Erwachende Leidenschaft
ich denn immer diejenige sein, die nachgibt?«
Gott, sie klang so hilflos. »Nein, ganz bestimmt nicht.«
Ihr undamenhaftes Schnauben sagte ihm, daß sie ihm nicht glaubte. »Die Ehe basiert auf Geben und Nehmen«, behauptete er.
»Ach, eine Frau übernimmt das Geben, während der Mann sich ums Nehmen kümmert?«
Er gab ihr darauf keine Antwort. Statt dessen rollte er sich auf die Seite und zog sie an sich. Ihre Schultern ruhten an seiner Brust, und ihr Po drückte sich gegen seine Lenden. Ihre weichen, glatten Schenkel lagen über seinen, und er liebte das Gefühl ihres Körpers so dicht an seinem. Er legte einen Arm über ihre Hüfte, legte sein Kinn auf ihren Scheitel und schloß die Augen.
Lange Minuten verstrichen schweigend. Er glaubte, sie sei bereits eingeschlafen, und glitt selbst schon langsam weg, als sie flüsterte: »Ich mag das Wort gehorchen nicht, Colin.«
»Soviel hab’ ich begriffen«, erwiderte er trocken.
»Eine Prinzessin sollte wirklich niemandem gehorchen müssen.«
Das war ein ziemlich unverfrorenes Argument. »Aber du bist jetzt meine Prinzessin«, rief er ihr in Erinnerung. »Und deswegen wirst du tun, was ich für dich für das Beste halte.« Er machte eine Pause und setzte dann hinzu: »Wir werden uns beide wohl für eine Weile der Tradition beugen müssen. Keiner von uns hat Erfahrung mit der Ehe. Ich bin kein Monster, aber Tatsache ist, daß du versprochen hast, mir zu gehorchen. Ich kann mich ziemlich genau an deine Zustimmung erinnern, was diesen Teil der Zeremonie betrifft.«
»Ich wünschte, du würdest vernünftig mit mir reden.«
»Ich bin immer vernünftig.«
»Colin?«
»Ja?«
»Schlaf jetzt endlich.«
Er ließ ihr das letzte Wort. Er wartete eine lange Zeit, bis er sicher sein konnte, daß sie eingeschlafen war, dann kletterte er aus dem Bett und ging in sein eigenes Zimmer zurück.
Sie spürte, als er ging, und hätte ihn fast zurückgerufen, aber ihr Stolz hinderte sie daran. Tränen schossen in ihre Augen, denn er hatte sie gewissermaßen zurückgewiesen, weil er offenbar nicht den Rest der Nacht mit ihr verbringen wollte. Eigentlich war es Unsinn, so zu reagieren, hatte er sie doch eben noch höchst leidenschaftlich geliebt. Doch sie war zu müde, um noch weiter darüber nachzudenken, und sank schließlich in Schlaf.
Eine Stunde später wurde Alesandra durch ein kratzendes Geräusch geweckt, daß aus Colins Schlafzimmer drang. Sie stieg aus dem Bett, um nachzusehen. Sie hatte allerdings nicht die Absicht, ihn zu stören, und kümmerte sich deswegen auch nicht darum, Schuhe und Hausmantel anzuziehen.
Als sie die Tür lautlos ein Stückchen aufzog, um durch den Spalt zu sehen, hörte sie einen unterdrückten Fluch. Colin stand vor dem Kamin und hatte den Hocker zu sich herangezogen. Sie beobachtete, wie er sein Bein auf das Polster legte, sich bückte und begann, sein verwundetes Bein mit beiden Händen zu massieren.
Er konnte nicht wissen, daß sie ihm zusah, denn sein Gesichtsausdruck zeigte unverhüllt die Schmerzen, die er hatte. Sie mußte sich zusammenreißen, um nicht sofort hineinzustürmen, und ihm ihre Hilfe anzubieten, denn hier ging es um seinen Stolz, und er würde wütend werden, wenn er erfuhr, daß sie ihn heimlich beobachtete.
Das Reiben der Muskeln linderte seine Schmerzen aber nicht. Colin richtete sich auf und begann, vor dem Kamin hin und her zu laufen, um die Verkrampfung in dem von seiner linken Wade übriggebliebenen Rest zu lösen. Sobald er sein volles Gewicht auf das verwundete Bein verlagerte, schossen Wellen des Schmerzes bis hinauf in seine Brust. Er hatte das Gefühl, als hätte ein Blitz jeden Nerv seines Körpers getroffen, und fast hätte es ihn umgeworfen. Er weigerte sich jedoch, sich seinem Schmerz hinzugeben. Mit zusammengepreßten Kiefern und nach einem tiefen Atemzug lief er weiter hin und her. Er wußte aus Erfahrung, daß der Krampf in der Wade schließlich vergehen würde. In manchen Nächten funktionierte es schon nach einer Stunde. In anderen dauerte es viel, viel länger.
Colin ging auf die Verbindungstür zu Alesandras Zimmer zu. Er griff schon nach dem Türknauf, als er innehielt.
Er wollte gerne nach ihr sehen, aber sie bestimmt nicht wecken. Sie hatte einen sehr leichten Schlaf, wie er erfahren hatte, als er krank gewesen.
Alesandra brauchte ihre Ruhe. Er drehte sich um und nahm seine Wanderung wieder auf. Plötzlich fielen ihm Bruchstücke der Unterhaltung ein, die sie vorhin geführt hatten. Er konnte
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