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Erzaehlungen

Erzaehlungen

Titel: Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Schnitzler
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schien, und er konnte es verstehen. Und das Lächeln sagte: Ich habe dich geliebt, und nun stehst du da wie ein Fremder und verleugnest mich. Sag' ihm doch, daß ich die Deine war, daß es
dein
Recht ist, vor diesem Bette niederzuknien und meine Hände zu küssen. – Sag' es ihm! Warum sagst du's ihm denn nicht?
    Aber er wagte es nicht. Er hielt die Hand vor die Augen, um ihr Lächeln nicht mehr zu sehen ... Auf den Fußspitzen drehte er sich um, verließ das Zimmer und schloß die Türe hinter sich. Er ging schaudernd durch den lichten Salon, drückte sich dann in dem halbdunklen Zimmer an allen den Leuten vorbei, die miteinander flüsterten und unter denen er nicht bleiben durfte; dann eilte er durchs Vorzimmer und über die Treppe hinab, und wie er zum Tor hinaus war, schlich er sich an der Mauer des Hauses weiter, und sein Schritt wurde immer schneller, und es trieb ihn aus der Nähe des Hauses, und er eilte tief beschämt durch die Straßen; denn ihm war, als dürfe er nicht trauern wie die anderen, als hätte ihn seine tote Geliebte davongejagt, weil er sie verleugnet.

Arthur Schnitzler
Der Empfindsame
Eine Burleske

Die jungen Leute waren heute sehr traurig. Sie dachten an den armen Fritz Platen, der so oft da neben ihnen gesessen war, plaudernd, lächelnd, Kaffee trinkend, Zigaretten rauchend. Eines Abends vor acht Tagen war er nicht gekommen, sondern war zu Hause geblieben, hatte sich vor seinen Schreibtisch gesetzt und sich eine Kugel durch den Kopf geschossen. Niemand wußte, warum. Fritz Platen war ein lieber, junger Mensch gewesen, bildhübsch, ziemlich wohlhabend und ein bißchen empfindsam. Und sie sprachen darüber, wie dumm oder wenigstens wie unbegreiflich das von so einem netten, hübschen, wohlhabenden und empfindsamen jungen Menschen sei, eines Tages plötzlich nicht ins Kaffeehaus zu kommen, sondern zu Hause zu bleiben und sich totzuschießen.
    »Zu empfindsam«, sagte plötzlich einer von den jungen Leuten, und das war Albert Rhode, der beste Freund des Toten, der einzige, der sogar Trauer für ihn trug. – »Wieso?« fragten die zwei anderen, Hugo Friedel und der kleine Willner.
    »An seiner Empfindsamkeit ist er gestorben, und ich will euch zum Beweis dafür einen merkwürdigen Brief vorlesen.«
    »Ist also doch einer dagewesen?«
    Rhode schüttelte den Kopf. »Keiner von ihm, ihr wißt es ja. Aber ich habe heute seine Papiere geordnet, und da habe ich einen gefunden, der am Tage seines Selbstmordes an ihn gelangt ist, und der löst das Rätsel.«
    Die beiden anderen waren höchst erstaunt. »Von wem ist dieser Brief?« fragten sie. – »Ich kann den Namen der Schreiberin nicht nennen, denn aller Wahrscheinlichkeit nach wird sie bald eine sehr berühmte Person sein.«
    »Woher ist der Brief?« fragten die anderen.
    »Auch das muß ich verschweigen, denn das würde leicht auf die Spur führen.«
    »So lies«, riefen die anderen. Albert Rhode zog seine Brieftasche hervor und entnahm ihr einen mehrfach zusammengelegten Brief. Während er ihn entfaltete, versuchten die anderen, jedoch vergeblich, die Unterschrift zu entziffern ... Albert Rhode schüttelte den Kopf und reichte ihnen den Brief hin. Er wies auf die letzte Seite. Statt der Unterschrift eine Stelle, wo das Papier abgeschabt und grau aussah ... Er hatte den Namen ausradiert.
    »Übrigens ist das nebensächlich«, sagte der kleine Willner, der sehr diskret war. – »Gewiß«, erwiderte Albert Rhode. »Nun hört.« Und er nahm den Brief in die Hand und begann langsam zu lesen: »Mein lieber, lieber Fritz« ...
    Albert Rhode unterbrach sich. Seine Stimme hatte gezittert. Er biß sich auf die Lippen. Die anderen sahen vor sich hin und waren etwas verlegen. Albert Rhode faßte sich, schüttelte den Kopf und fuhr sich mit den Fingern der linken Hand zwischen Kragen und Hals einige Male hin und her. Dann las er weiter: »Wenn Du diesen Brief erhältst, bin ich fort, weit fort, vielleicht für immer. Ich habe Dir's nicht sagen wollen. Es hätte Dir weh getan und mir auch. Lieber sag' ich Dir so adieu und habe als letzte Erinnerung von Dir Dein liebes, lächelndes Gesicht und Deine Worte: Also morgen abend, mein Schatz ... Du hättest ja geweint, und ich hätte mit Dir weinen müssen, und das wäre nicht schön gewesen. Drum ist es besser so. Ich habe dich auch sehr lieb so, wie ich Dich jetzt vor mir sehe, wenn ich die Augen schließe. Es ist gerade eine Stunde, daß ich Dich verlassen habe. Nicht wahr, Du liegst noch auf Deinem Diwan und

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