Es duftet nach Liebe (German Edition)
Dummes Herz.
Denn wollte er das überhaupt? Wollte er sich Hoffnungen machen? Vor dem Telefon sitzen und auf einen Anruf warten, der vielleicht niemals kam? Wie würde Henning wohl dieses Abenteuer sehen, wenn er wieder zu Hause war, in seinem gewohnten Umfeld und der Alltag ihn einholte? Wenn er Abstand zu dem hier gewann. Würde er dann überhaupt noch einen Gedanken an ihn verschwenden?
Und er kannte sich selbst viel zu gut, um zu wissen, dass er es sehr wohl tun würde. Zumindest solange wie nur der Funken Hoffnung bestand, dass Henning sich bei ihm meldete.
Vielleicht fragte er auch aus reiner Höflichkeit, und weil er dachte, es würde von ihm erwartet? Schließlich gehörte eine gewisse Portion Mut dazu vor dem Anderen einzugestehen, dass es nur Sex gewesen war. Einmaliger Sex.
Daher brachte er selbst es auch nicht übers Herz, Henning eiskalt eine Abfuhr zu erteilen. So routiniert war er in diesen Dingen nicht. Also tat er etwas, was ihm zwar Magenschmerzen bescherte, ihm aber dennoch, als das Richtige erschien – er nannte ihm eine falsche Adresse und baute einen Zahlendreher ein.
„Soll ich dir meine auch ...“, begann Henning, doch Jan unterbrach ihn schnell.
„Nein, meld' ... meld' du dich lieber, ja?“
Kurz schien Henning irritiert, nickte aber. Sanft legte er ihm eine Hand in den Nacken, zog ihn zu sich, bis sie Stirn an Stirn lehnten und ihre Nasenspitzen sich berührten.
„Ich könnte mich in den Arsch treten, weißt du das?“, murmelte Henning.
„Warum?“
„Weil ich so ein Trottel war, und nicht sofort, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe, zu dir marschiert bin und ...“
„Und das gemacht hast?“, beendeter Jan lächelnd seinen Satz und küsste ihn zart. Das Wissen, dass Henning genauso empfand, wie er selbst, weckte den Schmetterlingsschwarm erneut. Ließ ihn wuseln und schwirren.
Seufzend erwiderte Henning den Kuss, intensivierte ihn aber sofort. Das Ratschen eines Reißverschlusses ließ sie auseinanderfahren. Einer von Hennings Freunden, Frank, steckte seinen Kopf aus dem Zelt. Seine Augen waren leicht verquollen und die hellbraunen Haare standen in alle Himmelsrichtungen. Blinzelnd sah er zu ihnen.
„Mann, ich wollte schon eine Vermisstenanzeige aufgeben“, kam ein verschlafener Vorwurf, gefolgt von einem herzhaften Gähnen.
„War mir zu heiß“, erwiderte Henning lediglich, warf Jan jedoch einen schnellen Blick zu, der sich auf die Lippen beißen musste. Ja, heiß, die perfekte Beschreibung der vergangenen Nacht. Amüsiert räusperte er sich leise.
„Also dann, wir sehen uns sicher nachher noch“, murmelte er und ging an Henning vorbei, der so wirkte, als wolle er noch etwas sagen, dann jedoch schwieg und lediglich nickte.
Frank blickte ihm verwundert nach, als er an ihm vorbei und zu seinem Zelt huschte. Zum Glück schlief er allein und würde niemanden wecken. Hinter sich hörte er noch Hennings und Franks Geflüster, bevor er in seinem Zelt verschwand und sich auf seinen unbenutzten Schlafsack fallen ließ. Was für eine Nacht!
***
Zunächst dachte er, nicht noch einmal einschlafen zu können, dabei war es erst kurz vor sechs und seine Freunde würden sich frühestens in zwei Stunden rühren. Eine Weile starrte er an die Zeltdecke, lauschte den Geräuschen, nickte dann aber doch ein. Ein unsanftes Rütteln an der Schulter weckte ihn und statt in Hennings lächelndes Gesicht, blickte er nun in Bernds Grimmiges.
„Stehst du mal endlich auf? Wir wollen schließlich nicht in den allergrößten Stau kommen.“ Verwundert sah Jan sich um und erhaschte einen Blick auf seinen Wecker, der natürlich nicht geklingelt hatte, da er gestern Nacht gar nicht dazu gekommen war, ihn zu stellen.
Es war bereits neun durch. Mist! Schnell setzte er sich auf und rubbelte sich über die Augen, bevor er sich durch die Haare fuhr. Zum Glück war er wenigstens bereits, oder besser gesagt immer noch, angezogen. Duschen würde jetzt zwar nicht schaden, fiel aber nun flach, dazu fehlte ihm die Zeit. Deo musste also reichen.
Hastig verpasste er sich eine ordentliche Ladung, sodass er in dem Zelt fast eine Gasmaske brauchte, und packte seinen Krempel zusammen.
Als er nach draußen krabbelte, waren die anderen schon dabei ihre Zelte abzubauen. Das Frühstück hatte er also auch verpennt. Großartig, dabei hing ihm der Magen in den Kniekehlen und ein Kaffee wäre nicht verkehrt gewesen. Selbst Schuld, sagte er sich, reckte sich und schielte automatisch zu Hennings Zelt.
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