Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Es muß nicht immer Kaviar sein

Es muß nicht immer Kaviar sein

Titel: Es muß nicht immer Kaviar sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
Vom Netzwerk:
verstanden?«
    Der Schwager Heinrich Himmlers kam gleich darauf, ein Lächeln auf den schmalen Lippen. Das Lächeln erstarrte, als er die Besucher sah.
    Der SS -Richter sagte zu Winter: »Durchsuchen Sie diesen Menschen nach Waffen!«
    Winter gehorchte verständnislos.
    Redecker begann zu schlucken, taumelte und fiel schwer in einen Sessel.
    Der SS -Richter sah angeekelt zu ihm nieder: »Obersturmführer, Sie sind verhaftet.«
    Schluchzen schüttelte den Reichsheinischwager, heftiges Schlucken den bleichen Winter.
    Eicher schrie plötzlich mit sich überschlagender Stimme: »Aber weshalb?«
    Eisig antwortete der Riese in Schwarz: »Der Obersturmführer ist in eine Millionenschiebung mit Reichskreditkassenscheinen verwickelt. Zusammen mit dem in Toulouse erschossenen Untersturmführer Petersen hat er das Reich in niedrigster und gemeinster Weise geschädigt. Die Untersuchung wird ergeben, wer vom SD Paris noch in die Affäre verwickelt ist.«
    Eicher starrte die Richter an: »Ich verstehe kein Wort … Wer hat diese ungeheuerliche Anklage erhoben?«
    Der Richter in Schwarz sagte, wer.
    Eichers Unterkiefer fiel herab. Mit glasigen Augen starrte er Thomas Lieven an und lallte: »Sie … Sie … Sie …«
    Danach geschah etwas, was Sturmbannführer Eicher beinahe den Verstand kostete: Der SS -Richter trat vor Thomas Lieven hin, schüttelte ihm die Hand und sprach diese Worte: »Sonderführer, im Namen des Reichsführers SS spreche ich Ihnen Dank und Anerkennung aus.«
    »Nicht nötig«, sagte Thomas bescheiden. »Ist doch gern geschehen.«
    »Der Reichsführer SS läßt Ihnen sagen, daß er sich bereits mit Admiral Canaris in Verbindung gesetzt hat. In der bewußten Sache wird nichts gegen Sie unternommen werden.«
    »Das ist aber nett von Herrn Himmler«, sagte Thomas Lieven.
    10
    In der Reichskreditkassenschein-Affäre wurden insgesamt 23 Verhaftungen vorgenommen. Unter den Schuldigen befanden sich nur zwei Franzosen und drei Rumänen.
    Der Prozeß fand unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt. Zwei Franzosen, ein Rumäne und Untersturmführer Hansmann wurden zum Tod verurteilt, die anderen Angeklagten zu hohen Zuchthausstrafen. Obersturmführer Redecker erhielt acht Jahre. A tempo bewies Heinrich Himmler seinen Familiensinn: Nur ein halbes Jahr saß Obersturmführer Redecker hinter schwedischen Gardinen. Dann wurde er auf persönliche Weisung des Reichsführers SS entlassen und nach Berlin gerufen. Hier arbeitete er in untergeordneter Stelle bis zum Ende des Krieges.
    Er hat alles gut überstanden. Heute ist er ein prominentes Mitglied einer deutschnationalen Partei im Norden seines Vaterlandes …
    11
    Am 13. Oktober 1943 erklärte Italien Deutschland den Krieg. Am 6. November eroberten die Russen Kiew.
    In diesem Winter wurde die Widerstandsbewegung in Frankreich immer stärker. Zusehends verloren die deutschen Behörden die Kontrolle über die Lage. Mit grimmigem Humor beobachteten Thomas Lieven und seine Freunde im Hotel »Lutetia« die Haltung der französischen Schieber und Kurtisanen. Hatten sie bislang noch mit den Deutschen paktiert, so bewiesen sie nun Patriotismus. Die ältesten Angehörigen der Unterwelt entdeckten in sich plötzlich vaterländische Triebe und stellten ihre »Spezialdienste« der Widerstandsbewegung zur Verfügung. Dafür erhielten sie schon jetzt »Persilscheine« für die ungewissen Zeiten, die da kamen. Und die erfolgreichsten Kokotten der Stadt deponierten ihren schwer erworbenen Schmuck zugunsten der Résistance …
    Besetzer und Besetzte lebten wie im Fieber. Mehr und mehr verloren Geld, Anstand und Moral ihren Wert und Sinn. Immer hektischer wurde das Leben, das dem Tanz auf einem Vulkan glich. In absurder Weise vergeudeten die Neureichen ihre zusammengerafften Vermögen. Übler und übler wurden die Machenschaften dunkler Zirkel – auf französischer Seite und auf deutscher.
    Die Abwehr hatte Hochbetrieb. Von den Fällen, die Thomas Lieven in diesen Wintermonaten zu bearbeiten hatte, erwähnen wir hier nur vier:
    1. Zu etwa jener Zeit, da Roosevelt, Churchill und Stalin sich auf der Konferenz von Teheran trafen, gelang Thomas Lieven der Nachweis, daß ein gewisser Werner Lamm, persönlicher Freund Hermann Görings, ein übles Subjekt war.
    Dieser Lamm hatte sich eine hübsche Idee ausgedacht, um seinen Schiebergeschäften ein wirtschaftspolitisches Mäntelchen umzuhängen. Mit dem sogenannten »Teppich-Pool« beherrschte England seit Jahren den Weltmarkt. Herr Lamm

Weitere Kostenlose Bücher