Es ist nicht alles Gold was glänzt
Brüsten und langem Haar. Niemand beachtete sie auch nur im geringsten, und sie saß da, aus dem Bild blickend, mit unergründlichem Antlitz, ein Symbol der Wärme und Liebe in einer gleichgültigen Umgebung. David fand sie absolut unwiderstehlich.
Der Galeriebesitzer, Jean-Pierre Lamanns, trug einen elegant geschnittenen Anzug, wie es sich für einen Mann geziemt, der selten Schecks über weniger als tausend Pfund entgegennimmt. Mit seinen fünfunddreißig Jahren konnte er sich die kleinen Extravaganzen des Lebens leisten, und seine Gucci-Schuhe, seine Yves-Saint-Laurent-Krawatte, sein Turnbull & Asser-Hemd und seine Piaget-Armbanduhr ließen niemanden – und besonders Frauen nicht – darüber im Zweifel, daß er wußte, was er wollte. Er war die Verkörperung dessen, was ein Engländer sich unter einem Franzosen vorstellt: schlank und soigniert, mit ziemlich langem, dunklem, welligem Haar und tiefen braunen Augen, die auf einen Anflug von Schärfe schließen ließen. Er konnte pedantisch und schwer zufriedenzustellen sein und besaß einen Esprit, der oft ebenso grausam wie köstlich war – vermutlich einer der Gründe, weshalb er noch immer Junggeselle war; denn an einem Mangel an Angeboten hatte es gewiß nicht gelegen. Beim Verhandeln mit Kunden kehrte er allerdings lediglich seinen Charme heraus. Während David einen Scheck ausstellte, strich Jean-Pierre mit seinem Zeigefinger rechts und links an seinem modischen Schnurrbart entlang, nur allzu bereitwillig das Bild erörternd.
»Underwood ist heute einer der größten Bildhauer und Künstler in England. Er unterrichtete sogar Henry Moore, müssen Sie wissen. Meiner Ansicht nach wird er unterschätzt wegen seines Verhaltens den Journalisten und der Presse gegenüber, die er als ›betrunkene Schreiberlinge‹ bezeichnet.«
»Kaum die Art, sich das Wohlwollen der Medien zu erwerben«, murmelte David, während er den Scheck über 850 Pfund aushändigte und sich dabei angenehm wohlhabend vorkam. Obgleich das der teuerste Kauf war, den er jemals in seinem Leben getätigt hatte, war er überzeugt, daß dieser eine gute Kapitalanlage darstellte. Und vor allem: das Gemälde gefiel ihm.
Jean-Pierre nahm David mit nach unten, um ihm die Sammlung von Impressionisten und Modernen zu zeigen, die er über viele Jahre hinweg aufgebaut hatte, und fuhr fort, sich begeistert über Underwood auszulassen. Sie feierten Davids Erwerb mit einem Whisky in Jean-Pierres Büro.
»Was machen Sie beruflich, Mr. Kesler?«
»Ich arbeite bei einer kleineren Gesellschaft mit dem Namen Prospecta Oil, die in der Nordsee nach Öl bohrt.«
»Mit Erfolg?«
»Ja. Im Vertrauen gesagt, wir sehen der Zukunft mit gespannter Erwartung entgegen. Es ist kein Geheimnis, daß die Gesellschaftsaktien in den letzten paar Wochen von 3 auf 7 Dollar gestiegen sind – aber niemand kennt den wahren Grund.«
»Wäre das eine gute Kapitalanlage für einen kleinen Kunsthändler wie mich?« fragte Jean-Pierre.
»Vielleicht genügt Ihnen der folgende Beweis, für wie gut ich die Kapitalanlage halte«, sagte David. »Ich selbst werde am Montag 3.000 Dollar in meine Gesellschaft investieren, und das ist alles, was ich auf der Welt besitze – das heißt jetzt, nachdem ich die ›Venus‹ erworben habe. In allernächster Zeit werden wir eine ziemlich aufsehenerregende Mitteilung veröffentlichen.«
In Jean-Pierres Augen kam ein Glitzern. Für einen Mann seines gallischen Scharfsinns genügte dieser Wink. Er verfolgte das Thema nicht weiter.
»Wann wird der Fund bekanntgegeben, Bernie?«
»Vermutlich Anfang nächster Woche. Wir hatten ein paar Probleme. Allerdings nichts, was wir nicht zurechtbiegen könnten.«
David atmete erleichtert auf, da er selbst an diesem Morgen für die restlichen 3.000 Dollar von seiner Prämie 500 Aktien gekauft hatte. Gleich den anderen erhoffte auch er sich einen raschen Gewinn.
»Rowe Rudd.«
»Frank Watts bitte. Hier Jean-Pierre Lamanns.«
»Guten Morgen, Jean-Pierre. Was können wir für dich tun?«
»Ich will 25.000 Prospecta Oil kaufen.«
»Nie davon gehört. Eine Sekunde … Kanadische Gesellschaft, sehr niedrige Kapitaleinlage. Ein bißchen riskant, Jean-Pierre. Ich würde das nicht empfehlen.«
»Geht schon in Ordnung, Frank, ich will sie nur für zwei bis drei Wochen, dann kannst du sie wieder verkaufen. Ich werde sie nicht behalten. Wann war der Stichtag der letzten Börsenperiode?«
»Vorgestern.«
»Okay. Kauf sie heute und verkaufe sie spätestens am
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