Erzaehlungen
sagt Humer, in wie kurzer Zeit, sagt Humer jetzt, werden sie, weil sie mehr dem Vergnügen als dem Geschäft leben, alles verwirtschaftet haben, und ein solches Geschäft wie mein Geschäft zu verwirtschaften, noch gehört es ja mir! ruft Humer aus, noch gehört es mir! , dazu gehöre eine große Portion Dummheit und Vaterhaß. Ich hätte richtig gehört, Vaterhaß , sagt Humer und dann: sechzehn Nähmaschinen, Herr Doktor, wenn Sie sich vorstellen, heute schon sechzehn Nähmaschinen und ich dachte, schreibt Enderer, sechzehn Menschen an sechzehn Nähmaschinen, wir liefern auf Vertragsbasis, sagt Humer, schreibt Enderer, auch nach Vorarlberg und nach Salzburg und in neuerer Zeit auch nach Bayern, in Bayern ist die Bestattungswäsche doppelt so teuer als bei uns, sagt Humer, da kann man schon einen höheren Zoll zahlen, an die vierzig Bestattungsunternehmen bezögen Bestattungswäsche aus der Humerschen Werkstatt in der Oberen Saggengasse, schreibt Enderer. Und alles das, was ich in Jahrzehnten aufgebaut habe, wirtschaftet mein Sohn in Gemeinschaft seiner ordinären Frau in der kürzesten Zeit herunter, und geht in die Kaiserkrone! sagt Humer, dann weiter Humer: was mich betrifft, ist der Tatbestand folgender: solche Rede beweist, daß Humer in der kurzen Zeit, in welcher er jetzt bei mir in der Kanzlei ist und wenn es wahr ist, daß ich der erste Anwalt in seinem Leben bin, schreibt Enderer und ich zweifle nicht an seinen Angaben, der Mensch sagt die Wahrheit, und ist von größterAufmerksamkeit im Zuhören, diese Ohren, habe ich immer den Eindruck, hören alles, auch das, was ich nicht sage, daß Humer jetzt schon die Juristensprache vertraut ist und daß er jetzt schon in der Juristensprache spricht, wenn er sagt, mein Tatbestand ist folgender: während ich, wie Sie wissen, und wie ich das tatsächlich schon weiß, denn Humer hat es schon mehrere Male gesagt, während ich, sagt Humer also, dreißig Jahre in Ruhe und Frieden ebenerdig und das heißt, neben dem Geschäft in der Saggengasse meine Wohnung gehabt habe, von den ersten Atemzügen an, sagt er leidenschaftlich, habe ich in dieser ebenerdigen Wohnung gewohnt, noch ein paarmal mit Nachdruck, von den ersten Augenblicken an, dabei zum erstenmal mit den aufeinmal nicht mehr an seinem Wetterfleck festgeklammerten Händen gestikulierend, immer heftiger sprechend und auch seine verhältnismäßig langen Beine ausstreckend, langsam streckte Humer seine verhältnismäßig langen Beine aus, schreibt Enderer, der ganze lange magere Körper löste sich, während der Mann jetzt von seiner ebenerdigen Wohnung in der Saggengasse zu sprechen angefangen hatte, aus einer mindestens einstündigen Verkrampfung, tatsächlich sitzt Humer jetzt schon über eine Stunde in meiner Kanzlei und das, daß er überhaupt hier sitzt, denke ich plötzlich, ist auch nur möglich gewesen, weil ich den Mann ohne zu denken, daß ich ja an diesem Vormittag überhaupt keine Kanzleistunde habe, in die Kanzlei heraufgelassen habe, ohne daran zu denken, heute keine Kanzleistunde!, habe ich den Mann einfach aufgefordert, mit mir herauf in die Kanzlei zu gehn, durch die Art und Weise wie der Mann unten vor der Tür gestanden war, zweifellos auf mich wartend, in etwas Wichtigem, habe ich gedacht, der Mann kommt in einer Wichtigkeit, ohne mich zu fragen, ob es Sinn hat, ob es nützlich ist, den Mann heraufzulassen, habe ich ihn aufgefordert heraufzugehn, schreibt Enderer, Montag ist ja gar keine Kanzleistunde dachte ich, schreibt Enderer, und ich sagte plötzlich zu Humer Montag ist ja garkeine Kanzleistunde! , darauf reagierte er aber nicht, er saß da, jetzt hoch aufgerichtet, schreibt Enderer, plötzlich mit gerader Wirbelsäule und redete von seiner ebenerdigen Wohnung, eine sehr schöne Wohnung, Herr Doktor, sagte er. Wenn man in einer solchen geräumigen ebenerdigen Wohnung aufgewachsen ist, und jetzt war er wieder beim Eigentlichen , schreibt Enderer, kann man nicht von heute auf morgen aus der einem vollkommen angemessenen Wohnung ausziehen. An alles in dieser Wohnung habe er sich von frühester Kindheit an gewöhnt gehabt, schreibt Enderer, alles in dieser Wohnung ist ihm das Vertrauteste und einen Menschen, der gewohnt ist, in einer ebenerdigen Wohnung zu wohnen, kann man nicht nach Jahrzehnten aufeinmal und noch dazu unter den fadenscheinigsten Gründen, aus seiner ebenerdigen Wohnung hinauswerfen, glauben Sie mir, sagte Humer, schreibt Enderer, es gibt nichts Fürchterlicheres. Man hat mich
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