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Erzaehl mir ein Geheimnis

Erzaehl mir ein Geheimnis

Titel: Erzaehl mir ein Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Cupala
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mit stockender Stimme, sagte er: »Miranda, es tut mir so leid, dass alles so gekommen ist.«
    Ich war mir nicht sicher, ob ich für all das bereit war. Dads Hand auf meiner Schulter, auf Xandas Pullover, seine Fragen über Lexi, all das war fast zu viel für mich.
    Wir schraken beide zusammen, als die Stimme meiner Mutter ertönte: »Ach du meine Güte.«
    Denn »Gott« hatte sie nur für die wirklich wichtigen Dinge reserviert.

28
    »Was«, fauchte meine Mutter, »geht hier vor?« Sie blickte sich um, wie sie es immer tat, um zu kontrollieren, ob jemand in der Nähe war, der irgendetwas über unsere Familiensünden mithören könnte. Ich schlug meine Mappe zu.
    Dad und ich antworteten ihr gleichzeitig. Schuldig, obwohl mir nicht im Geringsten einfiel, warum wir uns schuldig gemacht hätten.
    Wir hatten miteinander geredet. Eine Verbindung aufgebaut. Wir hatten den verbotenen Namen ausgesprochen, die schlimmste Gotteslästerung in unserer Familie. Xanda oder Lexi, welcher, das spielte keine Rolle.
    »Hill…«, fing mein Dad an.
    »›Hill‹ mich nicht. Du weißt genau, um was es hier geht, Chuck.«
    Sie nannte ihn nur dann Chuck, wenn sie richtig sauer war. Um ihn an die große Kluft zwischen ihnen zu erinnern. Chuck ist ein Name für Leute, die in Wohnwagenparks leben , witzelte sie, wenn sie gute Laune hatte. Jetzt allerdings machte sie definitiv keine Witze.
    »Ich habe diese … diese Arbeiter wegfahren sehen«, sagte sie, als ob sie für den Abschaum dieser Erde, der für meinen Dad arbeitete, keinen passenden Namen finden konnte. »Dieses Mädchen . Hast du sie hier in dieser Kirche arbeiten lassen? Im Beisein unserer Tochter?«
    Mein Dad hörte schweigend zu, ausdruckslos wie eine Steinmauer.
    »Und du «, wandte sich meine Mutter jetzt an mich, »wie lange bist du schon hier? Ich dachte, du bist arbeiten. Erzähl mir nicht, dass du jetzt auch noch die Arbeit geschwänzt hast.«
    »Ich …«
    Ihr Gesicht war angespannt, die Augen zusammengekniffen und die Zähne fest aufeinandergepresst. An diesen Ausdruck erinnerte ich mich aus der Nacht, als Xanda starb. »Chuck, hat sich Miranda mit diesen Kerlen abgegeben? Ist es das, was hier hinter meinem Rücken vorgeht? Hast du erlaubt, dass sie mit diesen Männern rumlungert?«
    »Mom«, verteidigte ich mich, »ich habe hier nicht rumgelungert .«
    »Halt dich da raus.« Sie starrte auf meinen Bauch, der sich plötzlich nackt und wie kurz vorm Explodieren anfühlte. »Das hat nichts mit dir zu tun.«
    Alles hatte mit mir zu tun, und mit dem Chaos, das Xanda hinterlassen hatte.
    Lexi bewegte sich heftig und ich musste mich an der Bank hinter mir festhalten. Dad zuckte zusammen. Ich erinnerte mich an Lexis Herzschlag, den ich durch das Dopplergerät gehört hatte, gekoppelt mit meinem eigenen tiefen Herzschlag im Hintergrund. Jetzt raste mein Blut mit beängstigender Geschwindigkeit um sie herum.
    »Alles hat mit ihr zu tun!«, brüllte mein Dad plötzlich. Meine Mutter erstarrte, als seine Stimme im Altarraum widerhallte wie das Gebrüll eines Löwen, der aus seinem Käfig befreit wurde.
    »Wage es ja nicht, in diesem Gebäude deine Stimme zu erheben«, drohte sie mit einem Ausdruck von Abscheu, als ob seine Worte einer Antwort nicht würdig wären.
    Es waren bestimmt die Nachwirkungen des Tages, den er mit seinen Baustellenkumpels verbracht und seinen Kopf einfach von allem frei gemacht hatte. Oder vielleicht, weil er Lexis Bild gesehen hatte, ihr Gesicht und ihre Form, weil ich ihren Namen ausgesprochen hatte, Xandas Pullover trug und weil er sich an einem heiligen Ort befand, dass Dad eine Art mystischer Stärke entwickelte. Aber eigentlich konnte ich es mir nicht erklären. Jahrelang hatte er die Schuld für Xandas Tod auf sich genommen. Und jetzt, von einem Moment auf den anderen, verwandelte er sich von einer Randfigur in einen Fels aus Widerstand. Egal was es war, es lähmte uns, als ob Gott herabgestiegen wäre und uns eins über den Kopf gezogen hätte.
    »Ich sagte, lass sie in Ruhe .« Mit einer gewaltigen Geste stellte er sich zwischen mich und Mom und wir wichen beide vor dieser erschreckenden Energie zurück, die plötzlich von ihm ausging.
    Meine Mutter öffnete den Mund, aber es kam kein Ton heraus. Wir standen bewegungslos da und warteten darauf, dass er noch etwas sagen oder dass etwas Furchtbares passieren würde. Dass ein Fenster zerbersten oder sich das Tor zur Hölle öffnen würde.
    Als aber nichts geschah, lachte meine Mutter nervös und

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