Erwachende Leidenschaft
Treffens, einen Ehemann für sie zu finden? Habe ich das jetzt richtig verstanden?«
»Ja«, antwortete Alesandra. »Ich wollte die potentiellen Ehemänner letzte Woche befragen, aber dann wurde Colin krank, und ich war damit beschäftigt, ihn zu pflegen.«
»Sie haben ihn gepflegt?« fragte Caine lächelnd.
Sie nickte. »Tag und Nacht«, antwortete sie. »Er brauchte mich.«
Colin war entnervt. »Ich brauchte dich nicht!«
Sie lehnte sich im Sofa zurück und bemerkte leise: »Du bist ein absolut undankbarer Mensch.«
Colin ignorierte den Tadel. Er nickte Caine zu. »Das erinnert mich an etwas«, sagte er. »Ich wollte dir noch für deine Hilfe danken. Die Bücher haben seit über einem Jahr nicht mehr so ordentlich ausgesehen.«
»Welche Bücher?«
»Die Reedereibücher«, erklärte Colin. »Ich weiß deine Hilfe wirklich zu schätzen.«
Caine schüttelte den Kopf. Alesandra stieß Colin erneut an. »Können wir jetzt nicht auf das eigentliche Thema zurückkommen? Ich würde gerne die Sache so schnell wie möglich hinter mich bringen.«
»Ich habe deine Bücher nicht angerührt«, sagte Caine zu seinem Bruder.
»Aber wer hat dann …?«
Eine lange Weile sagte keiner ein Wort. Alesandra strich eifrig ihre Falten im Kleid glatt. Colin wandte seinen Kopf langsam zu ihr.
»Hast du Dreyson oder jemand anderen angeheuert, die Bücher zu führen?«
»Natürlich nicht. Deine Bücher sind privat. Ich würde keinen Außenstehenden hineinsehen lassen. Außerdem wurde niemand eingelassen, während du krank warst.«
»Wer zum Teufel hat die ganze Arbeit dann gemacht?«
»Na, ich.«
Er schüttelte den Kopf. »Spar dir die Witze, Alesandra. Mir steht jetzt nicht der Sinn danach.«
»Ich mache keine Witze. Ich habe die Arbeit erledigt. Außerdem habe ich deine Akten sortiert und abgelegt.«
»Wer hat dir dabei geholfen?«
Langsam war sie ernsthaft beleidigt. »Niemand. Ich kann sehr gut mit Zahlen umgehen. Du kannst ja der Mutter Oberin schreiben, wenn du mir nicht glaubst. Ich habe einmal einen zweiten Satz Bücher für sie angelegt, damit der Mann von der Bank ihr … Ach, du lieber Himmel, das hätte ich wohl besser nicht erwähnen sollen. Die Mutter Oberin bezeichnete es als Sünde, aber ich kann es nicht so sehen. Es war auch kein Diebstahl. Ich habe nur ein paar Zahlen verändert, damit sie ihre Anleihe bekam.«
Colins Miene drückte blankes Erstaunen aus. Sie nahm an, daß er sie verurteilte, und gab es auf, ihre damaligen Gründe zu erklären. Sie holte tief Atem. »Was deine Bücher angeht«, setzte sie an, »so braucht man keine Extrabefähigung, um Zahlen zu übertragen und die Spalten zusammenzurechnen. Es war nicht schwer, nur langwierig.«
»Und die Prozentsätze?« fragte Colin, der immer noch nicht wußte, ob er ihr glauben sollte.
Sie zuckte die Achseln. »Jeder mit einem einigermaßen funktionierenden Verstand kann ja wohl Prozentrechnungen ausführen.«
Er schüttelte den Kopf. »Aber du bist doch eine Frau …«
Er wollte hinzufügen, daß er sich nicht vorstellen konnte, wo sie Buchführung gelernt haben sollte, aber sie ließ ihn nicht ausreden.
»Das mußte ja kommen!« schrie sie. »Nur weil ich eine Frau bin, nehmt ihr alle an, ich könnte allerhöchstens die neueste Mode in meinem Kopf bearbeiten, nicht wahr? Nun, Sir, jetzt sage ich dir mal etwas Überraschendes: Mich interessiert die neueste Mode einen feuchten Kehricht!«
Colin hatte sie noch nie so wütend gesehen. Ihre Augen hatten sich in blaues Feuer verwandelt, und er befürchtete, sie würde ihn erwürgen. Aber zuerst würde er sie küssen.
Caine kam ihr zur Hilfe. »Und hat die Mutter Oberin ihr Geld bekommen?«
»Ja, hat sie«, antwortete Alesandra mit einer Stimme zwischen Trotz und Stolz. »Sie wußte natürlich nicht, daß der Bankier den zweiten Satz Bücher studierte, sonst hätte ihr Eid sie gezwungen, dem Mann alles zu gestehen. Die Nonnen folgen alle sehr strengen Vorschriften. Sie fand es erst heraus, als es zu spät war. Da hatte sie das Geld schon für eine neue Kapelle ausgegeben. Es hat sich alles also ganz wunderbar gefügt.«
Colin stieß ein Schnauben aus. »Ich kann mir vorstellen, daß es ihr leid tat, als du gingst«, bemerkte er trocken.
»Sollen wir jetzt nicht wieder auf den Grund zurückkommen, warum wir hier sind?« schlug Caine vor und ging zu Alesandra hinüber. »Dürfte ich die Liste mal sehen?«
»Natürlich.«
Caine nahm den Zettel und setzte sich wieder. »Sie ist nicht
Weitere Kostenlose Bücher