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Es begann in einer Winternacht

Es begann in einer Winternacht

Titel: Es begann in einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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leben.
    Aber als er diskret über die Galerie im ersten Stock wanderte, bemüht, nicht in das Blickfeld der Spieler auf dem geschäftigen Parkett zu gelangen, wurde sich Sebastian einer drängenden Neugier bewusst, der er sich nicht entziehen konnte. Seine Hände nachlässig in die Taschen seines Gehrocks gesteckt, lehnte er sich an eine Säule. Er beobachtete die Croupiers und bemerkte die höchst halbherzigen Bemühungen des Aufsehers, das Spiel zu überwachen und alles in gutem Tempo am Laufen zu halten. Die Aktivität an allen drei Hazardtischen schien etwas schleppend zu sein. Jemand musste Schwung in die Sache bringen und eine Atmosphäre schaffen, die die Gäste animierte, schneller und höher zu spielen.
    Schlampige Huren wanderten träge durch den Raum und blieben bei den männlichen Gästen stehen, um mit ihnen zu reden. Wie das Essen auf der Anrichte im Speisesaal waren die Frauen eine der kostenlosen, in der Mitgliedschaft enthaltenen Leistungen. Ob ein Mann ein Mädchen zum Trost oder zum Feiern brauchte, die Prostituierten würden ihn in eines von mehreren Separees im Obergeschoss begleiten, die für genau diesen Zweck reserviert waren.
    Sebastian ging hinab ins Erdgeschoss, durch die Kartenräume und den Kaffeesalon, und betrachtete die Umgebung.
    Es gab kleine, aber unübersehbare Anzeichen, dass er hier ein Unternehmen auf absteigendem Ast vor sich hatte.
    Vermutlich hatte Jenner es nach dem Ausbruch der Schwindsucht versäumt, einen zuverlässigen Vertreter für sich zu ernennen. Sein Faktotum, Clive Egan, war entweder unfähig oder unehrlich oder beides. Sebastian wollte die Rechnungsbücher sehen, die Aufstellungen von Ausgaben und Einnahmen, die vertraulichen finanziellen Aufzeichnungen über die Mitglieder des Clubs, die Listen mit den Mieteinnahmen, Hypotheken, Schulden, Schuldscheine, Kredite – alles, was ihm ein vollständiges Bild verschaffen würde, ob der Club finanziell auf festen Beinen stand. Oder eben nicht.
    Als er sich zurück zur Treppe wandte, sah er den Zigeuner, Rohan, in einer dunklen Ecke warten. Seine Körperhaltung war entspannt. Voller Bedacht sagte Sebastian nichts, um den jungen Mann zu zwingen, zuerst zu sprechen.
    Rohan hielt seinem Blick stand und fragte mit ausgesuchter Höflichkeit: „Kann ich Ihnen helfen, Mylord?“
    „Sie können damit anfangen, dass Sie mir sagen, wo Egan ist.“
    „Er ist in seinem Zimmer, Mylord.“
    „In welchem Zustand?“
    „Indisponiert.“
    „Ah“, sagte Sebastian sanft. „Ist er häufig indisponiert, Rohan?“
    Der Zigeuner blieb still, dennoch konnte Sebastian ihm förmlich ansehen, wie fieberhaft er nachdachte.
    „Ich will den Schlüssel zu seinem Büro“, sagte Sebastian. „Ich will einen Blick in die Rechnungsbücher werfen.“
    „Es gibt nur einen Schlüssel, Mylord“, antwortete Rohan, der ihn weiter aufmerksam ansah. „Und den hat Mr. Egan immer bei sich.“
    „Dann holen Sie ihn für mich.“
    Die dunklen Brauen des jungen Mannes hoben sich kaum merkbar. „Sie wollen, dass ich ihn bestehle, wenn er betrunken ist?“
    „Das ist zumindest deutlich einfacher, als zu warten, dass er wieder nüchtern wird“, stellte Sebastian zynisch fest.
    „Und es ist kein Diebstahl, wenn der Schlüssel so gut wie mir gehört.“
    Rohans junges Gesicht wurde hart. „Meine Loyalität gehört Mr. Jenner. Und seiner Tochter.“
    „Genau wie meine.“ Das war natürlich eine Lüge. Der Hauptanteil von Sebastians Loyalität galt allein ihm selbst.
    Evie und ihr Vater kamen entsprechend weit entfernt auf Platz zwei und drei. „Holen Sie mir den Schlüssel, oder stellen Sie sich darauf ein, Egan zu folgen, wenn er morgen dieses Haus für immer verlässt.“
    Die Luft schien erfüllt von einer unausgesprochenen Herausforderung zwischen den beiden Männern. Nach einem Moment mischte sich fast widerstrebend Neugier in Rohans abfälligen Blick. Als er nachgab und mit seinen langen, geschmeidigen Schritten zur Treppe hinüberging, war es nicht aus ängstlichem Gehorsam, sondern eher aus dem Verlangen heraus zu erfahren, was Sebastian als Nächstes tun würde.
    Als Sebastian Cam Rohan schließlich losschickte, um Evie nach unten zu bringen, hatte sie das Zimmer ihres Vaters aufgeräumt und die widerwillige Hilfe eines Hausmädchens in Anspruch genommen, um die Bettwäsche zu wechseln. Die Laken waren feucht von Schweiß. Auch wenn ihr Vater sich unruhig bewegte und leise murmelte, als sie ihn vorsichtig erst auf die eine und dann auf die

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