Erzählungen
Gewichtsveränderung hervorgebracht! Und nicht ein einziges Schiff in Sicht! nicht die kleinste Barke am Horizont zu sehen! Werfen wir unsere Kleider in das Meer!«
»Die Unglücklichen führten auch dies aus, aber der Ballon sank unaufhaltsam!
Blanchard, schlug nun Jefferies vor, Sie sollten die Fahrt allein antreten und haben nur auf meine Bitten eingewilligt, die Reise mit mir zu machen. Ich werde mich in’s Wasser stürzen, und der erleichterte Ballon kann dann wieder steigen!
Nein, nein, das wäre zu schrecklich!«
»Der Ballon wurde schlaffer und schlaffer; seine Wölbung glich einem Fallschirm, drängte das Gas an die Wände und beschleunigte so sein Entweichen.
Leben Sie wohl, mein Freund, Gott erhalte Sie! sagte der Doctor und wandte sich, um in’s Meer hinabzuspringen. Aber Blanchard hielt ihn zurück.
Warten Sie; es bleibt uns noch ein Auskunftsmittel! rief er. Wir können die Taue abhauen, von denen die Gondel gehalten wird, und uns an das Netz klammern. Vielleicht erhält der Ballon schon dadurch die nothwendige aufsteigende Kraft. Halten Sie sich bereit! Ah! das Barometer fällt; der Wind wird frischer; wir steigen! Rettung! Rettung!«
»Die Reisenden sahen Calais auftauchen, ihre Freude grenzte fast an Wahnsinn. Wenige Augenblicke später ließen sie sich in dem Walde nahe bei Guines zur Erde nieder.«
»Ich darf wohl mit Bestimmtheit annehmen, fügte der Unbekannte hinzu, daß Sie sich unter ähnlichen Verhältnissen nach dem Beispiel des Doctor Jefferies richten würden?«
Die Wolken entrollten sich unter unseren Augen in blendender Masse; der Ballon warf seinen Schatten darauf und wurde gleichsam in eine Strahlenkrone gehüllt. Der Donner grollte unter der Gondel, es war furchtbar!
»Wir müssen hinabsteigen! rief ich.
– Hinabsteigen, wenn dort die Sonne auf uns wartet? Hinunter mit den Säcken!«
Und der Ballon war abermals um fünfzig Pfund leichter geworden.
In einer Höhe von 3500 Metern blieben wir stationär. Der Unbekannte sprach fortwährend und schien vollständig in seinem Element zu sein, während ich mich in einem Zustande größter Abspannung befand.
»Bei gutem Winde würden wir sehr weit fliegen können! rief er. Auf den Antillen giebt es Luftströmungen, die hundert Meilen pro Stunde zurücklegen! Zur Zeit der Krönung Napoleon’s ließ Garnerin um elf Uhr Abends einen erleuchteten, mit farbigen Gläsern versehenen Ballon steigen; der Wind wehte aus Nord-Nord-West, und am folgenden Morgen sahen die Einwohner Roms den Aërostaten über dem Dom des heiligen Peter schweben. Wir werden noch weiter kommen… und höher!«
Ich hörte kaum, was er sagte. Alles summte um mich herum! In den Wolken entstand jetzt ein Riß.
»Sehen Sie diese Stadt, sagte der Unbekannte, es ist Speier!«
Ich neigte mich über den Gondelrand und bemerkte einen kleinen schwärzlichen Fleck. – Das war Speier! Der breite Rheinstrom glich einem aufgerollten Bande; über uns strahlte der Himmel in schönstem Azurblau; die Vögel hatten uns seit langer Zeit verlassen, denn in dieser verdünnten Luft wäre ihr Flug unmöglich gewesen. Ich war mit diesem Unbekannten allein im Weltenraum!
»Es ist unnöthig für Sie zu wissen, wohin ich unseren Ballon führen will, sagte er und schleuderte den Compaß in die Wolken. Ach! es muß herrlich sein, zu fallen! Die Luftschifffahrt zählt bekanntlich von Pilâtre des Rosiers bis auf den Lieutenant Gale nur wenige Opfer, und diese Unglücksfälle entstanden regelmäßig durch Unvorsichtigkeit. Pilâtre des Rosiers brach am 13. Juni 1785 mit Romain von Boulogne auf. Er hatte an seinem mit Gas gefüllten Ballon eine Montgolfière mit erwärmter Luft aufgehängt, wahrscheinlich um nicht Gas verlieren oder Ballast auswerfen zu dürfen. Diese Einrichtung war etwa ebenso tollkühn, als wenn man ein Kohlenbecken unter einer Pulvertonne anbringen wollte! Die Unvorsichtigen kamen vierhundert Meter hoch und wurden von widrigen Winden erfaßt, die sie auf’s offene Meer jagten. Pilâtre wollte jetzt, um den Fall herbeizuführen, die Klappe des Aërostaten öffnen, aber das Seil hatte sich in den Ballon verhakt und zerriß ihn arg und so plötzlich, daß er in einem Augenblick geleert wurde. Er fiel auf die Montgolfière, brachte sie in’s Drehen und riß die Unglücklichen herunter. Sie waren in wenigen Secunden zerschellt. Es ist schrecklich, nicht wahr?«
Ich konnte nur die Worte erwidern:
»Um’s Himmels willen, steigen wir herab!«
Die Wolken drängten sich
Weitere Kostenlose Bücher