Es geschah in einer Sommernacht
dachte.
„Einige seiner neuen Geschäftspartner waren sehr erfolgreich und unglaublich reich. Es gab tagelange Partys und Glückspiele mit hohen Einsätzen. Seb wurde ab und zu eingeladen.“ Sie verstand es immer noch nicht ganz. Seb war so klug und ehrgeizig. Wie war er nur so schnell in so schlechte Gesellschaft geraten?
„ Charles Wakefield hat ein Pferderennen veranstaltet“, erzählte sie weiter. Sie wollte die Geschichte so schnell wie möglich zu Ende bringen. „Emma war verreist, also ging Seb alleine. Er spielte, bis er alles verloren hatte, was er besaß. Aber Wakefield überredete ihn zu bleiben. Dann hat diese Schlange ihn ordentlich betrunken gemacht und ihm eingeredet, dass es ganz leicht sei, mit einem einzigen Gewinn das Geld für die Firmenexpansion zusammenzukriegen.“
Sie holte Luft und fuhr fort: „Seb hatte kein Geld mehr, das er einsetzen konnte. Aber Wakefield meinte, dass auch das kein Problem wäre. Er erzählte ihm irgendwas von einem Deal unter Freunden.“ Und Seb war so blau, dass er ihm blindlings vertraute.
„Natürlich hat mein Bruder verloren. Und am nächsten Tag eröffnete ihm Wakefield, dass er unterschrieben hätte, die Firma als Sicherheit einzusetzen.“
„Und er hat wirklich selbst unterschrieben?“ Ronan Carlisle beugte sich über den Tisch.
„Ja, leider.“ Marinas Stimme klang bitter. „Wakefield hat nichts dem Zufall überlassen. Einer seiner Anwälte war als Zeuge dabei. Das Dokument ist rechtsgültig, wir haben es prüfen lassen. Und Wakefield hat Zeugen, die aussagen, dass Seb wusste, was er tat.“
„Gierige Ratte.“ Ronan fuhr sich grimmig mit einer Hand durchs Haar.
„Sie sagen es.“
Marina schob den Teller mit ihrem Essen von sich. Sie hatte keinen Appetit mehr. Wenn das doch alles nur ein böser Traum wäre!
„Aber die Firma gehört Ihnen beiden. Ihr Bruder durfte nichts verspielen, was ihm nicht allein gehört.“
„Und was soll ich Ihrer Meinung nach tun?“, fragte sie wütend. „Sebs Zukunft ruinieren, indem ich auf meinem Recht beharre? Abgesehen davon, dass es ohnehin nichts bringen würde. Wie gesagt, Wakefield hat an alles gedacht. Die Sache ist wasserdicht.“
Sie fiel in ihren Stuhl zurück und sah Ronan erschöpft an. Jeder einzelne Knochen tat ihr weh. Sie war so nah dran aufzugeben, dass es ihr Angst machte.
„Okay, fassen wir zusammen. Sie stehen auf der Seite ihres Bruders. Er hat Ihre Firma verspielt. Und Wakefield wird kaum weniger akzeptieren als das.“
Marina nickte schwerfällig.
„Und jetzt verkaufen Sie als Erstes das Haus Ihrer Familie, um an Geld zu kommen.“
„Woher wissen Sie das?“
„Ich habe Sie gestern nach Hause gefahren, wissen Sie nicht mehr? In der Einfahrt steht ein Schild: Zu verkaufen .“ Ronan machte eine Pause. „Wo werden Sie wohnen?“
Marina starrte vor sich hin. Was machte es schon, wo sie wohnte? Sie war gerade erst ins Leben zurückgekehrt, nachdem ihr Vater gestorben war und sie monatelang im Krankenhaus gelegen hatte. Sie war nicht mal bei der Beerdigung gewesen, und eine Zeit lang hatte sie gedacht, dassdieTrauer nie aufhören würde. Bis zu demTag, an dem sie erfuhr, dass die Firma auf dem Spiel stand. Und damit alles, wofür ihrVater ein Leben lang gearbeitet hatte.
Sie musste das Unternehmen retten, alles andere war im Moment egal. Alles – sogar ihre heftigen Gefühle für diesen Mann.
„Wo ich wohne, werde ich mir überlegen, wenn es soweit ist. Sie sagten, Sie wüssten, wie wir die Firma doch noch behalten können?“ Sie würde nicht lockerlassen – auch wenn sie darauf gefasst war, dass Ronan wieder auswich.
Aber er hielt ihrem Blick stand, selbstsicher und ohne mit der Wimper zu zucken. Was auch immer er im Schilde führte, er war offenbar sicher, dass es ihm gelingen würde. Seine Haltung war aufrecht, und das kleine Lächeln um seine Mundwinkel strahlte entspannte Überlegenheit aus.
„Sie haben doch einen Plan, oder?“ Ihr Herz klopfte schneller.
Er nickte. „Ja. Aber er ist ungewöhnlich.“
„Illegal, meinen Sie?“
Ronans Mundwinkel zuckten leicht. Wie verzaubert sah Marina ihn an. Hatte er irgendeine Ahnung, wie sexy er jetzt aussah?
„Nein, nicht illegal. Ich lasse mir zwar einiges einfallen, wenn es um das Geschäft geht, aber ich halte mich an die Gesetze.“
Sie nickte. Ronan Carlisle hatte nicht nur den Ruf eines besonders erfolgreichen, sondern auch eines sehr fairen Geschäftsmannes.
Aber was war dann sein Plan? Und wieso wollte er
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