Erstens kommt es anders ... (German Edition)

geringste Absicht, ihren Job bei dir aufzugeben. Keine Ahnung, warum, obwohl ich da ja so einen Verdacht habe.«
    »Und der wäre?«
    »Finde es selbst heraus!«
    Oh, er hasste es, wenn sie sich so aufführte!
    In den folgenden Tagen begab Michael sich auf die Suche nach den Wurzeln Stephanie Grace‘. Dass sein Vater dies längst getan hatte, ahnte er und ärgerte sich im Stillen darüber, nicht schon früher auf die Idee gekommen zu sein.
    Es dauerte nicht lange, bis er ihr ehemaliges Haus gefunden hatte. Hierbei handelte es sich um einen sehr ehrwürdigen, bereits älteren Bau, der sich über drei Etagen erstreckte. Die Ausmaße umfassten in etwa die seines Elternhauses, vermutlich sogar etwas mehr. Demnach waren die Graces einst alles andere als arm gewesen. Das Haus stand leer. Kein Auto parkte davor, keine Gardinen zierten die Fenster. Zwar gab es kein Zu verkaufen Schild, doch das wäre bei Häusern dieser Preisklasse auch unüblich gewesen.
    Zurück im Hotel recherchierte er und fand bald heraus, dass dieses Anwesen seit dem Auszug der Grace-Familie nicht wieder veräußert worden war. Anschließend telefonierte Michael ein wenig umher. Je länger er sich mit der ihm eigenen Zähigkeit durchfragte und mit den verschiedensten Personen plauderte, desto verworrener wurde die gesamte Geschichte.
    James Grace – Stevies Dad – hatte zu Lebzeiten den Ruf, ein außergewöhnlich erfolgreicher und gewiefter Geschäftsmann zu sein. Innerhalb weniger Jahre hatte er mit einem relativ geringen Startkapital ein beachtliches Vermögen gebildet. Architektur schien seine Passion gewesen zu sein, seine Bauten verteilten sich über den halben Erdball. Die Auftragsbücher liefen bis zu seinem Tod über, er konnte sich die Projekte aussuchen, die er betreuen wollte. James Grace genoss weit über die Stadtgrenzen hinaus ein sehr hohes Ansehen, hatte zehn Architekten in seinem Büro beschäftigt und sein Geld intelligent und weitsichtig angelegt. Eigentlich hätte er Bankrott nie stattfinden dürfen.
    Dennoch war die Pleite gekommen und das in derart beängstigender Geschwindigkeit, dass Michael keine Erklärung dafür fand, wie das überhaupt vonstattengegangen sein sollte. Langsam keimte in ihm der Verdacht, dass hier eine ganz hinterhältige Geschichte abgelaufen war.
    Im Ergebnis seiner Nachforschungen blieb er nicht bis zum Ende der zweiten Woche in Florida, stattdessen packte er am Mittwoch seine Koffer. Allerdings verließ Michael Miami nicht, bevor er beim zuständigen Makler eine Option auf das Haus gelegt hatte.
    Diesmal nahm er das Flugzeug.
    Sein Ziel war nicht Portland, sondern Castle Rock / Washington.
    Kaum im Four-Seasons eingemietet, telefonierte er bereits wieder.
    Nein, seinen Schwur an Stevie hatte Michael damals keineswegs vergessen oder ihm nicht die erforderliche Ernsthaftigkeit beigemessen. Deshalb wollte er sich nach jenem Treffen auf der Bank mit allen Mitteln zwingen, diesmal sein Versprechen zu wahren. Er gehörte nicht zu jenen Menschen, für die so etwas nur leere Worte bedeuteten. Doch ihm war nicht entgangen, wie die Schatten unter ihren Augen immer dunkler wurden und daher war ihm irgendwann keine andere Wahl geblieben, als wortbrüchig zu werden. Und da sie sich so standhaft weigerte, seine Hilfe zu akzeptieren, hatte Michael Monate zuvor zunächst Ähnliches getan. Er telefonierte. Es dauerte gar nicht lange, bis er die Adresse des behandelnden Arztes von Mrs. Grace ermittelt hatte.
    Dr. Fisher schien ein recht patenter Mann. Jedenfalls, nachdem ihm Michael einen Scheck ausgestellt hatte und ihn bat, alles in seiner Macht Stehende für Vanessa Grace baldige Genesung in die Wege zu leiten. Ohne, dass deren sture Tochter Wind davon bekam, dass ein heimlicher Gönner dafür zahlte, natürlich.
    Dem Doktor war es tatsächlich gelungen, die Dame pro forma in ein Sozialprogramm zu schleusen, das eigentlich nur für jugendliche Drogensüchtige vorgesehen war. Dass es sich bei dem Verantwortlichen für das Programm zufällig um seinen Schwager handelte, erwies sich hierbei als durchaus hilfreich.
    Kurzerhand wurde die engagierte Krankenpflegerin zu einer Angestellten der Sozialfürsorge. Die beschäftigten zwar auch Kräfte, allerdings waren dies zumeist ehrenamtliche Mitarbeiter, die über gar keine medizinische Ausbildung verfügten. Mit anderen Worten: Michael lehnte deren Einsatz wegen totaler Unfähigkeit strikt ab.
    Mit ein wenig Finesse in Form von Dollarnoten und einem Experten in Sachen