Erwachende Leidenschaft
zufällig«, gab Nathan zu bedenken.
»Es gibt immer ein Motiv«, behauptete Colin.
»Vielleicht bei der ersten«, stimmte Nathan zu.
Alesandra konnte der Unterhaltung nicht ganz folgen. »Wieso denn ein Motiv bei der ersten, bei der nächsten aber nicht mehr?«
Nathan warf Colin einen kurzen Blick zu, bevor er etwas sagte. Colin nickte. »Vermutlich gab es einen erklärbaren Grund für den ersten Mord«, sagte Nathan. »Und dann hat er Geschmack am Töten gefunden.«
»Es gibt solche Menschen«, sagte Colin.
»Lieber Gott.« Jade schauderte sichtbar zusammen. Caine erhob sich sofort und ging zu seiner Frau hinüber. Er zog sie vom Stuhl, setzte sich hin und nahm sie auf seinen Schoß. Jade lehnte sich gegen ihn.
»Wollen Sie damit sagen, daß er gerne tötet?« fragte Alesandra.
»Möglich«, gab Nathan zurück.
Wieder verspürte Alesandra das flaue Gefühl im Magen. Sie schob sich dichter an ihren Mann heran, um mehr von seiner Wärme zu spüren. Sie fühlte sich in seiner Näher sicher … und getröstet. Und das mußte so sein, wenn man liebte, sagte sie sich.
»Wir werden uns eine Menge Informationen besorgen müssen«, kündigte Caine an.
»Ich wollte ja mit Victorias Bruder sprechen, aber er war nicht besonders hilfreich«, gab Alesandra zu.
»Das wird er aber sein, wenn ich mit ihm rede«, knurrte Colin.
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß er dir mehr erzählt«, antwortete Alesandra. »Du hast ihn auf die Straße geworfen, als du ihn das letztemal gesprochen hast.«
»Wie wär’s, wenn wir Sir Richards um Hilfe bitten?« schlug Caine vor.
Alesandra schloß die Augen und lauschte der Unterhaltung. Colin streichelte abwesend ihren Arm, und seine Liebkosung war wunderbar beruhigend. Die Stimmen der Männer waren leise, und während sie ihre Vorgehensweise diskutierten, dachte sie darüber nach, wie schön es war, daß ihr Mann sich endlich dafür interessierte. Er würde bestimmt herausfinden, was Victoria zugestoßen war … und warum. Sie hatte überhaupt keine Zweifel an seinen Fähigkeiten, den Schuldigen zu finden – sie war einfach überzeugt, daß sie mit dem klügsten Mann Englands verheiratet war. Wahrscheinlich auch mit dem dickköpfigsten, aber diese Charakterschwäche würde sich jetzt als sehr praktisch erweisen. Er würde nicht eher nachgeben, bis sich die Angelegenheit aufgeklärt hatte.
»Was zum Teufel sollen wir tun?« fragte Caine gerade.
Alesandra sah in ihre Liste, bevor sie ihm antwortete. »Ihr könnt herausfinden, wer von Victorias Tod profitierte. Colin, bring du in Erfahrung, ob irgendwelche Policen ausgestellt worden sind. Dreyson hilft dir sicher gerne.«
Alle drei Männer lächelten plötzlich. »Ich dachte, du schläfst«, bemerkte Colin.
Sie ignorierte seinen Kommentar. »Ihr solltet aber auch andere Motive in Betracht ziehen … die allgemeinen«, fuhr sie fort. »Eifersucht und Zurückweisung wären schon zwei. Neil erwähnte, daß seine Schwester ein paar Bewerber abgewiesen hat. Vielleicht war einer dabei, der kein Nein akzeptierte.«
Jade stellte bewundernd fest, daß Alesandra wirklich einen scharfen Verstand besaß. So wie Colin grinste, nahm sie an, auch er hatte das längst begriffen. Caine und Nathan dagegen schienen es noch nicht erkannt zu haben.
»Ja, sicher werden wir jedem möglichen Motiv nachgehen«, sagte Caine. »Ich wünschte nur, wir hätten ein oder zwei Hinweise.«
»Oh, aber die habt ihr doch«, antwortete Alesandra. »Die Tatsache, daß drei Frauen eurer Familie Geschenke bekommen haben, ist doch Hinweis genug, daß einer von euch Männern oder uns Frauen diesem Mann irgend etwas angetan haben muß.«
Colin nickte. »Die Idee ist mir auch gerade gekommen. Er wird unvorsichtig.«
»Oder frecher«, warf Nathan ein.
»Vergeßt ihr nicht alle eine wichtige Sache?« fragte Jade.
»Und die wäre?« wandte sich Caine an seine Frau.
»Es gibt keine Leichen. Wir könnten uns wirklich fürchterlich irren.«
»Glaubst du das denn?« fragte Alesandra.
Jade dachte eine volle Minute darüber nach und flüsterte dann: »Nein.«
Dann ergriff Colin die Initiative. Er erteilte jedem, außer Alesandra, Aufträge. Er bat Jade, mit so vielen Frauen der Gesellschaft wie möglich zu plaudern, um herauszufinden, ob noch andere Geschenke erhalten hatten, warnte sie jedoch, etwas davon zu erwähnen, daß sie, Catherine und Alesandra, Empfänger dieser Zuwendungen waren. Schließlich gab es genug dumme Frauen, die glauben könnten, es handele sich
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