Erzählungen
Schiffbrüchigen standen bis zur Hälfte ihres Körpers im Wasser, und der Ballon schleppte sie, auf der Oberfläche des Meeres schwimmend, mehrere Stunden weit fort.
Als der Tag anbrach, fanden sie sich Pesaro gegenüber, vier Meilen von der Küste, und gedachten zu landen, als ein Windstoß sie erfaßte und auf die hohe See zurück schleuderte.
Sie waren verloren! jede Barke floh entsetzt, so wie sie sich ihr näherten,… Glücklicherweise begegneten sie endlich einem gebildeteren Schiffer, der sie an Bord hißte und in Ferrada an’s Land setzte.
Eine entsetzliche Reise, nicht wahr? Aber Zambecarri bewährte sich als ein braver, energischer Mann. Kaum war er von seinen Leiden wieder hergestellt, so begann er seine Ascensionen von Neuem. Während einer derselben stieß er an einen Baum, wobei sich die brennende Spirituslampe auf seine Kleider ergoß und er von Feuer förmlich eingehüllt wurde, auch seine Maschine hatte bereits Feuer gefangen, als er endlich, halb verbrannt, wieder auf der Erde ankam.
Zuletzt, am 21. September, führte er noch eine Fahrt in Bologna aus, sein Ballon hakte sich an einen Baum, die Spirituslampe setzte den kühnen Schiffer abermals in Brand, Zambecarri stürzte herab und fand seinen Tod!
Und im Angesicht all dieser Thatsachen könnten wir noch schwanken? Nein! je höher wir steigen, desto ruhmvoller wird unser Ende sein!«
Als der Ballon von allen Gegenständen, die er enthalten hatte, befreit war, schwebten wir in Höhen, die nicht mehr abgeschätzt werden konnten. Der Aërostat vibrirte in der Atmosphäre; bei dem geringsten Geräusch hallte das Himmelsgewölbe wieder. Unser Ballon, der einzige Gegenstand, den mein Auge in der Unermeßlichkeit erfaßte, schien bereits der Vernichtung anheim zu fallen; über uns verlor sich die Höhe des Himmels in tiefer Finsterniß.
Ich sah, wie das Individuum sich neben mir aufrichtete.
»Die Stunde ist gekommen, wir müssen sterben! sprach er zu mir. Die Menschen haben uns ausgestoßen und verachtet; wir wollen uns dafür rächen und sie zerschmettern!
– Erbarmen! flehte ich.
– Hauen wir die Seile ab! rief er. Diese Gondel sei ausgesandt in den Weltenraum! Die Attractionskraft wird ihre Richtung ändern, und so können wir noch heute an der Sonne landen!«
Die Verzweiflung galvanisirte mich; ich stürzte auf den Wahnsinnigen zu, wir faßten uns, und ein furchtbares Ringen begann. Aber ich wurde niedergeworfen, und während der Rasende auf mir kniete und mich auf diese Weise festhielt, hieb er die Seile der Gondel durch.
»Eins!… zählte er.
– Gott!…
– Zwei!… Drei!…«
Ich machte eine übermenschliche Anstrengung, richtete mich empor und stieß den Unsinnigen mit Gewalt zurück.
»Bier!« rief er jetzt.
Die Gondel fiel, aber instinctmäßig klammerte ich mich an das Tauwerk und wickelte mich in die Maschen des Netzes.
Der Rasende war in dem Raume verschwunden, während mein Ballon zu unermeßlichen Höhen emporgetragen wurde!
Ein betäubendes Krachen ließ sich hören!… Das zu sehr ausgedehnte Gas hatte die Hülle gesprengt. Ich schloß die Augen…
Nach einigen Secunden wurde ich durch eine feuchte Wärme wieder zum Bewußtsein gebracht; ich schwebte mitten in Feuerwolken. Der Ballon drehte sich mit schwindelnder Schnelligkeit und legte, vom Winde erfaßt, hundert Meilen pro Stunde in seiner horizontalen Bahn zurück. Um ihn her zuckten Blitze.
Mein Fall war indessen nicht sehr rasch; als ich endlich die Augen wieder öffnete, bemerkte ich Land. Trotzdem schwebte ich in größter Gefahr; denn in einer Entfernung von etwa zwei Meilen bemerkte ich das Meer, und der Orkan trieb mich in gerader Richtung darauf zu. Plötzlich fühlte ich eine so mächtige Erschütterung, daß ich unwillkürlich die Seile fahren ließ. Meine Hände lockerten sich; ein Tau glitt schnell zwischen meinen Fingern durch, und ich befand mich auf festem Boden!
Das Ankerseil des Ballons hatte die Erdoberfläche gestreift, sich in einer Felsspalte verfangen, und ich war an ihm herab geglitten. Mein Ballon, der auf diese Weise nochmals bedeutend entlastet wurde, verlor sich bald hinter dem Horizont des Meeres.
Als ich wieder zum Bewußtsein kam, fand ich mich in einem Bauernhause gebettet, und erfuhr, daß ich in Harderwick, einer kleinen Geldern’schen Stadt, sei, die etwa fünfzehn (franz.) Meilen von Amsterdam am Ufer der Zuydersee liegt.
Mein Leben war durch ein Wunder gerettet worden, und als ich mir meine Fahrt noch einmal
Weitere Kostenlose Bücher