Gegenseitigkeit. Ein langer Schuss, ja. Michael hätte jedoch geschworen, dass sie sich ebenso sehr nach ihm sehnte, wie er nach ihr. Also was führte sie im Schilde?
Sicher, er hätte sie einfach fragen können, damit aber vermutlich das Ende dieses heißen Spiels eingeläutet. Und das musste er auf jeden Fall vermeiden. Denn egal, wie angestrengt er täglich schlucken, wie oft er die Fäuste ballen und sich davon abhalten musste, das zu tun, was sie doch beide so augenscheinlich wollten. Wie oft er die Augen schließen, tief durchatmen und sich beherrschen musste. Dies stellten mit Abstand die interessantesten Wochen seines Lebens dar.
Und das Ziel stand fest.
Ob Stevie das bereits erkannt hatte, wusste er nicht, doch was sie hier betrieben, würde zwangsläufig irgendwann dort landen, wo Michael Stevie seit knappen anderthalb Jahren haben wollte.
In seinem Bett, auf der Couch, dem Schreibtisch oder dem hochflorigen Büroteppich. Es war nur noch eine Frage der Zeit und so lange würde er durchhalten.
Ganz gleich, wie viel es ihn kostete.
Er würde nicht klein beigeben!
Und dann platzte in ihren visuellen Kleinkrieg, der eigentlich ganz Portland hätte in Brand setzen müssen, völlig unerwartet ein neuer großer Fall.
* * *
nzwischen hatte Stevie die Situation im Allgemeinen und sich im Besonderen wieder hervorragend im Griff. Außerdem fühlte sie sich zum ersten Mal seit Jahren wirklich gut. Besser als das: fantastisch!
Nachdem Michael ihre Bitte auf der Bank ausgeschlagen hatte, war das vorübergehende Tief hart ausgefallen. Besonders, weil es sie unvorstellbare Überwindung gekostet hatte, überhaupt zu Kreuze zu kriechen. Und schon allein, weil er sie zu einer derartigen Erniedrigung getrieben hatte, hasste sie diesen Mann und genoss ihre Rache mit wachsender Begeisterung. Die Krise hatte Stevie mittlerweile erfolgreich überwunden und konnte sich ruhigen Gewissens bescheinigen, genau richtig reagiert zu haben.
Plötzlich fühlte sie sich lebendig! Zum ersten Mal seit unendlicher Zeit schien sie eine Perspektive zu haben. Nicht zu vergessen, Geld, in ausreichender Menge, mit der Möglichkeit, sich zu kaufen, was ihr in den Sinn kam. Sicher, als reich konnte sie sich nicht bezeichnen, doch dies war längst nicht mehr ihr Ziel. In den vergangenen Jahren hatten sich ihre Ansprüche dramatisch verändert. Nichts von dem, was in der Zwischenzeit in ihrem Leben von Bedeutung war, erinnerte an Stephanie Vanessa Grace, Tochter des berühmten Architekten James Grace. Ihr derzeitiges Einkommen genügte vollständig, um sich alles zu ermöglichen,
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