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Erwacht

Erwacht

Titel: Erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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kommen«, bot er an.
    »Ich habe das Gefühl, dass ich diesen Weg allein gehen muss.« Ich beugte mich über die Matratze, suchte nach meinen Klamotten und zog mir dabei die Laken bis unter das Kinn, um mich zu bedecken. »Aber danke.«
    Phoenix warf sein Laken ab und stand auf. Er war splitternackt. Es war dunkel, aber meine Augen hatten sich gut genug angepasst und ich musste einfach hinschauen. Sein Körper war wirklich unglaublich und mich überkam ein schlechtes Gewissen, weil ich ihm letzte Nacht nicht die alleinige Aufmerksamkeit gezollt hatte, die er verdiente. Bilder zuckten durch meinen Kopf, Blicke auf loderndes Feuer und schwebenden Schatten, die mich erschauern ließen.
    Er sammelte meine Unterwäsche und meine Cargo-hose ein und gab sie mir. Dann gab er mir mein Hemd.
    »Wie? Ich dachte, du hättest es zerrissen.« Ich hielt es hoch, es war noch heil.
    »Vorstellungskraft. Ich glaube, sie hat uns letzte Nacht beide ein bisschen davongetragen. Es tut mir leid, wenn …« Er senkte den Blick und ich fühlte mich schrecklich. Ich machte mich darauf gefasst, dass seine Gefühle auf mich übersprangen. In Augenblicken wie diesem, wenn er verletzlich war, nahm ich sie am schärfsten wahr. Aber nichts sprang zu mir über, nicht die allerkleinste Spur. Ich zog mir rasch das Hemd über den Kopf und schlängelte mich unter dem Laken in meinen Slip und meine Hose. Ich kroch über die Matratze und setzte mich neben Phoenix, der am anderen Ende saß. Ich war erleichtert, dass auch er jetzt die Hose wieder anhatte. Nackt Konversation zu machen, war eine Herausforderung, der ich mich im Moment nicht gewachsen fühlte. Ich legte ihm die Hand auf die Schulter, so wie er es vor ein paar Stunden bei mir getan hatte. »Ich habe dich gebeten, für mich da zu sein, und das hast du getan.« Darüber wollte ich jetzt wirklich nicht sprechen.
    »Das heißt nicht, dass es das war, was du gebraucht hast. Ich konnte mich nicht zusammenreißen. Ich wollte der Erste für dich sein.« Er schüttelte bedauernd den Kopf und wollte mich nicht anschauen.
    »So eindeutig war es?« Ich zuckte zusammen.
    »Nein.« Er stand auf und ging ein paar Schritte, hob einen Stock auf und warf ihn in einen Baum. Ich hörte, wie er in die Rinde fuhr wie eine Axt, die Holz spaltet. »Nein, ich weiß es einfach, Violet. Ich kann es spüren.« Er klang, als wäre er wütend auf sich selbst, als hätte er die Nase voll von seinen eigenen Fähigkeiten. »Du warst … ich habe mich so … nach dir verzehrt.«
    Es war seltsam, dass er diese Worte verwendete. Ich dachte an das Lagerfeuer, die Art und Weise, wie es um uns herum gelodert und alles verzehrt hatte. Hatte er es gesehen? Hatte er es entfacht? Hatte ich das getan? Ich hatte keine Ahnung, ob es eine Manifestation seiner Macht war oder ob meine Fantasie einfach Überstunden machte.
    Ich stand auf. »Lass es uns heute einfach durchziehen. Danach können wir reden.«
    Er akzeptierte es mit einem Nicken.
    Ich rief Griffin kurz an und er teilte mir mit, dass Lincoln gerade so durchhielt. Wie schlimm die Situation war, konnte ich an seinem Tonfall hören. Ich steckte das Handy in die Tasche und wäre fast über Phoenix gestolpert, als ich mich umdrehte, um nach ihm zu sehen.
    Ich trat einen Schritt zurück, um ein bisschen Abstand zwischen uns zu bringen. »Sorry, ich wusste nicht, dass du hier bist«, sagte ich. Ich blickte nach unten und sah, dass die Halskette von meiner Mutter an seiner Hand baumelte.
    »Das habe ich auf dem Bett gefunden; es muss dir aus der Tasche gefallen sein.« Sein Tonfall war eisig.
    Ich griff danach, um es ihm wegzunehmen, aber er ließ es in seine Faust fallen.
    »Warum hast du es?«, fragte er.
    »Es war eine Babyhalskette.«
    »Weißt du, wofür sie gut ist?«
    »Nein. Du?«, fragte ich unbehaglich.
    »Nur ein altes Ammenmärchen. Nichts Wichtiges.« Er ließ das Amulett in meine Hand fallen.
    »Oh«, sagte ich und war erleichtert, dass es wieder in meinem Besitz war. Wieder wurde ich das Gefühl nicht los, dass ich mehr über Phoenix herausbekommen musste.
    »Erinnerst du dich daran, dass du einmal zu mir gesagt hast, eines Tages würdest du mir alles erzählen?«
    »Ja.« Er sah misstrauisch aus.
    »Wenn all das erledigt ist, hätte ich gern Antworten auf ein paar Fragen.«
    Er wandte sich von mir ab und ging hinüber zur Matratze. »Das ist dein gutes Recht«, sagte er, ohne mich anzuschauen. Er kam mit einer Flasche Wasser in der Hand zurück und ich fühlte mich wie eine

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