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Es ist nicht alles Gold...

Es ist nicht alles Gold...

Titel: Es ist nicht alles Gold... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Drogen und so Zeug zu tun gehabt. Woher hätte ich wissen sollen, was
man in so einem Fall tut?«
    »Sie haben ganz richtig gehandelt,
Charlie«, sagte Harmon beschwichtigend.
    »Das kann man wohl sagen. ›Geh doch zu
Ben Harmon‹, sag ich. ›Der holt die Leute dauernd aus dem Knast. ‹ Und
prompt ist sie hingegangen. Und was passiert? Plötzlich ist der gute alte Ben
Harmon dauernd drüben bei ihr im Laden und ist ihr eine ganz unentbehrliche
Stütze, als der Junge an einer Überdosis krepiert, der gute alte Ben, der mir
die Frau wegschnappt.«
    Harmon sah mich stirnrunzelnd an und
sagte dann: »Also, Charlie, Sie wissen genau, daß es so nicht war.«
    »Ach nein? War’s nicht so? Was haben
Sie dann da drüben getrieben? Warum sind Sie denn nicht nach Hause gegangen zu
Ihrer Frau und Ihren Kindern und Ihrem tollen Haus, mit dem Sie dauernd
angeben? Was zum Teufel hatten Sie bei meiner Frau zu suchen? Ich hätte sie trösten
sollen. Wie immer, bis Sie aufkreuzten. Na, war’s nicht so, hochverehrter Mr.
Harmon?«
    Harmons Gesicht zeigte keine Regung.
    »Charlie, morgen fühlen Sie sich wieder
viel besser. Dann sehen Sie alles ganz anders, und wir vergessen, was Sie eben
gesagt haben.«
    »Ich mich morgen besser fühlen?«
Charlie prustete laut heraus. »Von wegen! Den Oberkater von San Francisco werd
ich haben und mich wie der ärmste Hund fühlen. Und an meiner Meinung über Sie
wird sich bestimmt nichts ändern, alter Ben.«
    Harmon stand auf. »Ich denke doch, daß
Sie Ihre Meinung ändern werden, Charlie. Doch, ich denke schon.«
    In seiner Stimme lag ein Unterton, den
ich nicht deuten konnte. Es hätte mich interessiert, was für eine Beziehung
zwischen diesen beiden Männern bestand — abgesehen von beider Interessen an
Joan Albritton.
    Harmon zog den Knoten seiner seidenen
Krawatte zurecht, während er Charlie durch die dicken Brillengläser musterte.
Jetzt, wo das Licht nicht mehr direkt auf sie fiel, konnte ich erkennen, daß
seine Augen braun waren, doch es fehlte ihnen der Schmelz, den braune Augen im
allgemeinen besitzen.
    »Sie fühlen sich bestimmt bald besser«,
sagte er leise. Dann wandte er sich mir zu und bot mir wieder die Hand. »Es hat
mich gefreut, Sie kennenzulernen, Miss McCone. Kümmern Sie sich um unseren
Freund, ja?«
    Ich wollte aufstehen, um ihn
hinauszubegleiten, doch er wehrte ab.
    »Lassen Sie nur. Ich gehe hinten
hinaus. Die Tür hat ein Schnappschloß.«
    Er drehte sich um und ging aus dem
Zimmer. Charlie sah ihm nach, ohne den Kopf zu bewegen.
    »Harmon ist ein Schwein«, brummte er
vor sich hin. »Ich hab’s ihr immer wieder gesagt. Immer wieder.«
    Ich stellte mein Glas mit dem Gin auf
den Boden.
    »Hören Sie, Charlie, meinen Sie nicht,
Sie sollten sich aufs Ohr legen?«
    »Schlafen?« Er lachte bitter. »Wenn ich
mich hinlege, fahr ich höchstens Karussell. Kennen Sie das? Wenn sich alles
dreht...«
    »Ja, das kenne ich. Jeder hat das mal
erlebt. Charlie, was ist bei der Besprechung der Händlergenossenschaft
herausgekommen?«
    Ich wollte endlich die Antwort haben,
derentwegen ich gekommen war.
    »Oh, wir haben gesammelt. Für einen
schönen Kranz. Wollen Sie auch was geben?« Er hielt mir die geöffnete Hand hin.
    Ich seufzte im stillen und sagte: »Was
wäre denn angemessen?«
    »Ach, zwei Dollar tun’s schon.«
    Ich nahm einen Fünfdollarschein aus
meiner Handtasche.
    »Von mir und Hank und den anderen bei
der Kooperative.«
    Charlie war sichtlich beeindruckt. »He,
das ist eine Menge. Soviel kriegen Sie doch gar nicht bezahlt. Können Sie sich
das leisten?«
    »Ich laß mir den Anteil der anderen aus
der Portokasse wiedergeben, auch wenn das kleinlich ist.«
    Charlie starrte immer noch den
Geldschein an. »Kleinlich«, sagte er. »Genau. Das war’s. Kleinlich. Sie wäre
noch am Leben, wenn ich nicht so ein kleinliches Schwein gewesen wäre.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Am Abend zuvor hatte Charlie mich
angegriffen, weil es mir nicht gelungen war, die Urheber der Brandstiftungen
und der anderen Anschläge zu entlarven und so Joans Ermordung zu verhindern.
Jetzt fragte ich mich, ob dieser Angriff gegen mich einem geheimen Schuldgefühl
entsprungen war, das ihn quälte. Wenn das zutreffen sollte, wie weit waren
diese Schuldgefühle dann berechtigt?
    »Sie wäre nicht allein gewesen«,
erklärte Charlie. »Mutterseelenallein mit dem Sensenmann. Wenn ich nicht so verdammt
kleinlich gewesen wäre.«
    »Das versteh ich nicht.«
    Er sah mich mit einem schlauen Lächeln
an.

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