Es duftet nach Liebe (German Edition)
schließlich aus dieser besonderen Eisdiele sein, ein Schnödes aus dem Supermarkt reichte nicht aus. Und auf diesem Weg waren sie an einem Blumenladen vorbeigekommen, dessen Inhaber offenbar ein ganzes Sonnenblumenfeld geplündert hatte. Der Anblick und ihr Duft hätten ihn beinahe postwendend die Flucht ergreifen lassen.
„Hab einfach nur schlecht geschlafen“, nuschelte er jetzt und verdrängte rigoros den Gedanken. Tilda entlockte er mit dieser Behauptung lediglich ein beleidigtes Schnauben.
„Und wer stiehlt dir so oft den Schlaf?“, fragte sie honigsüß, offenbar nicht gewillt locker zu lassen. Sie war da wie ein Terrier, einmal den Knochen im Maul, ließ sie nicht mehr los. Leider war er meist ihr Knochen.
„Niemand Bestimmtes“, murmelte er und kramte, vor seinem Haus angekommen, nach dem Haustürschlüssel, wobei er die Einkaufsbeutel, zwischen die Beine stellte, um diese zu stützen.
„Ach komm! Jetzt beleidigst du mich echt. Belügen brauchst du mich nicht“, empörte sie sich. Jans schlechtes Gewissen meldete sich. Doch bevor er etwas erwidern konnte, meinte sie plötzlich: „Sag mal, kennst du den?“
Mit einem Kopfnicken wies sie zur anderen Straßenseite und runzelte die Stirn. Verwundert folgte Jan ihrem Wink und sein Herz schien eine Sekunde auszusetzen. Das konnte doch nicht ...
Ohne auf seine Einkaufsbeutel zu achten, setzten sich seine Beine von selbst in Bewegung. Dass die Tüten ohne die Stütze seiner Waden munter durcheinanderpurzelten, ignorierte er genauso wie die Rufe seiner Schwester. Er stoppte erst, als er vor Henning stand, der ihm auf halber Strecke entgegenkam.
„Was machst du denn hier?“, hauchte Jan und konnte seinen Blick nicht von ihm wenden. Gott, er sah noch besser aus, als er ihn in Erinnerungen hatte. Träumte er? Was nicht ausgeschlossen war, schließlich erwischte er sich mindestens sechs Mal am Tag, wie er sich ein solches Szenario oder ähnliche ausmalte.
„Auf dich warten“, grinste Henning leicht schief und senkte den Blick. „Obwohl ich gar nicht weiß, ob du mich überhaupt sehen willst.“
„Quatsch!“, stieß Jan hervor, überbrückte den Schritt, der sie noch trennte, und küsste ihn.
Kein Traum, dafür fühlte sich dies hier viel zu gut an. Sofort schlang Henning einen Arm um ihn und zog ihn an sich. Erst ein diskretes Hüsteln ließ sie sich trennen und verlegen umschauen. Tilda stand neben ihnen und wippte leicht auf den Fersen, während sie ihren Bruder ebenso neugierig, wie amüsiert ansah. Auch Henning musterte ihn nun eindringlich, eine kleine Falte bildete sich auf seiner Stirn.
„Ähm Henning, das ist meine Schwester Tilda. Tilda, Henning. Wir haben uns vor drei Wochen an der Nordsee kennengelernt“, stellte Jan leicht verschämt vor.
„Na jetzt wird mir Einiges klar“, grinste Tilda. „Freut mich wirklich sehr dich kennenzulernen.“ Damit reichte sie Henning die Hand und schüttelte sie heftig, sodass dieser verblüfft zusammenzuckte. „Weißt du was, wir lassen das heute mit dem kochen. Ich komm einfach … ähm Montag oder besser Dienstag vorbei, ja?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte Tilda sich winkend um und schlenderte die Straße entlang.
„Sie ist sehr ...“, begann Henning und kratzte sich am Kopf als suche er nach dem richtigen Wort.
„Ja, ist sie“, nickte Jan und schlug nun doch etwas befangen vor: „Ähm … sollen wir vielleicht hochgehen?“
Mit leicht schräg gelegtem Kopf betrachtete Henning ihn und Jan rechnete schon mit einer Abfuhr, als er mit den Händen in den Hosentaschen vergraben nickte. Erleichtert atmete Jan durch, ging vor und erblickte erst jetzt das Chaos vor seiner Haustür. Natürlich war Tilda nicht auf den Gedanken gekommen, die Dosensuppen, Äpfel und Chipsdosen, die aus den Tüten gerutscht waren, derweil aufzusammeln.
Peinlich berührt ging Jan in die Hocke und suchte alles auf, wobei Henning ihm einen etwas weiter entwischten Apfel anreichte. Danach kramte er erneut nach seinem Schlüssel und schloss die Tür auf. Ohne ein Wort nahm Henning ihm eine der Tüten ab, wodurch sich das Ganze etwas leichter gestaltete.
Während sie gemeinsam schweigend in den zweiten Stock hinaufstiefelten, verfluchte er sich insgeheim, dass er die letzten Wochen so ein Chaot gewesen war. Seine Wohnung sah aus wie ein Schweinestall.
„Komm doch rein“, bat er dennoch und machte eine einladende Handbewegung den Flur hinunter. Sein trautes Heim war klein, zwei Zimmer, Küche, Bad, aber für
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