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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Gondel kamen auf das Dach des Hauses herunter, aber der Stoß war unbedeutend. ›Zu Hilfe!‹ rief die Unglückliche. In diesem Augenblick gelangte ich auf die Straße und sah, wie die Gondel auf dem Dach entlang glitt und an eine eiserne Krampe stieß. Durch diese Erschütterung wurde Madame Blanchard aus ihrer Gondel auf das Straßenpflaster hinab geschleudert und fand ihren Tod! «
    Diese Erzählungen hatten mein Blut vor Schauder erstarren lassen. Der Unbekannte stand barhäuptig, mit gesträubtem Haar und wirrblickenden Augen vor mir.
    Es war keine Täuschung mehr möglich; ich hatte es mit einem Wahnsinnigen zu thun.
    Er warf jetzt noch den übrigen Ballast fort, und wir schwebten in einer Höhe von mindestens 9000 Metern; das Blut drang mir aus Mund und Nase!
    »Was giebt es Herrlicheres, als sich zu den Märtyrern der Wissenschaft zählen zu dürfen! rief der Wahnsinnige, sie werden von der Nachwelt heilig gesprochen,«
    Ich sah und hörte auf nichts mehr; aber der Unbekannte kniete neben mir nieder und sprach unmittelbar an meinem Ohr weiter:
     

    Der Ballon hatte sich an einen Baum, die Spirituslampe setzte ihn in Brand. (S. 164.)
     
    »Ist Ihnen die Katastrophe von Herrn Zambecarri bekannt? Merken Sie wohl auf: Am 7. October schien das Wetter etwas besser zu werden; während all der vorhergehenden Tage hatte es gestürmt und geregnet, so daß die von Zambecarri angekündigte Ascension nicht hatte stattfinden können. Nun jedoch konnte er die Luftreise nicht länger aufschieben; seine Feinde singen bereits an, ihn zu verspotten, und er mußte sich und die Wissenschaft jetzt wohl oder übel von dem Fluch der Lächerlichkeit retten. Er befand sich in Bologna; niemand stand ihm bei der Füllung seines Ballons bei.
    Um Mitternacht stieg er, von Andreoli und Grossetti begleitet, empor; der Ballon erhob sich langsam, denn er war vom Regen durchweicht und beschädigt, und das Gas entwich schon jetzt. Die drei kühnen Reisenden konnten nur mit einer Blendlaterne ihr Barometer beobachten. Zambecarri hatte seit vierundzwanzig Stunden nichts gegessen, und auch Grossetti war nüchtern.
    Der Frost schüttelt mich, sagte Zambecarri, ich bin erschöpft und werde sterben!«
    »Er sank bewußtlos an der Galerie nieder; Grossetti erging es ebenso. Andreoli allein blieb wach. Nach wiederholten Bemühungen gelang es ihm. Zambecarri aus seiner Betäubung aufzurütteln.
    Was giebt es? Wohin fahren wir? Woher kommt der Wind? Wie viel Uhr ist es?
    Es ist zwei Uhr.
    Wo ist der Compaß?
    Er ist umgefallen.
     

    Der Rasende verschwand in dem Raume. (S. 165.)
     
    Gott im Himmel! das Licht in der Laterne erlischt!
    Es kann in dieser so sehr verdünnten Luft nicht mehr brennen,« erklärte Zambecarri.
    »Der Mond war noch nicht aufgegangen und es herrschte eine undurchdringliche Finsterniß.
    Mich friert, mich friert! Andreoli, was sollen wir beginnen?«
    »Die Unglücklichen durchschifften langsam eine Schicht weißlicher Wolken.
    Still! sagte Andreoli; hörst Du nichts? – ich meine ein sonderbares Geräusch zu vernehmen.
    Du irrst Dich!
    Nein!«
    »Sehen Sie hier die Reisenden, wie sie mitten in der Nacht auf das unbegreifliche Geräusch lauschen. Sie wissen nicht, ob sie im nächsten Augenblick an einen Thurm stoßen oder auf Dächer hinunter stürzen werden!«
    »Hörst Du es jetzt? es klingt wie Meeresbrausen!
    Unmöglich!
    Und doch! es ist das Rauschen der Wogen!
    Gewiß und wahrhaftig!
    Licht! Licht!«
    »Nach fünf fruchtlosen Versuchen gelang es endlich Andreoli, Licht anzuzünden. Es war jetzt um drei Uhr. Das Geräusch der Wogen ließ sich aus immer größerer Nähe, immer gewaltiger vernehmen; das Luftschiff streifte fast an der Oberfläche des Meeres hin.
    Wir sind verloren! schrie Zambecarri und griff nach einem schweren Sack mit Ballast.
    Zu Hilfe!« rief Andreoli.
    »Die Gondel berührte das Wasser, und die Fluth stieg den Reisenden bis an die Brust.«
    »In’s Meer mit den Instrumenten! Die Kleider, das Geld in’s Meer!«
    »Die Aëronauten entblößten sich vollständig, und der Ballon hob sich nun mit rasender Schnelligkeit. Zambecarri bekam arges Erbrechen, und Grossetti blutete heftig. Die Armen konnten kein Wort hervor bringen, so kurz war ihr Athem. Es fror, und in wenigen Minuten waren die Armen mit einer Eiskruste bedeckt. Der Mond schien roth wie Blut.
    Nachdem die Maschine eine halbe Stunde lang diese hohen Regionen durchstreift hatte, fiel sie um vier Uhr Morgens wieder in’s Meer zurück. Die

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