Erwählte der Ewigkeit (German Edition)
nicht, was sie sind, aber vor Kurzem waren sie noch bunt. Sie waren … ich weiß nicht, wie ich das erklären soll. Sie waren irgendwie … lebendig .«
Tante Sarah starrte sie an, nicht die Hautmuster auf ihrem Arm, sondern tief in ihre Augen. »Für mich sehen sie wie immer aus, Liebes. Ich sehe hier nichts Ungewöhnliches.«
»Nein«, sagte Tavia. »Ich auch nicht. Jetzt nicht mehr.« Wodurch sich wieder die verzweifelte Hoffnung in ihr regte, dass die Transformation, die sie durchgemacht hatte, nur eine bizarre Halluzination gewesen war. »Was ist mit meinen Augen, Tante Sarah? Wie sehen die für dich aus?«
»Das gleiche hübsche Grün wie immer«, antwortete sie sanft. »Aber diese dunklen Ringe unter ihnen machen mir Sorgen. Du musst dich ausruhen und brauchst deine Tabletten.«
»Und meine Zähne?«, drängte sie. »An denen ist gar nichts komisch?«
Als Tante Sarahs Blick mitleidig wurde, fuhr Tavia sich mit der Zunge über die Zähne und fand nur ihren üblichen leichten Überbiss. Ihre Eckzähne waren genauso lang wie alle anderen, keine Fänge ragten mehr aus ihrem Zahnfleisch.
»Ich rufe Dr. Lewis an, okay?«, sagte die ältere Frau in einem Tonfall, als redete sie mit einer Schwachsinnigen. Und das sollte sie wohl auch nicht überraschen, bei dem wirren Zeug, das sie gerade von sich gegeben hatte. »Ich habe noch einen Rest von deinen Tabletten im Flurschrank. Du bleibst hier sitzen, ich hole sie dir, und dann warten wir auf den Arzt. In Ordnung, Tavia-Schätzchen?«
Sie nickte, und ihre Tante ging aus der Küche. Jetzt war Tavia völlig erschöpft von allem, was geschehen war – ob es nun eine entsetzliche neue Realität war oder nur in ihrem Kopf stattgefunden hatte.
Den Sex würde sie nicht zur Sprache bringen. Der war wirklich passiert, da war sie sich ganz sicher. Und auch das Blut auf ihrem Körper würde sie nicht erwähnen, auch wenn es vielleicht als Beweis dafür taugte, dass sie misshandelt worden war. Wenn sie Tante Sarah davon erzählte, würde das nur dazu führen, dass sie ihren Körper auf Verletzungen inspizierte – oder noch schlimmer, zu einer Untersuchung ihrer Person durch Dr. Lewis mit seinen eiskalten Händen und Instrumenten.
»So, da bin ich wieder.« Tante Sarah eilte mit einer Handvoll brauner Tablettenfläschchen wieder herein, stellte sie vor Tavia auf den Tisch und ging zum Spülbecken, um ihr ein Glas Wasser einzulassen. »Komm, nimm sie. Dann geht es dir gleich besser, das weißt du doch.«
Tavia schüttelte die diversen Tabletten und Kapseln heraus, die sie dreimal täglich zu nehmen hatte, spülte sie mit einem großen Schluck Wasser hinunter und schauderte, als der Pillenklumpen und die kalte Flüssigkeit ihre Speiseröhre hinabwanderten. »Ich brauche eine Dusche«, murmelte sie und wurde jetzt, wo sie wieder in vertrauter Umgebung war, schnell müde. »Ich bin so durstig und müde.«
»Natürlich bist du das.« Tante Sarah half ihr beim Aufstehen. »Du machst dich jetzt frisch und legst dich hin. Ich rufe gleich den Doktor an, dann dürfte er in einer Stunde hier sein.«
Chase wischte die Blutflecken vom Schlafzimmerboden auf, so gut er konnte, obwohl er nicht wusste, warum er sich eigentlich die Mühe machte. Der Dunkle Hafen war seit über einem Jahr unbewohnt, und er hatte weiß Gott keinen Grund, jemals wieder einen Fuß hineinzusetzen. Nichts als schlechte Erinnerungen und Schande gab es in diesen vier Wänden.
Und mit dem, was zwischen Tavia und ihm passiert war, hatte er dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt.
»Herrgott, schöne Bescherung.« Er knüllte die nassen Papierhandtücher zusammen – die vergilbte Rolle hatte er in der Küche gefunden – und warf sie zusammen mit den Pflasterverpackungen und der verbogenen Nadel, mit der er seine Wunden vernäht hatte, in den Mülleimer im Badezimmer. Als er am Waschbecken vorbeikam, fiel sein Blick auf das silberne Röhrchen mit dem Crimson. Er nahm es und hielt es einen Augenblick in der Hand, rollte den schlanken Behälter in seiner Handfläche herum. Dachte daran, den wachsversiegelten Korkstopfen herauszuziehen und den giftigen Inhalt die Toilette hinunterzuspülen.
Aber seine Hand weigerte sich, das verdammte Ding loszulassen.
Diese letzte Dosis Crimson war weniger Rettungsanker als ein rasches Mittel zum sicheren Ende, war wie eine Krücke, die er, so fürchtete er, brauchen würde – und das vielleicht schon bald.
Immer noch war es Spätnachmittag, und sein Blutdurst schlug wieder seine
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