Erwählte der Ewigkeit (German Edition)
einen ganzen verdammten Baum hereinzubringen.
Lucan stand auf und stapfte aus dem Besprechungszimmer, um den Unfug im großen Saal des Anwesens abzustellen. Als er dort ankam, fand er dort schon das halbe Hauptquartier versammelt, um die über zwei Meter hohe Tanne zu bewundern. Nikolai und seine Stammesgefährtin Renata brachten den Baum gemeinsam mit Rios Gefährtin Dylan in die richtige Position, während die Krieger Kade und Brock mit ihren Stammesgefährtinnen Alexandra und Jenna zusahen, den beiden Neuankömmlingen aus Alaska.
Lazaro Archers Enkel Kellan hielt sich im Hintergrund und brütete vor sich hin. Dank Dragos hatte der schlaksige Junge mit seinen gerade vierzehn Jahren schon eine wahre Hölle durchgemacht. Sein einziger überlebender Verwandter war sein Großvater, und obwohl der Junge immer darauf beharrte, dass er kein Trauma zurückbehalten hatte, vermutete Lucan, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis Kellan Archer entweder explodierte wie eine Atombombe oder sich völlig in sich selbst zurückzog.
Der junge Stammesvampir stand im hinteren Ende des Raumes wie ein gelangweilter Zuschauer, mit vor der Brust verschränkten Armen und in die Stirn hängenden überlangen rotblonden Haaren, und versuchte so auszusehen, als interessierte ihn nichts weniger als die Prozedur, die sich eben vor seinen Augen abspielte.
Er hatte Lucans Mitgefühl.
Mira hingegen war weniger zurückhaltend, sie hüpfte in ihrem lila Schlafanzug und ihren Plüschpantoffeln begeistert auf und ab. »Rennie, ist das nicht der schönste Baum, den du je gesehen hast?«
»Der ist schon toll, Mäuschen.« Niko und Renata hatten Mira als ihre Tochter adoptiert, nachdem der Krieger sie beide im letzten Sommer von einer Mission aus Montreal nach Boston mitgebracht hatte. Die dunkelhaarige Renata war so tödlich wie jeder männliche Ordenskrieger, aber ihre kühlen jadegrünen Augen wurden weich, als sie Nikolai ansah, der sie von der anderen Seite des Baumes angrinste, während sie gemeinsam versuchten, ihn in seinem Ständer geradezurücken. »Der ist perfekt, Schatz.«
»Wartet – nicht da hin«, befahl Mira abrupt. »Ihr stellt ihn viel zu nah an den Kamin!«
Niko warf dem Mädchen über die Schulter einen schiefen Blick zu. »Na klar. Wir wollen doch nicht, dass der Weihnachtsmann mit deinen ganzen Geschenken im Kamin stecken bleibt.«
Kellan Archer auf seinem Posten am hinteren Ende des Raumes stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Der Weihnachtsmann ist ein Märchen, an den glauben nur kleine Kinder.«
»Kellan!«, keuchte Renata auf.
»Ist schon okay, Rennie.« Das kleine blonde Mädchen drehte sich schwungvoll zu dem Jungen um, sichtlich tief beleidigt. »Ich glaube nicht mehr an den Weihnachtsmann, seit ich fünf war. Ich wollte bloß nicht, dass der Baum Feuer fängt, weil er zu nah am Kamin steht.« Sie verdrehte die Augen. »Kellan denkt, ich bin ein Kleinkind.«
»Wie sollen wir den Baum schmücken, Mira?« Dieses Mal war es Kades Stammesgefährtin Alex, die sprach. »Hast du den Christbaumschmuck mitgebracht, den du gebastelt hast?«
Mira presste missmutig die Lippen zusammen. »Ich konnte nur ein paar Sachen einpacken. Den Rest musste ich im Hauptquartier in Boston lassen.«
Ach Gott, jetzt auch das noch, stöhnte Lucan innerlich. So viel zum Thema, den allgemeinen Frohsinn abzustellen. Das hatte er schon getan, bevor er auch nur den Raum betreten hatte.
Er fühlte sich unbeholfen und fehl am Platz, und eben wollte er sich umdrehen und den Raum verlassen, als Niko ihn ans Messer lieferte. »Hey, Mira, bedank dich auch bei Lucan. Es war seine Idee, den Baum aus dem Wald zu holen.«
»War es nicht«, sagte Lucan scharf. »Ich hatte damit nichts zu – «
Aber die Kleine hatte sich schon auf ihn gestürzt. Sie umarmte ihn stürmisch um die Hüfte, ihr süßes Gesichtchen sah zu ihm auf. »Danke, Lucan. Das wird das allertollste Weihnachten aller Zeiten.«
Ach herrje.
Er stand reglos da, völlig hilflos in der Umarmung des Kindes.
»Vielleicht könnten wir ja Popcorngirlanden machen?«, überlegte Mira laut, ließ ihn im nächsten Augenblick los und wandte sich wieder ihrer Leitungsfunktion bei der Baumdekoration zu. »Was meinst du, Rennie?«
»Na klar«, antwortete Renata.
Brocks Gefährtin Jenna kam zu Mira herüber und wuschelte ihr durch das vom Schlaf zerzauste Haar. »Wir könnten heute im Wald Tannenzapfen holen. Die würden doch auch gut als Dekoration aussehen, meinst du nicht?«
Das
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