Erwachende Leidenschaft
zu, weswegen ihr das Grinsen der beiden Brüder entging, die sich einen kurzen Blick zuwarfen.
»Kennen Sie zufällig eine Lady namens Victoria Perry?« fragte sie nun.
Jade schüttelte den Kopf. »Der Name sagt mir nichts. Warum fragen Sie?«
»Ich mache mir Sorgen um sie«, gestand Alesandra. Sie erzählte der jungen Frau, wie sie Victoria kennengelernt hatte und was sie seit ihrem letzten Brief in Erfahrung hatte bringen können.
»Meine Liebe, ich halte es für keine gute Idee, die Sache weiter zu verfolgen«, meinte die Duchess. »Gewiß hat es ihrer Mutter das Herz gebrochen, und es wäre grausam, alles wieder aufzurollen.«
»Colin hat genau dasselbe gesagt«, gab Alesandra zu. »Vielleicht habt ihr recht, und ich sollte es wirklich auf sich beruhen lassen. Ich wünschte nur, ich könnte aufhören, mir Sorgen um sie zu machen.«
Die Duchess lenkte geschickt die Unterhaltung auf ihre älteste Tochter. Catherine sollte in diesem Jahr ihr Debüt geben, und sie schmiedete eifrig Pläne für ihren ersten Ball.
Caine sagte während des ganzen Gesprächs kein weiteres Wort, sondern beobachtete seinen Bruder.
Colin ließ sich nichts anmerken. Seine Miene hätte aus Stein gemeißelt sein können.
Alesandra entspannte sich ein wenig, als der Nachtisch serviert wurde und Colin immer noch nicht über das Heiraten gesprochen hatte. Vermutlich hatte er jetzt genug Zeit gehabt, das Thema zu durchdenken, überlegte sie. Ja, wahrscheinlich war er endlich zur Vernunft gekommen.
»Hast du schon mit Alesandra gesprochen, mein Sohn?« fragte der Duke of Williamshire.
»Ja«, antwortete Colin. »Wir haben beschlossen …«
»Nicht zu heiraten!« platzte Alesandra dazwischen.
»Warum denn das? Colin, ich dachte, wir hätten eine Entscheidung getroffen«, protestierte sein Vater.
»Ja, exakt«, stimmte Colin zu. Er streckte den Arm aus und legte seine Hand über die von Alesandra. »Wir werden heiraten. Alesandra hat eingewilligt, meine Frau zu werden.«
Sie begann, heftig den Kopf zu schütteln, aber niemand schien es zur Kenntnis zu nehmen.
»Meinen Glückwunsch«, rief ihr Vormund aus. »Gweneth, das ruft nach einem Trinkspruch.«
»Findet ihr nicht, Alesandra sollte erst einmal zustimmen?« warf Jade ein, als ihr Vater gerade aufstand und enthusiastisch das Glas hob.
Er setzte sich wieder. »Ja, natürlich«, sagte er.
»Sie wird mich heiraten«, sagte Colin mit harter, unbeugsamer Stimme.
Alesandra drehte sich zu ihm. »Ich will nicht, daß du dich opferst. Du willst in den nächsten fünf Jahren doch gar nicht heiraten, oder hast du das vergessen? Was ist mit deinem Zeitplan?«
Sie wartete gar nicht erst auf seine Antwort, sondern wandte sich an den Duke. »Ich will ihn nicht heiraten, Onkel, und du hast mir versprochen, daß ich selbst wählen kann.«
Ihr Vormund nickte langsam. »Das stimmt, ja. Aber wieso willst du Colin denn nicht zum Mann?«
»Er will keiner finanziellen Abmachung zustimmen«, erklärte sie. »Er will Sonderleistungen.«
»Sonderleistungen?« fragte Caine neugierig. »Was denn zum Beispiel?«
Sie wurde rot und sah Colin in der Hoffnung an, er würde es erklären. Er schüttelte aber bloß den Kopf. »Du hast damit angefangen, also bring es auch zu Ende«, meinte er.
Das Funkeln in seinen Augen zeigte ihr, daß er sich köstlich amüsierte. Sie straffte die Schultern. »Na gut«, sagte sie, konnte aber Colin dabei nicht ansehen. »Colin würde … Intimität verlangen.«
Keiner am Tisch wußte, was er auf das Geständnis sagen sollte. Ihr Vormund sah gründlich verwirrt aus. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, besann sich dann aber anders.
»Sind nicht die meisten Ehen, äh, intim?« fragte Caine. »Sie beziehen sich damit doch aufs Ehebett, nicht wahr, Alesandra?«
»Ja.«
»Und?«
»Meine Ehe soll nicht intim sein«, verkündete sie mit Nachdruck. Dann versuchte sie, das Thema zu wechseln, indem sie hinzufügte: »Bevor Colin mit seinem Vater gesprochen hat, wollte Colin mich überhaupt nicht heiraten. Jetzt fühlt er sich bloß durch sein Ehrgefühl dazu verpflichtet.«
Ihr Vormund seufzte müde. »Ich habe dir mein Wort gegeben«, stimmte er zu. »Wenn du Colin nicht heiraten willst, dann werde ich dich nicht dazu zwingen.«
Die Duchess fächelte sich mit der Serviette Luft zu. »Jade, Liebes, ich denke, du solltest mit Alesandra mal unter vier Augen sprechen. Du bist jünger und nicht so konservativ in der Erziehung wie ich. Zudem sollte es eine Frau sein, die das
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