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Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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nicht wahr sein!
    »… Hauptverdienst an Sprengung kommt nach Ausfall Leutnant Bellecourts dem Bürgermeister Cassier, wohnhaft in Crozant, zu – ihm zur Seite Emile Rouff aus Gargilesse – ferner wirkten mit …«
    Der Gefreite Schlumberger sah verstört von seinem Stenogrammblock auf.
    »Sie nehmen weiter auf, Mann!« schrie Brenner ihn an. Dann drehte der Hauptmann sich zu Thomas um. »Herr Sonderführer, Sie sagten doch mal, man könne diese Brut nicht fassen, weil man keine echten Namen und Adressen kenne, was?« Brenner lachte metallen. »Jetzt werden wir sie gleich kennen!«
    Um Thomas drehte sich alles. Diese Saukerle da unten. Diese eitlen Idioten. Ich dachte immer, nur wir wären so. Die Franzosen sind auch nicht besser. Umsonst. Alles umsonst.
    Oberst Werthe hatte plötzlich keine Lippen mehr. Er sagte sehr leise: »Verlassen Sie den Funkraum, Herr Lieven.«
    Menu • Paris, 5. August 1943
    Beim Fisch kam die Idee,
    die 65 Menschenleben rettete …
     
    Hammelnierenschnitten
    Seezunge nach Grenobler Art
    Marillenpalatschinken
    Hammelnierenschnitten:
Man nehme kleine Hammelnieren, entferne Fett und Haut und halbiere sie der Länge nach. – Man schneide kleine Weißbrotscheiben, buttere sie leicht auf beiden Seiten und belege jede mit einer halben Niere, Schnittseite nach unten. – Man verrühre scharfen Senf mit saurer Sahne, einem Stückchen Butter, einem Eigelb, etwas Salz und Cayennepfeffer zu einem dicklichen Brei, streiche ihn über die Nieren. – Man gebe die Nierenschnitten für etwa 10 Minuten bei mittlerer Oberhitze in den Backofen. Man prüfe mit spitzer Gabel. Wenn kein roter Saft mehr aus den Nieren quillt, sind sie fertig. Man serviere heiß.
    Seezunge nach Grenobler Art:
Man lasse die Fische vorher vom Händler abhäuten und die Filets auslösen. – Dann mindestens eine halbe Stunde mit Zitronensaft, Pfeffer und Salz marinieren, damit das Fleisch fest und weiß bleibt. Man trockne gut ab und brate schnell auf beiden Seiten in sehr heißer brauner Butter; danach auf vorgewärmter Platte ablegen. – Dann kleine Zitronenwürfel mit einigen Kapern in der Bratbutter schnell heiß werden lassen. – Diese Sauce gieße man über die angerichteten Seezungenfilets, reiche mit Petersilie bestreute Salzkartoffeln dazu.
    Marillenpalatschinken:
Man backe feine, dünne mittelgroße Eierkuchen. – Man bestreiche sie auf einer Seite mit Marillenkonfitüre, rolle sie zusammen und drehe sie noch einmal in der heißen Butter um. Man serviere sie sofort und bestreue sie nach Geschmack noch mit geriebenen Mandeln. – Feine Eierkuchen geraten am besten, wenn man den Teig mindestens eine Stunde vorher zubereitet hat und ruhen ließ.
    »Herr Oberst, ich bitte zu bedenken«, begann Thomas und brach ab, denn er sah in die grauen Augen Werthes und wußte: Nichts, was er sagte, konnte diesen Mann jetzt noch beeindrucken.
    Umsonst. Alles umsonst wegen ein paar dämlichen Hunden, die nach dem Krieg ein paar Stückchen Blech auf der Brust tragen wollten …
    Fünf Minuten später wurden die Gefreiten Schlumberger und Raddatz turnusgemäß abgelöst. Sie kamen in die Halle des Hotels herunter, wo Thomas auf sie wartete.
    Schlumberger machte ein Gesicht, als wollte er weinen:
    »Dös Schaf hört net auf und hört net auf. Siebenundzwanzig Namen bis jetzt.«
    »Aus den siebenundzwanzig kriejen se die Namen von de’ andern raus wie nischt«, sagte Raddatz.
    »Wollt ihr mit mir essen gehen, Kameraden?« fragte Thomas. Sie gingen – wie häufig in den letzten Monaten – zu »Henri«. Das war ein kleines Lokal in der Rue Clément Marot, das Thomas entdeckt hatte. Der Wirt kam selber an den Tisch und begrüßte sie herzlich. Wenn er Thomas sah, bekam er jedesmal feuchte Augen.
    »Henri« hatte eine jüdische deutsche Schwägerin. Diese war mit Hilfe von falschen Papieren auf dem Land untergetaucht. Die falschen Papiere hatte Thomas ihr besorgt. Im Hotel »Lutetia« gab es viele und gute Gelegenheiten, an falsche Dokumente heranzukommen. Thomas benützte sie gelegentlich. Und Oberst Werthe wußte es und schwieg.
    »Etwas Leichtes, Henri«, sagte Thomas. Es war schon spät, und er mußte sich beruhigen. Sie stellten das Menü zusammen.
    Schlumberger bat: »Gehn S’, Herr Lieven, übersetzen S’ eahm, er soll a paar Palatschinken machen!«
    Thomas übersetzte. Henri verschwand. Schweigen senkte sich über die drei Freunde, bleiernes Schweigen. Erst als die Hammelnierenschnitten kamen, murmelte der Wiener:

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