Es muß nicht immer Kaviar sein
der Deutschen Wehrmacht. Haben Sie keine nationalen Bedenken!«
Der Angehörige des ewig unter Geldmangel leidenden französischen Geheimdienstes zögerte, dann klopfte er seine Pfeife aus und ging zu dem blauen Tontopf. Während er den Deckel abhob, sprach er düster: »Ich habe nichts persönlich gegen Sie, Herr Lieven. Ich war es, der Sie für das ›Deuxième Bureau‹ anwarb. Aber Ihr Spiel ist aus.«
»Das haben Sie schon einmal gesagt. Warten Sie doch ein bißchen, dann höre ich Ihnen auch ganz genau zu …«
Plötzlich ließ Siméon seine Pfeife fallen. Plötzlich hatte er eine Pistole in der Hand. »Weg von dem Schrank! Hände hoch!«
»Aber nicht doch, Herr Oberst!« sagte Thomas kopfschüttelnd. »Sind Sie immer noch so schreckhaft wie früher?«
»Mich täuschen Sie nicht! Sie wollten den Schrank öffnen, stimmt’s?«
»Stimmt, ja.«
»Und ihm eine Waffe entnehmen und mich überwältigen.«
»Stimmt nicht. In dem Schrank sind keine Waffen.«
»Sondern?«
»Meine Hausbar. Ich wollte uns etwas zu trinken machen!«
Der Oberst tat drei gewaltige Schritte, riß den geschnitzten Schrank auf und wurde ein bißchen rot. Er knurrte: »Ein Mann in meinem Beruf kann nicht vorsichtig genug sein.« Thomas begann die Getränke zuzubereiten. Siméon sagte: »Besonders bei einem Verräter wie Ihnen.«
»Mit Soda oder mit reinem Wasser?«
»Mit Soda. Bei einem drei- und vierfachen Verräter wie Ihnen, Herr Lieven!«
»Bißchen farblos, nicht? Noch ein Schuß Whisky? So.«
Siméon wandte sich verärgert ab. Thomas betrachtete ihn mitleidig. Im Grunde hatte er diesen Springinsfeld und Heldendummkopf nicht ungern. Er sagte: »Tut mir leid, Oberst.«
»Was?«
»Daß ich Ihnen Ihren schönen Auftritt versaut habe. Sagen Sie, wie geht es eigentlich der süßen Mimi?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Aber hören Sie, Herr Oberst! Sie haben Mimi von meiner Seite gerissen! Sie wollten heiraten, Kinder zeugen, kleine französische Patrioten … Und da wissen Sie nicht, wie es ihr geht?«
Dumpf sagte der Oberst: »Mimi hat mich verlassen. Vor einem Jahr schon. Können Sie sich das vorstellen?«
»Trinken wir trotz allem auf Mimis Wohl. Ist es Ihnen ein Trost, daran zu denken, daß die Süße auch mich verlassen hat?«
»Nein.«
»Sehr freundlich. Und nun erklären Sie mir, warum mein Spiel aus ist.«
»Sie ließen mich vorhin nicht aussprechen. Ich wollte nicht sagen, Ihr Spiel ist aus. Ich wollte sagen: Ihr Spiel ist aus, wenn Sie nicht sofort die Finger von der Prinzessin lassen.«
»Von was für einer Prinzessin?«
»Sie wissen genau, von was für einer Prinzessin! Sie waren heute abend mit ihr zusammen.«
»Glauben Sie mir, ich
habe
die Finger von ihr gelassen!«
»Werden Sie nicht frivol! Hier geht es um Leben und Tod! Ich warne Sie, Lieven. Wir haben gewaltige Dossiers über Sie …«
»Mein Gott, welcher Geheimdienst hat die nicht?«
»Ich warne Sie zum letztenmal, Lieven. Retten Sie sich nicht in diesen seelenlosen Zynismus. Sie wissen, wie stark die Résistance in Frankreich mittlerweile geworden ist. Wir könnten jeden von Ihnen jeden Tag umlegen – wenn wir wollten. Auch Sie! Aber bei Ihnen werde ich immer noch ein bißchen weich …«
»Nicht doch!«
»Ja doch … Erinnerungen … Unsere gemeinsame Flucht aus Paris … Mimi … Toulouse … Oberst Débras … Josephine Baker … Aber ich kann Sie nicht mehr schützen, wenn Sie sich weiter um die Prinzessin – und um diesen Herrn Lakuleit …«
Thomas Lieven staunte Bauklötze. »Wollen Sie mir erzählen, daß der französische Geheimdienst um das Wohlergehen eines dicken Nazi-Schiebers besorgt ist?«
»Will ich Ihnen erzählen, ja.«
»Und warum?«
»Will ich Ihnen nicht erzählen, nein.« Der Oberst war jetzt ungeheuer männlich und entschlossen: »Ich habe Ihnen unsere letzte Warnung überbracht, Lieven. Nach der kommt keine mehr. Jetzt wird scharf geschossen!«
»Gleich? Oder können wir noch einen letzten Friedenswhisky miteinander trinken?«
3. Kapitel
1
»Dieser Herr Lakuleit ist meines Erachtens eines der größten Schweine, die in Frankreich herumlaufen«, sagte Thomas Lieven in einem Zimmer des Hotels »Lutetia« zu Paris. Oberst Werthe und der kleine, ehrgeizige Major Brenner waren seine Zuhörer. Sie wechselten bedeutungsvolle Blicke. »Warum wechseln Sie bedeutungsvolle Blicke, meine Herren?«
»Ach, Lieven«, seufzte Werthe, »Brenner und ich haben uns nur angesehen, weil wir glauben, die hübsche
Weitere Kostenlose Bücher