Es ist niemals vorbei
früher gekommen.» Rosie drückte mich an sich. «Dann können wir uns noch nützlich machen.» Larry stand hinter ihr und nickte fröhlich. Dave sah wie eine um zwanzig Jahre jüngere Ausgabe seines Vaters aus.
Ich gab Larry einen Kuss und warf einen Blick ins Wohnzimmer, wo es bereits hoch herging. «Ich kann nicht fassen, wie groß eure Kinder geworden sind», erklärte ich und dachte:
Wenn doch nur Mac hier wäre und sehen könnte, wie sehr seine Nichten und Neffen gewachsen sind
. «Was gebt ihr ihnen denn zu essen?»
Rosie krauste die Stirn. «Ich habe sie schon hungern lassen, aber sie wachsen trotzdem.»
Larry lachte auf.
Rosie zwinkerte mir zu. Dann kniff sie die Augen zusammen und taxierte mich mit schräggelegtem Kopf. «Du siehst gut aus.»
«Ich sehe beschiss–» Ich schlug mir die Hand vor den Mund, damit die Kinder den unflätigen Ausdruck nicht hörten. Larry gluckste, und hinter mir kicherte meine Mutter, die in der Küche Törtchen mit Zuckerguss bestrich.
Rosie schaute zu Ben hinüber und schüttelte den Kopf. «Jetzt ist er schon zwei Jahre alt. Unglaublich, wie die Zeit vergeht.» Dann riss sie sich zusammen, denn Bens Geburtstag sollten keine wehmütigen Gefühle überschatten. «Also! Womit sollen wir anfangen? Wie viele Gäste hast du eingeladen?»
«Ungefähr fünfzig.»
«Du liebe Güte», murmelte Larry.
«Dad! Wir feiern eine
Party
.» Dave verdrehte die Augen. Sein Vater wusste offenbar nicht mehr, was eine Geburtstagsfeier war!
«Na ja», begann ich. «Das Ganze ist irgendwie lawinenartig größer geworden. Wir haben eigentlich nur euch eingeladen und die Kinder aus Bens Purzelkurs. Aber die bringen natürlich ihre Eltern und Geschwister mit.»
Rosie folgte mir in die Küche. «Wir teilen die Leute in Gruppen auf. Dann gibt es weniger Chaos.» Meine Mutter reichte ihr eine Schürze, die Rosie im Rücken verknotete.
In der hellen Küche erkannte ich, dass sich nicht nur Rosies Kinder in den vergangenen Monaten verändert hatten – auch ihre Mutter war sichtlich gealtert. Ihr Teint wirkte fahl und trocken, und sie hatte Tränensäcke, die aussahen, als würden sie für immer bleiben. Zum letzten Mal war ich Rosie bei der Beerdigung ihrer Eltern begegnet. Seitdem hatte sie noch ihre beiden Brüder verloren, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Dieses Leid hatte eindeutig Spuren hinterlassen. Am Telefon hatte sie einmal gesagt, sie fühle sich wie die letzte Überlebende der MacLearys und danke Gott für Larry und ihre Kinder. Damals hatte ich eingewandt, dass Danny doch immer noch lebte und es durchaus möglich sei, dass er aus Mangel an Beweisen freigesprochen werde. Rosie hatte daraufhin nur laut geschnaubt und das Thema gewechselt. Vielleicht wusste sie ja etwas, das ich nicht wusste.
Um zwölf Uhr hatten meine Mutter und Rosie zweiundsechzig Schokoladen- und Vanilletörtchen glasiert, und Alice, Rosies achtjährige Tochter, hatte sie großzügig mit Zuckerstreuseln in Regenbogenfarben bestreut. Das vegetarische Chili, das meine Mutter am Vortag zubereitet hatte, köchelte auf einer Herdplatte vor sich hin, das Maisbrot, das ich aus einer Fertigmischung gebacken hatte, lag zum Warmhalten im Ofen. Für die Hotdogs stand ein Topf mit heißem Wasser bereit, und auf einem Tablett türmten sich die Brötchen. Als Larry und ich stapelweise Pappteller, Pappbecher und Plastikbesteck auf dem Esszimmertisch absetzten, hatte die zwölfjährige Lindsay Ben angeblich beigebracht, SMS zu verschicken, und der fünfjährige John hatte drei winzige Bälle verloren, die wir unter den Möbeln hervorangeln mussten.
Um halb eins wuselte bereits ein Haufen Kinder im Haus herum, ein ganzer Sack voll kleiner, unschuldiger Kobolde, deren Fröhlichkeit ansteckend war. Für die kleine Meute zählte nur dieser Augenblick ihres Daseins, und einen Moment lang sah auch ich die Welt mit staunenden Augen, dachte weder an das, was gewesen war, noch an das, was kommen würde. Jedenfalls wurde es eine gelungene Party, ein paar glückliche, unbeschwerte Stunden. Irgendwann entdeckte ich Billy und Jasmine, die im Wohnzimmer auf dem Fußboden saßen und mit Alice und zwei weiteren kleinen Mädchen Mau-Mau spielten. Bei dem Anblick war mir, als sähe ich ihre Zukunft: Heirat, Kinder und alles, was dazugehört.
Dann war die Party vorüber, ebenso schnell, wie sie begonnen hatte. Um vier Uhr nachmittags waren alle wieder fort. Ben war müde und gleichzeitig überdreht, meine Mutter war erschöpft. Sie ging
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