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Es gibt kein nächstes Mal

Es gibt kein nächstes Mal

Titel: Es gibt kein nächstes Mal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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    Er schien mit Begeisterung über seine
Geschwister zu reden. Er war das älteste Kind in der Familie, und er war stolz
auf die jüngeren, ganz so, wie Eltern stolz auf ihre Kinder waren. Daisy erfuhr
vom Footballteam seines jüngeren Bruders, von den Abschlußzeugnissen der
Zwillinge und von Nualas Aufnahme in die Royal Academy of Dramatic Art. Es
freute und faszinierte ihn, daß sein persönlicher Ruhm es denjenigen
erleichterte, die nach ihm kamen. Er lachte viel beim Reden. Es war ein
unbedachtes, junges Lachen, und zwischendurch, wenn er gerade einmal nicht
schallend lachte, sprach er so leise, daß Daisy sich vorbeugen mußte, um ihn zu
verstehen. Für einen Beobachter, sagte sie sich, mußte es so wirken, als
plauderten sie sehr intim miteinander. Und falls sie beobachtet wurden, war für
einen Zuschauer auch deutlich zu erkennen, daß eine Flasche von dem köstlich
frischen australischen Riesling bereits leer auf dem Tisch stand und daß Cal
gerade eine zweite bestellte.
    Es war immer noch recht früh, und das Restaurant
hatte sich noch nicht gefüllt. Daisys Blick heftete sich für einen Moment auf
einen Autor, den sie in den Büros von Six Pack flüchtig kennengelernt
hatte. Er saß allein da, las den Evening Standard und rührte
gelegentlich mit einer Selleriestange in einer Bloody Mary. Sie winkte ihm zu.
Er lächelte verhalten. Einen Moment lang war sie enttäuscht darüber, daß
niemand da war, den sie kannte und den sie mit ihrem Begleiter beeindrucken
konnte. Ein Kellner reichte ihnen Speisekarten und begann, ihnen die Spezialitäten
des Tages aufzuzählen. Es war eine glänzende Darbietung, doch als er seine
Ausführungen beendet hatte, stellte Daisy fest, daß kein einziges Wort von dem,
was er gesagt hatte, bei ihr hängengeblieben war. Die Speisekarte schien
unendliche Möglichkeiten zu bieten. Es kam ihr noch zu früh vor für ein
Abendessen, und doch war sie schon über den Punkt hinausgelangt, an dem sie
noch Hunger gehabt hatte. Sie bestellte Rühreier mit Räucherlachs und hoffte
nur, man würde ihr dazu eine große Menge Brot servieren, damit es den Alkohol
aufsog, den sie bereits konsumiert hatte.
    Cal füllte erneut ihr leeres Weinglas. Der Wein
war so leicht, und sie war so durstig, daß sie ihn schon ausgetrunken hatte,
ehe sie auf den Gedanken kam, daß sie besser Mineralwasser hätte bestellen
sollen. Sie lächelte Cal an und sah ihm einige Sekunden lang fest in die Augen.
Er hatte hübsche Augen. Er mußte die Frage zweimal stellen, ehe sie begriff,
daß er auf eine Antwort wartete.
    »Was ist mit deiner Familie?« wiederholte er.
    »Was?«
    »Aus was für einer Familie stammst du?«
    »Rate«, sagte sie kokett.
    »Tja, also, deine Mutter muß sehr schön sein...«
    Sie spürte, wie die Tränen in ihre Augen traten.
Warum hatte sie ihm bloß erlaubt, dieses Thema anzuschneiden, ja, ihn sogar
dazu ermutigt? Sie mußte ihn sofort davon abbringen.
    »Ich habe eigentlich gar keine Familie, wenn man
es genau nimmt«, fiel sie ihm ins Wort. »Beide Eltern sind tot, und meine
Schwester und ich haben uns auseinandergelebt. Es gibt eine Tante Shirley, die
in der Nähe von Brighton in einer Altenwohnanlage lebt, aber ich habe sie nie
sehr gut gekannt, und über eine Weihnachtskarte geht der Kontakt nicht hinaus.«
    »Das tut mir leid«, sagte er, und jetzt war es
ihm offensichtlich peinlich, daß er sie danach gefragt hatte. Er wirkte so
ehrlich verstört, daß sie das Gefühl hatte, ihm eine Erklärung schuldig zu
sein.
    »Verstehst du, mein Dad ist vor etwa zehn Jahren
an Krebs gestorben, und meine Mutter hat einen Monat danach Selbstmord
begangen.«
    Ein langes Schweigen trat ein, das er mit der
Frage brach: »Hat sie ihn so sehr geliebt?«
    »...daß es ihr unerträglich war, ohne ihn
weiterzuleben? Wie Julia und Romeo? Ja, ich glaube schon«, erwiderte Daisy.
    Es klang zumindest irrsinnig romantisch, und
Estella hätte es gefallen. Zu ihren Lebzeiten hatte sie sich ständig mit
Melodramatik umgeben, als sei das Leben nicht lebenswert, wenn es nicht vor
Leidenschaft und Intrigen brodelte.
    Es war einfach wunderbar gewesen, mit einer
derart exotischen Mutter aufzuwachsen. Wenn Daisy an sie dachte, trug Estella
immer das knallrote Kleid aus Pannesamt, das sie einmal zum Schulsportfest
getragen hatte, als alle anderen Mütter in pastellfarbenen Kittelkleidern mit
passenden Hüten erschienen waren.
    Estella traf niemals einfach irgendwo ein; es
war immer ein großer Auftritt. Bei

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