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Erzählungen

Erzählungen

Titel: Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Gastfreund, unverletzlich... Ich habe von Ihnen auch Brot und Salz angenommen – ich bin Ihr Gastfreund, Herr, aber Sie missbrauchen die Gastfreundschaft.
    Sie lachen schadenfroh... Haben Sie noch weitere Überraschungen in der Hinterhand... Decken Sie nur ruhig Ihre Karten auf, wir sind allein, und wenn ich Ihnen auch ... aber das ist Unsinn, Sie haben keinen Aktuar, der wollte wohl nicht aus dem Bett? Ich kann Ihnen ja eigentlich erzählen, was ich will, Sie auch verulken, mit einem falschen Geständnis, nur um endlich einmal schlafen zu dürfen, mir fallen schon die Augen zu, ein falsches Geständnis, wie wäre das? Und morgen widerrufen, was meinen Sie? Ein geschickter Advokat könnte mit dieser Situation viel anfangen... Schlagworte wie: psychische Tortur, langes Verhör... unerlaubt langes Verhör, mein Mandant musste zusammenbrechen... Wie glauben Sie, würde das auf das p.p. Publikum wirken? He? Die Justiz hat keine gute Presse... Fragen Sie nur weiter, ich bin sicher, ich bin unschuldig, mir kann nichts passieren.
    Sie schweigen lange... Ich will Ihre Meditationen beileibe nicht unterbrechen...
    Aber finden Sie nicht auch, es wäre Zeit, schlafen zu gehen?... Draussen graut es schon über den Dächern... Heizt man bei Ihnen nicht? Es friert mich... Sie schweigen noch immer... Nun, ich kann's auch.
    Das Kratzen, das man in der Stille hört... ich habe es schon lange bemerkt, dachte, es seien Ratten... oder Mäuse, um aber von diesen Tieren herzurühren, ist das Geräusch zu regelmässig... Ich sollte doch dies Kratzen, dies Schaben, dies Wetzen kennen... Ein Diktaphon! Natürlich! Und ein gutwilliger Gehilfe, der die Rollen austauscht, wenn sie vollgeritzt sind?... Sie sehen, uns Verdächtigtenfällt manchmal auch etwas ein, wir kombinieren auch... Sehr schlau... Jeden Tonfall meiner Stimme können Sie somit den Richtern vorführen, klug, sehr klug. Nur dass Ihnen Ihre Klugheit nichts nützen wird.
    Ihr Schweigen wird langsam peinlich... Soll es eine Methode sein, mich mürbe zu machen? Wir wollen sehen...
    Wildlederhandschuhe... graue Wildlederhandschuhe. Sie lagen neben dem Toten... War ein eleganter Mann, der Zeitungsmann, hatte Bildung, scheinbar, denn er las doch den »Temps«. Graue Wildlederhandschuhe...
    Was es doch manchmal für Zufälle gibt. Vor einer Woche bat mich meine Frau, mit ihr zusammen in ein Handschuhgeschäft zu gehen, sie wolle ihrem Vater ein Paar Handschuhe kaufen, er habe Geburtstag, und ich hätte doch so guten Geschmack. Ich bin mitgegangen, wir haben ein Paar Wildlederhandschuhe gekauft, graue Wildlederhandschuhe... Ein Zufall. Auch die Handschuhe des Toten waren neu.
    Sie schweigen noch immer. Darf ich den Papierfetzen noch einmal sehen?... Vielleicht ist sie es doch, Irene, nur habe ich nie an ihr ein so glückliches Lächeln gesehen... Aber eben, sehen Sie, die Frau, von deren Person Sie nur das Abbild des Kopfes besitzen, die Frau, sie trug auch ein Kleid auf der Photographie, und das Kleid hat mich an ein Sommerkleid Irenes erinnert.
    Nicht einmal mit einem halben Geständnis sind Sie aus Ihrer Reserve zu locken... Denn wenn ich von dem Kleid spreche, muss ich doch die Photographie gesehen haben, denken Sie. Natürlich habe ich sie gesehen, sie lag neben dem Toten, ich habe sie zerrissen, ich wollte nicht..., und die Fetzen habe ich zum Fenster hinausgeworfen, ich dachte, sie seien alle vom Wind fortgetragen worden, aber der Wind hat mir einen Streich gespielt, und just den Kopf hat er mir ins Coupé geweht.
    Ich beobachtete Sie schon lange, Sie warten auf etwas... Ha, ganz können Sie sich auch nicht beherrschen, Sie habenSchritte gehört draussen, jemand kommt, er bringt etwas ... Mich überraschen Sie nicht mehr, ich weiss, was er bringt, der Mann, der näherkommt ... Aber ich will Fassung bewahren ... Sie erlauben mir doch noch eine Zigarette? ... Ich habe da noch zwei oder drei von einer stärkeren Marke ... Nein danke, ich werde sie erst anzünden, wenn Ihre Überraschung kommt.
    Die Schweinsledertasche ... durchweicht ... Sie können wieder abtreten, junger Mann, Sie haben Ihre Sache gut gemacht ... Der Fluss war wohl nicht tief genug, dass Sie sie so schnell haben finden können ... Wie gesagt, Sie haben Ihre Sache gut gemacht, junger Mann ... Sie können abtreten, was ich zu sagen habe, ist zu ernst, die Jugend würde nur darüber lachen ... Und schliesslich Ihnen, Herr Untersuchungsrichter, Herr Schaffroth, jetzt weiss ich Ihren Namen endgültig, werde ihn nicht

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