Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erzaehl mir ein Geheimnis

Erzaehl mir ein Geheimnis

Titel: Erzaehl mir ein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Cupala
Vom Netzwerk:
wie ich dachte.«
    »Was soll ich wissen?«
    »Shelley hatte vor einem Monat eine Fehlgeburt, ich denke, das war, bevor du hier angefangen hast. Und ich lasse nicht zu, dass du sie wütend machst …«
    Ich hörte ihr nicht mehr zu. Ich dachte an Nik und Micah James. Es konnte so schnell passieren. Erst bist du schwanger, dann bist du es nicht mehr. Was würde ich tun, wenn ich Lexi verlieren würde?
    »Oh mein Gott.« Ich schluckte. »Es tut mir leid.« Lexi bewegte sich in meinem vorstehenden Bauch, eine ständige Erinnerung, dass ich das hatte, was Shelley wollte. Tief im Inneren dachte sie wahrscheinlich, dass ich es nicht verdient hätte. Plötzlich ergab ihr Verhalten einen Sinn. Die Fragen, der Argwohn, die Ablehnung.
    Die Kassiererin winkte ungeduldig ab. »Pass beim nächsten Mal einfach besser auf.«
    Lexi tanzte den ganzen Nachmittag in einem Nach-dem-Mittagessen-Zuckerrausch in mir Tango und der Gedanke, sie zu verlieren, ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Innerhalb eines Monats war sie von der Größe eines Tennisballs auf die Größe einer Coladose herangewachsen und brachte mich damit an neue und unbekannte Grenzen der Erschöpfung. Noch anstrengender war es, Shelley ständig aus dem Weg zu gehen, da die Räumlichkeiten eng waren. Nachdem ich eine Stunde nichts anderes gemacht hatte als Schreddern und Sortieren, nickte ich kurz über meinem Pfefferminztee ein.
    Als Shelley wieder an mir vorbeilief, sprach ich sie an. »Kann ich mit Ihnen reden?«
    Sie drehte sich zu mir um und sah mich abschätzend an. »Möchtest du in mein Büro kommen?«
    Ich hatte meine Frage einstudiert und trotzdem konnte ich in diesem Moment nichts anderes, als zu stottern: »Nein, nicht nötig. Ich wollte nur fragen, ob ich heute früher nach Hause gehen kann.«
    Obwohl sie nickte, hatte ich das Gefühl, alles was ich sagen könnte, wäre falsch gewesen.
    Als ich von der Bank wegfuhr, drehten sich meine Gedanken im Kreis. Fast jeder, den ich kannte, hatte schon eine Fehlgeburt erlitten. Shelley hatte ein Baby verloren. Nik hatte ein Baby verloren, zwei sogar. Micah James und ein früheres Baby.
    Hoffnung hält uns aufrecht , hatten beide gesagt …
    Beinahe wäre ich auf das Auto vor mir aufgefahren.
    Es kam mir unmöglich vor, dass ich Shelley persönlich begegnet war. Nein, Nik. Ich wusste, dass Nik im Nordwesten lebte, aber dieser Zufall war einfach zu unwahrscheinlich.
    Ich versuchte, das in Einklang zu bringen, was ich von Nik und Shelley wusste, die mich anscheinend vom ersten Tag an gehasst hatte. Eine Fehlgeburt … das war etwas ganz anderes. Wenn sie schwanger gewesen war, jemand, der sich schon so lange ein Baby wünschte; wenn sie es verloren hatte und weiterhin zur Arbeit kommen musste, als wäre nichts passiert; wenn man sie gezwungen hatte, mich einzustellen, jemanden, der zwar schwanger war, es aber nicht hätte sein sollen …
    Jetzt ergab alles einen Sinn.
    Alles passiert aus Gründen, die wir nicht verstehen . Das würde Nik sagen und ich konnte mir genau vorstellen, wie Shelley das sagen würde. Aber sie wusste nicht, dass die verheiratete College-Studentin aus dem Internet in Wirklichkeit eine siebzehnjährige Highschool-Schülerin war. Ich hätte zu gern gewusst, welche Weisheit sie dafür wieder parat gehabt hätte. Enttarnt zu werden bedeutete auch, meinem Vorhaben wieder ein Stück näher zu kommen, Xanda immer ähnlicher zu werden: die Rebellin, die Sünderin und jetzt die Lügnerin.
    Und dann war da Lexi. Es war immer noch möglich, mit ihr all das hier hinter mir zu lassen und einfach abzuhauen. Ich hatte von meinem Job in der Bank Geld gespart. Und außerdem gab es immer noch meine Kunstmappe. Es gab Boston. Es gab L. A. Es gab … irgendwas, irgendwo.
    An meinen unkonzentrierten Augen schoss Straße um Straße vorbei. Fast hätte mich ein silberner Prius gestreift, er hupte mit seiner schrillen Öko-Tröte.
    »Du Depp, ich hab dich im Regen nicht gesehen«, murmelte ich und bemerkte, dass ich soeben den Broadway überquert hatte, jetzt auf der 12th Street fuhr, dann auf der 24th.
    Ich hatte ganz unbewusst den Nachhauseweg eingeschlagen, obwohl meine Mom der letzte Mensch auf dieser Welt war, den ich sehen wollte.
    Also bog ich links auf die Madison ab und fuhr zu dem einzigen warmen und trockenen Ort, den ich hier kannte und an dem ich allein sein konnte. Die Kirche würde leer sein, denn die Angestellten waren schon weg und die Schauspielertruppe würde erst in anderthalb Stunden eintreffen. Die

Weitere Kostenlose Bücher