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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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die Gefahr hin, ihre Maschine in Brand zu stecken – Stroh auf diesen Feuerheerd werfen; dann gab die mehr erwärmte Luft dem Ballon neue aufsteigende Kraft. Die beiden kühnen Luftschiffer brachen am 21. November 1783 von den Gärten zu La Muette, die der Dauphin ihnen zur Disposition gestellt hatte, auf. Das Schiff hob sich majestätisch, fuhr an der Ile des Cygnes entlang, setzte an der Barrière de la Conférence über die Seine und näherte sich, zwischen dem Invalidendom und der Kriegsschule hinsteuernd, dem Saint-Sulpice. Nun verstärkten die Aëronauten das Feuer, überschritten den Boulevard und stiegen jenseit der Barrière d’Enfer wieder herab. Als der Ballon den Erdboden berührte, sank er in sich zusammen und begrub Pilâtre des Rosiers für einige Augenblicke unter seinen Falten.
    – Böse Vorbedeutung! rief ich; denn diese Einzelheiten waren für mich von großem Interesse gewesen.
    – Die Vorbedeutung einer Katastrophe, die dem Unglücklichen späterhin das Leben kosten sollte, fügte der Unbekannte in trübem Tone hinzu. Haben Sie nie etwas davon erfahren?
    – Niemals.
    – Bah! Das Unglück kommt auch ohne Vorbedeutungen!« meinte der Reisegefährte und versank wieder in sein Sinnen.
    Wir waren unterdessen weiter nach Süden vorgerückt; Frankfurt war bereits unter unseren Füßen entflohen.
    »Vielleicht bekommen wir einen Sturm, nahm der junge Mann seine Rede wieder auf.
    – Wir werden zuvor herabsteigen, versetzte ich.
    – Das wäre! Lassen Sie uns lieber emporsteigen; auf diese Weise werden wir ihm sicherer entgehen.«
    Und noch zwei andere Sandsäcke verschwanden im Raum unter uns.
    Der Ballon stieg mit enormer Schnelligkeit und blieb 1200 Meter hoch stehen; es wurde ziemlich kalt, und dabei fielen die Sonnenstrahlen noch auf die Hülle, dehnten das darin befindliche Gas aus und gaben ihm eine größere aufsteigende Kraft.
    »Fürchten Sie nichts, wandte sich der Unbekannte an mich; wir haben 3500 Toisen athmungssähige Luft; im Uebrigen kümmern Sie sich nicht um das, was ich thue.«
    Ich wollte aufspringen, aber eine kräftige Hand hielt mich auf meiner Bank zurück.
    »Ihr Name? rief ich.
    – Mein Name? was kann Ihnen an meinem Namen liegen!
    – Ich frage Sie nach Ihrem Namen!
    – Nennen Sie mich Erostratus oder Empedokles, wie Sie wollen.«
    Die Antwort war nichts weniger als beruhigend.
    Der Unbekannte sprach übrigens mit eigenthümlicher Kaltblütigkeit, so daß ich mich nicht ohne Unruhe fragte, wer er sein mochte.
    »Mein Herr, fuhr er nach einer kleinen Pause fort, man hat seit dem Physiker Charles nichts Neues erdacht. Bier Monate nach Entdeckung der Aërostatik erfand dieser geschickte Mann die Klappe, durch die das Gas entweichen kann, wenn der Ballon zu voll ist, oder wenn man tiefer steigen will; sodann verdanken wir ihm die Gondel, welche die Manoeuvres der Maschine erleichtert, das Netz, von dem der Ballon umspannt wird und das die Last auf seine ganze Oberfläche vertheilt, den Ballast, durch den wir beliebig steigen und landen können, den Kautschuküberzug, der das Gewebe wasserdicht macht, und endlich das Barometer, das die erreichte Höhe angiebt. Außerdem brachte Charles Hydrogen in Anwendung, das vierzehn Mal leichter ist als Luft, und mit Hilfe dessen man in die höchsten atmosphärischen Schichten gelangen kann, ohne der Gefahr einer Feuersbrunst ausgesetzt zu sein. Am 1. December 1783 drängten sich 300.000 Zuschauer um die Tuilerien, Charles stieg empor, und die Soldaten präsentirten vor ihm das Gewehr. Er machte neun französische Meilen in der Luft und lenkte seinen Ballon mit einer Geschicklichkeit, wie sie von den jetzigen Aëronauten noch nicht übertroffen ist. Der König setzte ihm hierauf eine Pension von 2000 Livres aus, denn damals wurden neue Erfindungen noch ermuthigt!«
    Es schien mir, als sei der Unbekannte von einer gewissen Aufregung ergriffen.
    »Mein Herr, nahm er den Faden seiner Rede wieder auf, ich bin durch meine Studien hinlänglich davon überzeugt worden, daß die ersten Aëronauten ihre Ballons mit einem Steuer lenkten. Von Blanchard zu schweigen, dessen Behauptungen in Zweifel gezogen werden können, wußte doch Guyton Morveaux, mit Hilfe der Ruder und des Steuers, seiner Maschine merkliche Bewegungen und eine bestimmte Richtung mitzutheilen. Letzthin hat ein pariser Uhrmacher, Herr Julien, auf dem Hippodrom überzeugende Versuche in dieser Beziehung angestellt; denn Dank einem eigenthümlichen Mechanismus kehrt sich sein

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