Es begann im Grand Hotel
Geschwistern nicht anders ging.
Plötzlich drehte Bonita sich wieder zu ihnen um. Ihr Blick war erstaunlich klar und unverhohlen bissig. „Ich gebe dir ja nicht die Schuld, Brooke. Du folgst schließlich nur dem Beispiel deines Vaters. Deine Geschwister tun das schon viel länger. Brittany war schon immer schwer zu bändigen gewesen, und Stephen wusste nicht einmal, dass er ein Kind hatte, dabei ist es schon drei Jahre alt.“
Stephen ging auf sie zu und blieb neben Parker stehen. „Mutter, du gehst zu weit.“ Die Brüder stützten Bonita und begleiteten sie die Treppe hinauf. Während Brooke die Szene beobachtete, verspürte sie einen Stich im Herzen. „Parker und ich helfen dir hinauf, und Lisette kann dich dann ins Bett bringen.“
Bonita entriss sich Stephens Griff und wandte sich wieder an Brooke. „Pass auf, junge Dame, sonst kommen die Gene deines Vaters doch noch in dir durch.“
Der böse Tonfall ihrer Mutter traf Brooke bis ins Innerste. Sie suchte nach einer passenden Erwiderung, brachte jedoch nur gerade genug Kraft auf, um sich auf den Beinen zu halten. Es war schon demütigend genug, dass Jordan das alles mit ansehen musste. Brooke dachte nicht daran, jetzt auch noch um einen Stuhl und ein Glas Wasser zu bitten.
Langsam atmete sie durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus. Diese Atemtechnik kannte Brooke aus einem Buch, in dem auch andere Entspannungsübungen beschrieben waren. Sie fand einen Punkt, auf den sie sich konzentrieren konnte – den Blumenstrauß auf der Anrichte –, und atmete weiter ein und aus, bis sie die Schimpftirade ihrer Mutter nur noch wie ein dumpfes, weit entferntes Geräusch wahrnahm.
Genauso hörte sie auch Jordans Stimme wie aus der Ferne. Er klang ruhig und doch ärgerlich. Brooke wollte ihrer Mutter raten, diesen Mann nicht zu sehr zu reizen, aber da sah sie die Blumen nur noch verschwommen vor sich. Der verflixte Strauß wackelte, und um Brooke herum wurde es auf einmal dunkel.
Im Bruchteil einer Sekunde erkannte Brooke, dass sie gleich in Ohnmacht fallen würde. Dann hörte sie Jordan etwas rufen und spürte seine starken Arme um sich, als er sie auffing.
So fühlte sich also Angst an.
Jordan Jefferies hatte so etwas noch nie empfunden. Die Wartezeit schien sich ewig hinzuziehen, die er im Krankenhaus verbringen musste. Während er dasaß und immer noch nicht wusste, was Brooke und ihrem Baby fehlte, geriet er allmählich in Panik. Brooke war im Wagen wieder zu Bewusstsein gekommen, die lange Fahrt zu ihrer Frauenärztin hatte sie benommen überstanden.
Wenigstens hielten die Garrisons den Mund, seit sie im Krankenhaus angekommen waren. Bonita wurde mit Kaffee versorgt. Zweifellos hofften ihre Kinder, dass ihre Mutter nüchtern wurde. Im Moment hatten sie jedenfalls eine betrunkene Frau am Hals, die zumindest klug genug war zu schweigen.
Nur mühsam gelang es Jordan, seine Wut auf diese Frau zu unterdrücken. Immerhin hatte sie Brooke mit ihren bösartigen Bemerkungen so aufgeregt. Wie konnte sie es überhaupt wagen, so mit ihrer Tochter zu sprechen?
Brooke war eine starke, selbstbewusste Geschäftsfrau. Sie hatte das „Sands“, ein Immobilienunternehmen der Familie, allein und sehr erfolgreich geführt. Im letzten Jahr hatte Brooke jede einzelne Luxuswohnung zu Rekordpreisen verkauft. Jordan fand es erstaunlich, dass Brooke einerseits diesen beeindruckenden Geschäftssinn und andererseits diese weiche Seite hatte, die sie bei ihrer Familie zeigte.
Plötzlich summte ein Pager und riss Jordan wieder in die Wirklichkeit zurück. Die drei Garrison-Brüder überprüften ihre Apparate.
Parker seufzte. „Es ist meiner. Entschuldigt. Von meiner Empfangsdame. Sie muss warten.“
Für Parker Garrison gab es tatsächlich Wichtigeres als seine Geschäfte? Sekundenlang wunderte Jordan sich sehr über Parkers untypisches Verhalten, bevor er wieder an Brooke dachte und den Pager völlig vergaß.
Im nächsten Moment wurde die Flügeltür aufgestoßen, und die Ärztin erschien – eine etwa fünfzigjährige Frau, die auf Jordan einen sehr tüchtigen Eindruck machte. Sie hatten sich vorhin, als sie Brooke in das Untersuchungszimmer gebracht hatte, nur sehr kurz begrüßt. Hastig stand Jordan auf.
Die Ärztin nickte Parker Garrisons Frau Linda zu und wandte sich dann an die ganze Gruppe. „Brooke geht es besser. Und das Baby scheint in Ordnung zu sein.“
Scheint? Erschrocken trat Jordan einen Schritt auf sie zu. Er brauchte mehr Einzelheiten, sonst würde
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