Erzaehlungen aus Kolyma 04 - Die Auferweckung der Lärche
Kolyma-Gottheit machte.
Für den Lehrgang war kein Preis zu hoch, schien kein Verlust zu groß.
So wurde Krist vom Schicksal gestraft. Nach reiflichem Nachdenken, viele Jahre später, sah Krist ein, dass das Schicksal im Recht war – er hatte noch kein Recht gehabt auf das Waschen seines Hemdes durch fremde Hände.
1966
Der Chef der Politverwaltung
Das Fahrzeug hupte, hupte, hupte … Es rief den Krankenhauschef, schlug Alarm … Und die Gäste stiegen schon die Treppenläufe hinauf. Sie hatten weiße Kittel übergezogen, und die Kittel platzten über den Schulterstücken wegen der für die militärischen Gäste zu engen Krankenhausuniform.
Allen um zwei Stufen voraus lief ein hochgewachsener weißhaariger Mann, dessen Namen im Krankenhaus alle kannten, aber den von Angesicht zu Angesicht noch niemand gesehen hatte.
Es war Sonntag, die Freien hatten Sonntag, der Krankenhauschef spielte Billard mit den Ärzten und schlug sie alle – alle verloren gegen den Chef.
Der Chef verstand das brüllende Hupen gleich und wischte sich die Kreide von den schwitzenden Fingern. Er schickte einen Boten – zu sagen, dass er kommt, dass er gleich kommt.
Aber die Gäste warteten nicht.
»Fangen wir mit der Chirurgischen an …«
In der Chirurgischen lagen um die zweihundert Mann, zwei große Krankensäle zu je achtzig Betten, der eine sterile Chirurgie, der andere septische; in der Sterilen liegen alle geschlossenen Brüche, alle Verstauchungen. Dann – die postoperativen kleinen Säle. Und ein Saal mit sterbenden Kranken der septischen Abteilung: Blutvergiftungen, Gangräne.
»Wo ist der Chirurg?«
»Er ist in die Siedlung gefahren. Zu seinem Sohn. Sein Sohn geht dort zur Schule.«
»Und der Chirurg vom Dienst?«
»Der Chirurg vom Dienst kommt sofort.«
Aber der diensthabende Chirurg Utrobin, den man im ganzen Krankenhaus als Ugrobin hänselte, war betrunken und erschien nicht auf den Ruf der hohen Chefs.
Durch die Chirurgische begleitete die hohen Chefs der Oberfeldscher, ein Häftling.
»Nein, wir brauchen deine Erläuterungen, deine Krankengeschichten nicht. Wir wissen, wie sie geschrieben werden«, sagte der hohe Chef dem Feldscher, als er den großen Krankensaal betrat und die Tür hinter sich schloss. »Lasst auch den Krankenhauschef erstmal hier nicht hinein.«
Einer der Adjutanten, ein Major, bezog Posten an der Tür zum Krankensaal.
»Hören Sie«, sagte der weißhaarige Chef, er trat in die Mitte des Krankensaals und führte die Hand über die Betten, die in zwei Reihen entlang der Wände standen, »hören Sie. Ich bin der neue Chef der Politverwaltung von Dalstroj. Wer von euch Brüche und Prellungen hat, die er im Bergwerk oder in der Baracke von Vorarbeitern und Brigadieren, kurz, infolge von Schlägen bekommen hat, meldet euch. Wir sind gekommen, um das Verletzungsgeschehen zu untersuchen. Das Verletzungsgeschehen ist ungeheuerlich. Aber wir machen Schluss damit. Alle, die ihr solche Verletzungen erlitten habt, erzählt es meinem Adjutanten. Major, schreiben Sie!«
Der Major klappte einen Block auf und zückte den Füllhalter.
»Na?«
»Und Erfrierungen, Bürger Natschalnik?«
»Erfrierungen nicht. Nur Schläge.«
Ich war Feldscher dieses Krankensaals. Von den achtzig Kranken hatten siebzig solche Verletzungen, und in der Krankengeschichte war all das aufgezeichnet. Aber kein einziger Kranker reagierte auf den Aufruf der Leitung. Niemand glaubte dem weißhaarigen Chef. Beklag dich, und sie werden mit dir abrechnen, gleich am Bett. So aber wird man dich, zum Dank für den sanften Charakter, für die Einsicht, einen Tag länger im Krankenhaus halten. Zu schweigen war sehr viel vorteilhafter.
»Ich – mir hat ein Soldat die Hand gebrochen.«
»Ein Soldat? Schlagen etwa bei uns die Soldaten die Häftlinge? Wahrscheinlich war das kein Wachsoldat, sondern ein Brigadier?«
»Ja, wahrscheinlich ein Brigadier.«
»Na seht ihr, was ihr für ein schlechtes Gedächtnis habt. So eine Gelegenheit wie meine Anreise gibt es ja selten. Ich bin die oberste Kontrolle. Wir erlauben nicht zu schlagen. Überhaupt muss Schluss sein mit der Roheit, dem Rowdytum, mit den schmutzigen Flüchen. Ich habe schon auf der Beratung des Wirtschaftsaktivs gesprochen. Habe gesagt – wenn der Chef des Dalstroj unhöflich ist in seinen Gesprächen mit dem Verwaltungschef, wenn sich der Chef der Bergwerksverwaltung, wenn er die Bergwerkschefs rüffelt, beleidigende, schmutzige Schimpfworte erlaubt – wie soll dann der
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