Erwachende Leidenschaft
zurückzulassen, und nun sagt er mir, ich solle bei ihm bleiben.«
»Das ist in der Tat widersprüchlich«, warf Caine ein.
Colin beugte sich vor, stützte die Ellenbogen auf seine Knie und starrte seinen Vater an. »Ich halte es für keine gute Idee, daß sie jetzt umzieht. Da war immerhin dieser Vorfall vor der Oper.«
Alesandra unterbrach ihn, indem sie ihn in die Seite stieß. Er wandte den Kopf, um sie anzusehen. »Du solltest darauf nicht näher eingehen«, flüsterte sie. »Du beunruhigst ihn nur unnötig.«
»Er muß auch beunruhigt sein«, sagte Colin. »Wenn er die Verantwortung für dich wieder übernehmen will, muß er wissen, mit wem und was er es zu tun hat.«
Colin ließ ihr keine Zeit, mit ihm zu streiten, sondern wandte sich wieder an seinen Vater. Er berichtete kurz, was geschehen war, fügte ein paar sachdienliche Details hinzu, die er von Sir Richards erfahren hatte, und schloß mit der Bemerkung, daß die Bedrohung erst ein Ende haben würde, wenn Alesandra verheiratet war.
»Oder bis der General seinen Kampf um den Thron entweder gewonnen oder verloren hat«, warf Caine ein.
»Teufel, das kann durchaus ein Jahr dauern«, sagte Colin mit einem Stirnrunzeln.
»Vielleicht«, stimmte sein Bruder zu. Er wandte sich seinem Vater zu und meinte: »Ich denke, Colin hat recht. Alesandra sollte bei ihm bleiben. Er hat mehr Erfahrung in solchen Dingen, und für Mutter und dich wäre es weniger gefährlich.«
»Unsinn«, entgegnete der Duke. »Ich kenne mich zufällig ein bißchen damit aus, meine Familie zu beschützen. Ich kann durchaus mit Gefahren umgehen, die mir begegnen. Der Klatsch dagegen ist etwas, gegen das wir etwas tun müssen. Nun, da eure Mutter und ich wieder wohlauf sind, wird Alesandra wieder zu uns kommen. Es schickt sich nicht, wenn ein lediger Mann und eine Frau zusammenleben.«
»Letzte Woche war es aber nicht anders«, rief Caine seinem Vater in Erinnerung.
»Ja, weil du krank warst«, antwortete sein Vater. »Das verstehen die Leute bestimmt.«
Colin konnte es nicht glauben. Er hatte keine Ahnung, was er zu der naiven Einschätzung der Lage durch seinen Vater sagen sollte. Er sah seinen Bruder hilfesuchend an und stellte fest, daß dieser genauso erstaunt dreinblickte.
»Sind schon irgendwelche Gerüchte im Umlauf?« fragte der Duke seinen Sohn jetzt besorgt.
Caine schüttelte den Kopf. Colin versuchte, Geduld zu bewahren. »Vater, Klatsch ist nicht das, was zählt«, begann er. »Du kannst nicht das Risiko, das du auf dich nimmst, mit Gerüchten gleichsetzen. Natürlich reden die Leute. Aber Alesandra und mich kümmert das nicht.« – »Mein Entschluß ist gefaßt, und du wirst mich nicht zu etwas anderem überreden«, sagte sein Vater bestimmt. »Du beleidigst mich, wenn du andeutest, ich könnte nicht auf mein Mündel aufpassen. Ich habe mich viele lange Jahre lang um meine Frau und sechs Kinder gekümmert, und ich denke nicht daran, mir diese Aufgabe aus den Händen nehmen zu lassen.«
»Aber es hat auch noch niemand versucht, Mutter zu entführen«, bemerkte Caine.
»Es reicht jetzt«, befahl der Duke. »Das Thema ist beendet.« Mit sanfterer Stimme fuhr er fort: »Eure Mutter hatte recht, wenn sie meinte, Alesandra sollte so bald wie möglich verheiratet werden. Das würde diesem Theater schnell ein Ende machen.«
Colin warf Caine einen Blick zu. »Sie hat diese verdammte Liste dabei.«
»Ich habe ihr diese Liste gegeben, mein Sohn«
Colin war einen Moment sprachlos.
»Eine Liste wovon?« fragte Caine.
»Mußt du ihm das erklären?« flüsterte Alesandra. Ihre Wangen leuchteten rosig vor Verlegenheit. »Er ist ja schon verheiratet.«
»Das weiß ich«, antwortete Colin grinsend.
Caine tat, als hätte er Alesandras Protest nicht gehört. »Was für eine Liste?« fragte er wieder.
»Von Männern«, antwortete Colin. »Sie und Vater haben eine Liste der passenden Heiratskandidaten aufgestellt.«
Caine zeigte äußerlich keine Reaktion. Er schloß aus Alesandras Miene, wie peinlich ihr die ganze Unterhaltung war, und beschloß, sie etwas aufzumuntern. »Das hört sich doch vernünftig an«, verkündete er.
»Vernünftig? Das ist barbarisch!« sagte Colin.
Caine konnte sein Grinsen nicht unterdrücken.
»Das ist nicht lustig«, fauchte sein Bruder ihn an.
»Stimmt«, bestätigte Caine. »Das ist nicht lustig.«
»Es ist sogar sehr ernst«, unterbrach Alesandra die beiden mit einem Nicken.
Caine setzte sich etwas gerader hin. »Also ist der Zweck dieses
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