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Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition)

Titel: Es geschah in Berlin 1910 Kappe und die verkohlte Leiche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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jedenfalls hat sie sich mit ihm wesentlich mehr beschäftigt als mit mir.»
    Galgenberg suchte ihn zu beruhigen. «Kann sein, dass die Frauen einen manchmal eifersüchtig machen wollen, damit man dann so richtig ernst macht. Ach ja: Ehret die Frauen, / sie weben und flechten / irdische Dornen / ins himmlische Leben.»
    Als sie in der Thurmstraße aus der Straßenbahn stiegen, hatten sie wenig Lust, ins Krankenhaus Moabit zu gehen.
    «Ich sehe mich immer selber da liegen», sagte Kappe. «Mit einer schrecklichen Schusswunde.»
    Galgenberg hatte andere Ängste, er fürchtete, sich anzustecken. «Da schwirren einem doch mehr Bakterien um den Kopf als Kugeln bei einem Gefecht. Aber selber schuld: Sie haben uns das eingebrockt mit der Schünow.»
    «Wir müssen mehr über Tilkowski wissen, wenn wir seinen Mörder finden wollen», beharrte Kappe.
    Galgenberg hatte keine Lust, groß über das Thema zu diskutieren. «Ein Satz mit Muttererde?»
    «Weiß ich nicht.»
    «Mutter, eh’r de jehst, schmeiß mir noch ’ne Stulle runta.» Der Pförtner des Krankenhauses kam seiner Aufsichtspflicht in vorbildlicher Art und Weise nach und herrschte sie an, als sie an seinem Glaskasten vorbeikamen und dachten, ein freundliches Nicken würde als Legitimation ausreichend sein. «Halt! Die Herren da! Wo wollen Sie hin? Wir haben jetzt keine Besuchszeit.»
    Galgenberg lachte. «Ooch wenn de noch so in’n Kies pupst, Junge, det jibt noch lange keene Wolke.»
    «Ich verbitte mir das!», rief der Mann, dessen Gesicht Kappe an ein Frettchen erinnerte.
    Galgenberg zeigte ihm seine Dienstmarke. «Wir möchten zu einem Fräulein Schünow.»
    «Das hätten Se doch ooch jleich sagen können.» Der Mann zog sich in sein Kabuff zurück, um in seiner Kladde zu blättern und ihnen Auskunft zu geben.
    Als sie die Station erreicht hatten, in die Sophie Schünow gebracht worden war, stellte sich ihnen die Oberschwester in den Weg und wollte sie nicht ans Bett der Kranken lassen, nicht ohne Einwilligung der Ärzte jedenfalls. Die ließen sich schließen breitschlagen. «Aber nicht für länger als zehn Minuten, sie steht immer noch etwas unter Schock.» Damit nicht der ganze Saal mithören konnte, sollte sie in einen gerade nicht benutzten Verbandsraum gebracht werden. «Warten Sie bitte einen Augenblick.»
    Der Augenblick zog sich lange hin. «Ein Satz mit Konzert und Feldmütze?», fragte Galgenberg.
    «Keine Ahnung.»
    «Cohn zerrt seine Olle durch ’n Saal und fällt mit se.»
    Endlich wurden sie zu Sophie Schünow geführt. Sie saß reglos auf ihrem Stuhl und starrte gegen die Wand. Aber auch in diesem Zustand war sie noch unglaublich attraktiv. Die hätte doch einen anderen haben können als einen simplen Kohlenträger, dachte Kappe.
    «Wir dürfen Ihnen unser herzliches Beileid aussprechen», begann Galgenberg, als sie Platz genommen hatten.
    «Er war ein wunderbarer Mensch», sagte sie mit tonloser Stimme.
    «Ja. ..» Kappe schwieg einen Augenblick. Er als Sohn eines einfachen Fischers hatte wenig Grund, einen Standesdünkel an den Tag zu legen, aber dennoch fragte er sich, was an einem Kohlenarbeiter wunderbar sein sollte, war er doch stets verschwitzt und roch aus jeder Pore nach Briketts, also dumpf und abstoßend. Aber was konnte er da mitreden, er kannte Paul Tilkowski nur als verkohlte Leiche. «Wir müssen alles daransetzen, seinen Mörder zu finden, Fräulein Schünow, und brauchen dazu Ihre Hilfe.»
    «Ja.»
    «Ist Ihnen denn in letzter Zeit jemand aufgefallen, der Drohungen ausgestoßen hat? Ich meine, jetzt nach Ausbruch des Streiks?»
    «Nein.»
    Galgenberg nahm das Wort. «War denn jemand von den Streikenden bei ihm auf dem Platz und hat man ihm gesprochen?»
    «Weiß ich nicht.»
    So ging es noch ein paar Minuten, und Kappe musste sich eingestehen, dass von Canow wohl recht gehabt hatte und es fruchtlos war, mit den Menschen zu reden, die Paul Tilkowski nahegestanden hatten. So bedankten sie sich denn bei Sophie Schünow, wünschten ihr gute Besserung und verließen die Station.
    Als sie an der Pförtnerloge vorbeikamen und Galgenberg sich mit einer deftigen Bemerkung verabschieden wollte, lief ihnen Gottfried Kockanz über den Weg. Er hielt einen riesigen Blumenstrauß in der Hand.
    «Sie wollen auch zu Fräulein Schünow?», fragte Kappe.
    «Ja, sie wieder etwas aufrichten und das mit der Beisetzung besprechen.» Er seufzte. «Es ist alles so schrecklich. Und. .. Sind Sie denn schon weiterkommen bei der Suche nach dem

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